Sozialverband VdK: Neue Kreisvorsitzende im Interview

Der Sozialverband VdK ist einer der größten Verbände Deutschlands. Er setzt sich für Behinderte, chronisch Kranke, ältere und sozial benachteiligte Menschen ein. Allein im Saarland zählt er rund 41.000 Mitglieder. Chef des VdK auf Landesebene ist Armin Lang, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter und Bürger Osterbrückens. Im St. Wendeler Land hat sich der VdK neu aufgestellt: Neue Kreisvorsitzende ist die Urweilerin Gerlinde Koletzki-Rau. Sie wurde am 26. Februar 2016 in Remmesweiler von 59 Delegierten zur neuen Kreischefin gewählt. Koletzki-Rau ist von Beruf Sozialpädagogin, hat aber auch im medizinischen Bereich und in der Qualitätssicherung im Bereich Pflege gearbeitet. Im Landkreis St. Wendel zählt der Sozialverband ca. 4.800 Mitglieder, die in 27 Ortsverbänden aktiv sind. Im Interview sprechen wir mit der neuen Vorsitzenden.

wndn.de: Frau Koletzki-Rau, erklären Sie uns bitte, was der VdK ist.
Gerlinde Koletzki-Rau: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands – kurz VdK – 1950 gegründet. Im Saarland gab es seit 1947 die Vereinigung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen des Saarlandes (VKS), die 1959 dem VdK Deutschland beitrat. Damals litten viele Menschen, insbesondere Kriegsheimkehrer und Witwen, unter den Folgen des Weltenbrandes. Da der Sozialstaat in Deutschland damals noch nicht so ausgeprägt war, half der VdK Menschen, die in Not waren. Mittlerweile hat sich unser Verband aber zu einer modernen Organisation weiterentwickelt, die sich erfolgreich für soziale Gerechtigkeit in unserem Land einsetzt. Mit rund 1,75 Millionen Mitgliedern sind wir eine starke Gemeinschaft.

wndn.de: Warum sollte man Mitglied im VdK werden?
Gerlinde Koletzki-Rau: Jeder von uns kann einmal in einen Notsituation geraten und Hilfe benötigen. Ein Schlaganfall oder eine Krankheit kann ein Leben ganz schnell verändern. In solch einem Fall ist man mit dem VdK nicht allein. Wir helfen, wenn es notwendig ist. Solidarität wird bei uns noch gelebt. Und ganz wichtig: Jeder ist bei uns willkommen.

wndn.de: Was sind derzeit die Themen, die Sie in ihrem Kreisverband beschäftigen?
Gerlinde Koletzki-Rau: Wir wollen Barrieren, die behinderte Menschen einschränken, im St. Wendeler Land abbauen. Weiterhin beschäftigen wir uns mit den Themen Inklusion und Altersarmut. Am Herzen liegt mir auch unser Lotsenprogramm. Hier vermitteln wir Menschen, die anderen kostenlos weiterhelfen – sozusagen eine Nachbarschaftshilfe für alle, die nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen.

wndn.de: Welche Angebote bieten Sie vor Ort in Ihrer Geschäftsstelle in St. Wendel an?
Gerlinde Koletzki-Rau: Ganz viele. Wir – das heißt, eine hauptamtliche Juristin und eine Sekretärin sowie ein ehrenamtlicher Rechtsberater – helfen z.B. beim Schwerbehindertenantrag weiter, geben Tipps zu den Themen Grundsicherung im Alter oder Erwerbsminderung. Kurz gesagt: Wir bieten Beratung in allen sozialen Belangen an. Hilfe steht bei uns im Vordergrund, auch für Menschen, die bisher noch kein Mitglied bei uns sind.

wndn.de: Gibt es auch junge Menschen, die sich im VdK engagieren?
Gerlinde Koletzki-Rau: Leider nicht so viele. Das wollen wir aber ändern. Denn bei uns kann man auch mitmachen, ohne gleich Mitglied in einem Vorstand zu sein. Gerade für junge Menschen bietet sich unser Lotsenprogramm an. Hier kann man seine Hilfe unbürokratisch Menschen anbieten, die Unterstützung benötigen. Und zu helfen ist ein tolles Gefühl. Gleichzeitig kann man so in den VdK reinschnuppern und sich später vielleicht einmal bei uns etwas mehr engagieren.

wndn.de: auf der Internetseite des VdK-Landesverbandes kann man derzeit lesen, dass sich Ihr Verband für eine Erhöhung des Rentenniveaus ausspricht, um Altersarmut zu vermeiden. Ist es nicht zu kurz gedacht, das Rentenniveau zu erhöhen, damit aber die junge Generation zukünftig über ein kaum mehr zu vertretendes Maß durch höhere Rentenversicherungsbeiträge zu belasten?
Gerlinde Koletzki-Rau: Nein, das ist es nicht! Denn Altersarmut setzt sich über die Generationen hinweg fort, wenn nichts unternommen wird. Wenn die Rente nicht reicht, fällt man oftmals in die Grundsicherung. Diese ist steuerfinanziert und wird letztlich auch von allen getragen. Unser Ansatz ist es deshalb, mehr Menschen in Arbeit zu bringen, auch durch einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, wo auch Schwache ihre Potentiale entfalten können und dadurch die Chance haben, ihre Rente selbst zu finanzieren.

wndn.de: Der Landkreis St. Wendel gilt als wirtschaftsstark. Denken Sie, dass auch in unserer Region zukünftig viele Menschen von Altersarmut betroffen sein werden?
Gerlinde Koletzki-Rau: Leider ja. Denn im Saarland sind besonders viele Menschen von Altersarmut betroffen. Das trifft insbesondere auf Frauen zu, die nicht im Erwerbsleben standen. Auch ist der Zusammenhalt unter den Generationen nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Das Thema wird uns mit großer Wahrscheinlichkeit auch im St. Wendeler Land beschäftigen.

wndn.de: Ein weiteres aktuelles Thema Ihres Verbandes ist die Integration von schwerbehinderten Menschen in den Arbeitsmarkt. Was sollte hier Ihrer Meinung getan werden, um noch mehr behinderten Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt aufzuzeigen?
Gerlinde Koletzki-Rau: Wir fordern die Förderung und Belebung des sogenannten „zweiten Arbeitsmarktes“, aber auch sachgerechtere Inklusionsmaßnahmen in den regulären Arbeitsmarkt, um auch Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass man im Laufe seines Erwerbslebens in die Situation gelangen kann, nicht mehr in seinem gelernten Beruf zu arbeiten. Hier ist die Solidarität der Wirtschaft noch mehr gefragt. Denn jeder Mensch hat Potentiale, die es zu heben gilt. Das ist ein Grundgedanke des VdK.

Vielen Dank für das Interview!

Im Netz: www.vdk.de/saarland/pages/der_vdk_saarland/4390/kreisverband_st_wendel

Das Interview führten Michael Scholl und Tobias Scheid.

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