Wir haben mit Dr. Ernst Schneider, dem „Existenzgründungspapst“ über Neukundengewinnung, Schlagfertigkeitstechniken, den Umgang mit schwierigen Kunden und vieles mehr gesprochen.
Ernst, du wurdest in den Medien als „Existenzgründerpapst“ betitelt, wie kam es dazu?
„Ich habe zunächst BWL mit Schwerpunkt Betriebspsychologie und Soziologie studiert, danach habe ich promoviert. Anschließend war ich zunächst Marketingcontroller in einem pharmazeutischen Großunternehmen und habe dort Effizienzmessung im Managementbereich betrieben. Zu dieser Zeit entstand die Idee Existenzgründer als Freiberufler zu beraten und unterstützen. Damals mit 33 Jahren verfügte ich allerdings über kein Netzwerk, also keine hilfreichen Kontakte in diesem Business. Aller Anfang war somit schwer. Dieses Geschäftsmodell hatte auch nicht nur Vorteile, denn Existenzgründer haben in der Regel zwei Mankos: viele Fragen und wenig Geld!“
Zusammen mit Dr. Ernst Venten, einem ehemaligen Mitarbeiter von Fresenius habe ich 1978 das Buch “Erfolgreich sich selbstständig machen“, ein Leitfaden für den richtigen Start in die Existenzgründung- geschrieben und über 130.000 Exemplare verkauft. Wir haben uns sehr tief in diese Materie eingearbeitet. Wir haben uns alles Mögliche an Wissen zum Beispiel zu Themen wie Versicherungen, Gewerbeanmeldungen oder Steuern angeeignet. Gerade im Steuerbereich gab es jedes Jahr Hunderte von Änderungen, so mussten wir immer auf dem neuesten Stand bleiben. Erfreulicherweise hatten wir das Glück, dass damals wenig Nachahmer in unserem Metier existierten.
Gemeinsam haben wir für über 20 Industrie- und Handelskammern deutschlandweit Existenzgründungsseminare geleitet. Wir waren die Erfinder dieser Seminare und haben in 20 Jahren über 40.000 Menschen geschult. Zudem habe ich mit meinen Mitarbeitern und Partnern über 1000 individuelle Existenzgründungsberatungen durchgeführt. Als Mittelstandsberater im Bereich Vertrieb und Marketing haben wir 1985 die Firma Dr. Schneider und Partner als GmbH umfirmiert. Ich war für das große Ganze zuständig, ein Partner kümmerte sich um die Personalberatung und ein weiterer um die Kostenrechnung.
Meine Coachings im Bereich Neukundengewinnung waren stets erfolgreich, weil ich dauerhaft als begleitender Berater ansprechbar war und zur Seite stand, das wirkte zu Recht glaubwürdig und zuverlässig. Letztlich führte ich auch in Großunternehmen zahlreiche und erfolgreiche Vertriebsaufbauseminare und Projekte durch. Ich leitete die Gründertage für Sparkassen, gab Interviews im TV und wurde später von der Saarbrücker Zeitung als „Existenzgründungspapst“ bezeichnet. Das war so ziemlich der Höhepunkt meiner Karriere. Durch unsere Unterstützung und Hilfestellung sind die Gründer gereift und konnten in der jeweiligen Branche Fuß fassen. Nach einer Weile stellte sich heraus, dass der Vertrieb, vor allen Dingen aber der zu erwartende Umsatz die größte Herausforderung darstellte. Von da an haben wir uns auch stärker auf diesen Bereich fokussiert.“
Ernst du hast ja wirklich schon einiges geleistet und erlebt, Kompliment. Um was geht es denn in den Vorträgen, Seminaren und Workshops, die du auch heute noch leitest?
„Meine Verhaltenstrainings sind im Prinzip Coachings und Rhetorikseminare in einem. Sowohl für Privatpersonen als auch für mittelständische Unternehmen habe ich Argumentationstrainings, Einwandtechniken, Abschlusstechniken, Konfliktmanagement und vieles mehr angeboten. Auch Thematiken wie Innovationsresistenz oder Ego-Marketing- Wie vermarkte ich mich selbst? habe ich immer wieder thematisiert. Die Hauptintention dabei war es Menschen dazu zu bringen, dass sie wollen, was sie sollen, das bedeutet Überzeugungsarbeit leisten.
