Anfang 2020 haben wir mit der heute 51-jährigen Tanja Rech aus Hofeld-Mauschbach ein Interview über Ihre schwere Krebserkrankung geführt. Heute, passend zum Weltkrebstag, erfahrt ihr wie es der Kämpferin seitdem ergangen ist.
Tanja, wie ging es dir in den letzten drei Jahren nach unserem letzten Interview? Wie fühlst du dich heute?
„Als ich im November 2019 bei einer Routineuntersuchung bei meiner Frauenärztin war, wurde erneut aggressiver Brustkrebs festgestellt. Es wurde umgehend eine Mastektomie der rechten Brust mit anschließendem Wiederaufbau durchgeführt. Diesmal, als der Krebs das dritte Mal zurückkam, traf es mich besonders hart. Nach kurzer Zeit schloss sich noch eine Blutvergiftung an, die mir schwer zu schaffen machte. Ich musste notoperiert werden und bekam eine Pumpe eingesetzt, die acht Mal unter Vollnarkose gewechselt werden musste. Ich litt unter starken Schmerzen und Ängsten und hatte immerzu die große Sorge, ob mein Körper die neue Brust überhaupt annehmen wird. Ich war körperlich und geistig nahezu erstarrt und gelähmt, es war eine enorme Belastung für mich, mein Leben und mein Umfeld. Als ich diese Prozedur hinter mir hatte, entschloss ich mich, noch mehr zu kämpfen und lehnte alle weiteren Behandlungen ab. Ich ging meinen eigenen Weg, schaffte mir so viel Negatives vom Hals wie möglich, lernte Nein zu sagen und entsorgte sämtliche Energieräuber.
2020 kam dann Corona und alles wurde anders. Ich wurde gezwungenermaßen ausgebremst, was mir guttat, aber natürlich brachte die Entschleunigung auch viele Tage und Nächte voller Grübeln mit sich. Also musste ich mir überlegen, was ich nun für mich tun kann, damit es mir auf Dauer besser geht. Ich fasste den Entschluss, mein eigenes Geschäft zunächst mit allerlei Dekoartikeln, zu einem großen Teil auch von mir selbst gewerkelt, gehäkelt, genäht und gebastelt, zu eröffnen. Heute habe ich mein Verkaufsangebot sogar noch erweitert und biete auch flippige und originelle Frauenmode an. Zudem arbeite ich weiterhin in der Kostbar am See und engagiere mich auch noch ehrenamtlich bei Ally hilft- Handeln statt hoffen e.V. All das mache ich mit Herz und Seele, und das tut mir sehr gut. Heutzutage fühle ich mich einfach deutlich besser. Ich gehe in regelmäßigen Abständen zu meinen gesundheitlichen Vorsorgeuntersuchungen und bin gesund und glücklich.“
Tanja, wir freuen uns sehr, dass es dir gut geht und seit 2019 alles so gut für dich verlaufen ist.
Du hast angesprochen, dass du jegliche weitere Therapien, die dir empfohlen wurden, abgelehnt hast, würdest du dies auch anderen empfehlen?
„Vielen Dank. Nein, ich persönlich habe in meiner Situation entschieden, weitere Therapieangebote nicht wahrzunehmen. Ich möchte mir aber nicht anmaßen, darauf bezogen anderen Ratschläge zu erteilen. Wie man in einer solchen Lage handelt, ist jedem selbst überlassen. Das ist eine individuelle Entscheidung, und das muss jeder für sich selbst wissen!“
Was ist für dich auch heute noch das Schlimmste im Umgang mit der Krebserkrankung?
„Die vielen Schmerzen, die permanente Unsicherheit und die Angst, dass der Krebs wieder zurückkommt, sind das Schwerste für mich. Ich kann versuchen, das Beste aus meiner Situation zu machen, aber ganz unbeschwert und frei zu leben ist für mich nicht möglich. Dennoch lerne ich deshalb aber immer wieder, mich auf die wichtigsten Dinge im Leben zu konzentrieren, auf mich und meine Liebsten.“
Kompliment, das klingt sehr geerdet und fokussiert. Tanja, du bist seit unserem letzten Interview deutlich schlanker geworden. Hängt dies mit der Erkrankung zusammen oder wie kam es dazu?
„Vor acht Monaten habe ich den Entschluss gefasst, meinem Leben eine neue Wendung zu geben. Ich habe mich umfassend informiert, viel recherchiert und für mich beschlossen die Aufnahme von Zucker stark zu reduzieren. Die ersten drei Wochen waren die Hölle, ich hatte regelrechte Entzugssymptome, war unausstehlich und hatte starke Gelüste. Aber nach diesen anfänglichen Beschwerden, bemerkte ich eine deutliche Verbesserung meines Wohlbefindens. Ich begann mich sportlich zu betätigen und fühle mich seither viel wohler, agiler und fitter. Außerdem kann ich besser schlafen, bin ruhiger und habe mehr Power. Ein weiteres freudiges Resultat des Zuckerverzichts ist meine Gewichtsabnahme in Höhe von 20 Kilogramm, worauf ich sehr stolz bin. Ich fühle mich wohl in meiner Haut und meine Ärztin steht hinter meiner Entscheidung.“
Schön, dass du dich so gut fühlst. Wie blickst du in die Zukunft? Was sind deine Pläne?
„Ich habe noch viel vor und möchte in privater und beruflicher Hinsicht noch einige Pläne realisieren. Ich gehe meinen Weg, so wie ich es möchte und wie es sich für mich gut anfühlt, Schritt für Schritt in meinem Tempo. Ich lasse mir von niemandem reinreden und tue das, was mein Herz mir sagt. Bei allen, insbesondere bei meinem Mann, meinen Kindern und Enkelkindern, meinen Freunden und allen lieben Menschen, die an mich geglaubt und mich begleitet haben, bedanke ich mich außerordentlich. Ich kämpfe weiterhin für mich und für euch.“
Tanja, was ist dein Appell an Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden?
„Ich schicke allen Leidensgenossinnen und –genossen Zuversicht und Kampfgeist. Es ist ganz wichtig, dass ihr euch auf euch und eure Bedürfnisse und Wünsche konzentriert. Ihr steht an erster Stelle! Bleibt stark, positiv und kämpft! Hört auf euer Bauchgefühl, denn nur ihr wisst, was am besten für euch ist.“
Wir schließen uns Tanja an und wünschen allen Menschen, die unter einer Krebserkrankung leiden, einschließlich Tanja, viel Glück, Kraft und Optimismus für ihren weiteren Lebensweg.
Wenn alles gegen dich zu laufen scheint, erinnere dich daran, dass das Flugzeug gegen den Wind abhebt und nicht mit ihm. [Henry Ford]