Eine umfangreiche Sanierungswelle steht den Hausbesitzern im Kreis St. Wendel bevor. Nach einer aktuellen Untersuchung des Pestel-Instituts sind 64 Prozent der etwa 43.000 Wohnungen im Landkreis bereits 45 Jahre alt oder älter. Dies entspricht rund 27.400 Wohnungen, die nach Einschätzung der Experten sanierungsbedürftig sind.
Die Analyse zeigt zudem, dass die Wohngebäude im Kreis St. Wendel beim Energieverbrauch pro Quadratmeter 6,9 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt liegen. „Je mehr Geld Bewohner fürs Heizen und für warmes Wasser ausgeben müssen, desto höher ist der Druck, das Haus energetisch zu sanieren“, erläutert Matthias Günther vom Pestel-Institut, das die Studie im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) durchgeführt hat.
Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, müssten die Sanierungen erheblich beschleunigt werden. Die Experten rechnen mit jährlichen Kosten von etwa 226 Millionen Euro allein für energetische Sanierungen im Landkreis – und das über einen Zeitraum von 20 Jahren. „Wenn der Kreis St. Wendel bis dahin klimaneutral wohnen soll, dann ist es notwendig, bei den Sanierungen in den ‚Turbo-Gang‘ zu schalten“, betont Günther.
BDB-Präsidentin Katharina Metzger bezeichnet das Vorhaben als „Mammut-Projekt für den Landkreis St. Wendel“ und fordert verstärkte finanzielle Unterstützung für Hausbesitzer. „Entscheidend ist, dass mehr und mehr – gerade private – Hauseigentümer mitziehen. Vor allem, dass sie sich Sanierungen überhaupt erlauben können. Das klappt nur, wenn die Politik mehr Anreize schafft: Es ist höchste Zeit, Energiespar-Sanierungen deutlich besser zu fördern als bislang“, so Metzger. Sie kritisiert zudem Pläne von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), Förderprogramme für Sanierungen um über 3 Milliarden Euro zu kürzen.
Die Baubranche sieht in verstärkten Sanierungsmaßnahmen auch eine Chance zur Arbeitsplatzsicherung. Angesichts der anhaltenden Wohnungsbaukrise appelliert der Baustoff-Fachhandel an die Bundestagsabgeordneten aus der Region, sich für bessere Rahmenbedingungen einzusetzen. „Altbau-Sanierungen würden helfen, Jobs auf dem Bau im Kreis St. Wendel zu sichern. Denn die Wohnungsbaukrise wird von Tag zu Tag schlimmer“, warnt Metzger. Trotz Versprechungen von Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD), dass „die Bagger auch wieder rollen“, bleibe der erhoffte Aufschwung im Neubau aus.
Bei den anstehenden Sanierungen stehen energetische Maßnahmen im Vordergrund. „Um Heizkosten zu senken, sind die Dachdämmung, neue Isolierfenster und Wärmepumpen das A und O. Dabei ist es bei einem alten Dach nicht so entscheidend, ob drei Zentimeter mehr oder weniger an Dämmung zwischen die Sparren passen. Hauptsache, ab der obersten Geschossdecke passiert überhaupt etwas“, erklärt Institutsleiter Günther.
Hausbesitzer sollten bei Sanierungsvorhaben möglichst umfassend vorgehen. „Wenn Dach und Fassade gemacht werden müssen, dann ist es natürlich günstiger, das Gerüst nur einmal aufbauen zu müssen“, rät Metzger. Sie empfiehlt, gemeinsam mit Handwerksbetrieben ein Sanierungskonzept zu entwickeln. Bei schrittweiser Sanierung sei die richtige Reihenfolge entscheidend: „Erst die Häuser energetisch fit machen – also dämmen. Dann die Wärmepumpe.“
Neben energetischen Modernisierungen bietet sich laut Metzger auch der altersgerechte Umbau an. „Wer ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung hat, sollte rechtzeitig dafür sorgen, dass er in den eigenen vier Wänden auch alt werden kann“, empfiehlt die BDB-Präsidentin.