Ich gebe dir mal ein Praxis- Beispiel zum Thema Kundenbindung und Überzeugungsarbeit. Wenn ein Kunde ein Angebot wünscht, dann sollte man zwar „dran bleiben“. Keinesfalls nerven! Ein selbstständiger Anruf um sich nach einer gewissen Zeit nach der Umsetzung des Angebots zu erkundigen wird in der Regel als lästig empfunden.“
Was sind deine Tipps zum Thema Schlagfertigkeit?
„Jeder von uns möchte schlagfertig sein. Schlagfertige Menschen wirken tough und selbstbewusst. Selbstbewusstsein verschafft Respekt. Um schlagfertig zu sein gibt es verschiedene Methoden die man kennen und lernen muss.
Ein Beispiel: „Unser werter Kollege reibt uns freudig unter die Nase, dass wir ganz schön dick geworden sind. Was tun wir? Wir sind empört und ärgern uns, zumindest innerlich. Wie sollten wir in einer solchen Situation reagieren? Still schweigen und den Ärger mit nach Hause nehmen? Nein. Der Ärger ist Säure die zuerst den eigenen Behälter zerfrisst. Eine schlagfertige Antwort sollte mit einem Lob und oder Ironie beginnen. Das wäre hier beispielsweise: „Vielen Dank für deine erfrischende Ehrlichkeit, das hat mich nachdenklich gemacht. Ja ich muss zugeben Pizza Wagner musste seine Umsätze dank mir schon deutlich hochfahren.“ Das wäre die sogenannte Verstärkertechnik. Die meisten Menschen, die sich despektierlich äußern rechnen in dieser Situation nicht mit einer pfiffigen Retourkutsche.
Ich nenne dir mal noch ein paar weitere Techniken. Insgesamt informiere ich in meinen Seminaren über acht verschiedene Methoden.
Die Umkehr-Technik: Zunächst ist es wichtig die negativen Worte des Gegenübers nicht zu wiederholen. Viele Begriffe haben eine negative und eine positive Seite. Wenn mir zum Beispiel jemand sagt meine Techniken seien überholt und veraltet, dann sage ich „Wenn Sie damit meinen bewährt und erprobt, stimme ich Ihnen gerne zu!“
Die Aphorismus-Technik: Einen Sinnspruch, der eine bestimmte Erkenntnis vermittelt sollte man immer parat haben. Beispiel: „Wer seinen eigenen Weg geht, kann von niemandem überholt werden.“
Die Dummstell-Technik: Der Vorteil der Klugheit ist, dass man sich dumm stellen kann,. Umgekehrt ist wesentlich schwieriger! Überholt und veraltet? Was meinen Sie denn damit? Können Sie mir das erklären?“ Fragen stellen bringt den anderen zum Überlegen.
Die Verwirrungs-Technik: Ein unvorhergesehener Angriff einfach mit folgenden Frage parieren: „Seid wann sind Sie im ADAC?“ Die Verwirrung ist meistens perfekt. Und gibt Zeit für weitere originelle Antworten.
Die Standard-Technik: Einen spöttischen Standardsatz beziehungsweise ein ironisches Lob sollten wir ebenfalls parat haben: „Da kommt ja Wohlwollen auf!“ Auch hier immer wieder die W-Fragen anschließen Jedem unangenehmen Gesprächspartner gewinne etwas Positives ab. Euer Leitfaden dafür: „Ein schöner Fall zum Üben“.
Das waren schon einmal einige hilfreiche und interessante Tipps in Sachen Schlagfertigkeit. Stichwort Coolnesstraining- was kannst du uns denn dazu sagen?
Dabei geht es um Erstkontakttraining. Mein Seminar nannte ich „Coolnesstraining für Kaltakquisiteure“. Welcher Kommunikator kennt das nicht? Wenn man frisch in einem neuen Umfeld ist, muss man sich präsentieren, auf sich aufmerksam machen und auf die Menschen zugehen. Die typische Killerphrase für Vertriebler ist: „ Wir haben keinen Bedarf, kein Interesse.“ Wenn man diesen Satz 3 Mal gehört hat, darf man sich nicht entmutigen lassen und nicht aufgeben. Mut kann man trainieren.“
Um cool zu bleiben gibt es zwei wichtige Gesetze.
- Das Gesetz der großen Zahl: Manchmal muss man auch 30 Kunden umwerben bis man erfolgreich ist. Wichtig ist es dran zu bleiben und diszipliniert zu sein.
- Die Einwand-Technik: Das bedeutet lernen mit Einwänden umzugehen. Vergesst nicht euch für die Ehrlichkeit der Kunden zu bedanken.
Hast du weitere Tipps für den Umgang mit schwierigen Kunden- Was ist dein persönlicher Geheimtipp?
Alles was wir gerade besprochen haben hängt zusammen und ist miteinander verbunden. Höflich und freundlich sein, ein Lob und einen Dank für die Ehrlichkeit aussprechen und die W-Fragen stellen, das ist sehr wichtig. Sprecht es offen aus: „Von den kritischen Kunden lernen wir am meisten!“ Das wirkt selbstbewusst und verschafft Respekt!
Du fungierst ebenso als Motivationscoach und hältst Vorträge zu diesem Thema. Was ist der Schlüssel, um dauerhaft motiviert zu bleiben?
Aufrichtiges Lob! Man muss aufhören, die Leute zu demotivieren und Ihnen helfen Ihre Ziele zu erreichen. Ich habe mir dazu 12 Wegweiser für aufrichtiges Lob zusammengestellt:
- Nur in Bereichen loben, in denen wir uns auskennen.
- Das Lob von innen heraus sollte ehrlich sein, dann kommt es auch wirklich positiv an.
- Authentisch loben, das bedeutet nicht dauernd oder im Übermaß.
- Auch kleinste Fortschritte/Veränderungen loben, hingegen keinerlei zu verzeichnende Fortschritte hinterfragen und ebenso aufweisen. „Im letzten Jahr hast du mehr entwickelt als in diesem Jahr.“
- Kein vergleichendes Lob, das ist kontraproduktiv.
- Genau hinschauen, zuhören, überseht auch mal etwas großzügiger unerwünschtes Verhalten.
- Lob nicht durch relativierende Worte zerstören. „ Ach heute bist du auch mal pünktlich.“
- Kein Lob anmaßen! Den Chef sollte man nur unter vier Augen loben. Beispiel: “In ihrem Umfeld arbeite ich gerne!“
- Das Lob soll zum persönlichen Profil passen, Stichwort Authentizität.
- Verspätetes Lob ist besser als gar kein Lob!
- Anstrengungen, Strategien, Einstellungen loben, weniger Fähigkeiten loben. Das kann uns schnell unter Druck setzen.
- Die 5 Stufen des Lobs: 1. das Ergebnis einer Tat loben, 2. Verhalten „Du hast dich sehr gelassen gezeigt.“ 3. Eigenschaften loben. Du bist sehr cool geblieben!“, 4. Gefühle benennen. „Du strahlst große Zufriedenheit aus.“ Wenn du jemanden die Unlust ansiehst, dann sagst du „Ist das eine Unmutsäußerung?“ Wie kann ich weiterhelfen, was kann ich tun?“ 5. „ Zukunft anpreisen: „Du wirst viel erreichen.“
Nun haben wir das Handwerk, um authentisch zu loben, das werden sich sicherlich einige unserer Leser merken. Abschließend würden wir gerne wissen, was du uns im Falle von Mobbing am Arbeitsplatz rätst? Was hältst du von der Devise: „Wir müssen lernen, uns selbst zu helfen?“
„ Genauso ist es. Mut kann man auch hier lernen(s.o.). Das ist immens wichtig um sich selbst zu verteidigen. Beispiel: Kollege X ist wieder besonders nett zu uns. Er wirft uns die Unterlagen energisch und kommentarlos auf den Tisch. Was tun wir nun? Uns das gefallen lassen? Still schweigen und den Ärger wieder runterschlucken? Nein!
Wir sagen ruhig und höflich beispielsweise: „ Warum wirfst du mir die Unterlagen einfach so hin, ohne mit mir zu sprechen? Wieso bist du denn so abweisend?“ Stellt bewusst die W-Fragen, denn diese können nicht mit Ja oder Nein beantwortet und abgefertigt werden. Kollege X könnte mir dann beispielsweise entgegenschleudern: „Warum stellst du mir so bescheuerte Fragen?“ Dann sagt ihr:“ Wenn du mir meine Frage beantwortest, dann beantworte ich deine! Immer weiterfragen und dabei eventuell die räumliche Wohlfühldistanz unterschreiten. Dann ziehen sich die meisten Personen automatisch zurück. Je häufiger ihr auf diese Art und Weise reagiert, desto eher hört euer Gegenüber damit auf, euch unangemessen zu behandeln. Denkt euch: Daran wachse ich!“, das sollte euer persönlicher Leitfaden sein. Wir lösen keine Probleme sondern Aufgaben!“
„Positives Denken und der Glaube an sich selbst sind der Weg zu Erfolg!“ [Josef Dlask]