Aaron Schumacher im Interview

Die Hasborner Mühle – Ein lebendiges Stück Geschichte im Herzen der Region

Walzenstühle in der Hasborner Mühle

Seit über vier Jahrhunderten steht die Hasborner Mühle als stolzes Zeugnis regionaler Handwerkskunst und Beständigkeit. In Familienbesitz seit 1702 – möglicherweise sogar schon seit 1592 erbaut –, hat die Mühle zahlreiche historische Höhen und Tiefen überstanden, von Kriegen bis hin zu wirtschaftlichen Umbrüchen. In unserem Interview gewährt Aaron Schumacher tiefe Einblicke in die Geschichte und die fortlaufenden Bemühungen, dieses traditionsreiche Unternehmen zu erhalten. Trotz der Herausforderungen der Zeit bleibt die Mühle ein Symbol für Qualität und regionales Engagement, das traditionelle Mühlentechniken mit modernen Qualitätskontrollen harmonisch verbindet. Die Hasborner Mühle floriert heute als Produktionsstätte, und fungiert darüber hinaus als kultureller Schatz der Region. Für dieses historische Erbe schmiedet Schumacher weiterhin spannende Zukunftspläne.

Welche historische Bedeutung hat die Hasborner Mühle und welche Schritte wurden unternommen, um sie zu erhalten und zu restaurieren?

Die Hasborner Mühle existiert bereits seit 1702. Seit dann ist sie auch nachvollziehbar in unserem Familienbesitz. Mein Opa sagte allerdings regelmäßig, dass die Mühle schon seit 1592 hier gebaut wurde. Über die Jahre gab es einige Kriege, wodurch sie zerstört und wieder aufgebaut wurde. Im Jahr 1921 wurde das Wohnhaus und die Mühle vergrößert. Die steigende Nachfrage an Lagerkapazitäten und Produktionskapazitäten wurde 30 Jahre später damit beantwortet, dass man die Mühle deutlich vergrößerte. Seit 1954 ist die Sicht von Vorne gleich geblieben. Innen hat sich lediglich zwei jähre später noch etwas geändert; die Einführung der Walzenstühle. Dies war dann auch der Übergang vom klassischen Mehl mahlen mit Wasserkraft zu einer elektronischen Mühle. Unsere heutigen Walzenstühle sind aus den Sechziger Jahren. Auch abseits davon hat sich in der Produktion in den letzten Jahrzehnten nicht mehr viel geändert. Deshalb kann man bei uns den Mahlprozess noch sehr genau verfolgen und einsehen. Auf der anderen Seite ist für heutige Standards die Produktion natürlich sehr klein und unselbstständig. Das macht aber auch den Reiz und die historische Relevanz der Mühle aus.
Ein weiterer Meilenstein waren 1972 die ersten Außensilos. Bis dahin wurde das Getreide direkt in der Mühle gelagert. Dafür war jetzt nicht mehr genug Platz. Also hat man sich über die Außensilos Lagermöglichkeiten geschaffen um während der Ernte genug Getreide trocken und sicher lagern zu können, um über das ganze Jahr hinweg genug Mehl produzieren zu können.
Im gleichen Jahr wurde das Getreide auch überwiegend noch in Säcken angeliefert, die dann leer gemacht werden mussten. Ein Prozess der bei vielen kleinen Landwirten mit geringen Mengen sehr aufwendig war. Doch bereits 3 Jahre später wurde das Getreide fast ausschließlich lose geliefert. Das liegt an der Entwicklung und Verbesserung der Mähdrescher. Dadurch ging es schonmal ein bisschen schneller, aber noch immer nicht schnell genug. Mein Onkel berichtete mir, dass sie im Jahr 1979 während der Ernte 24h lang Getreide angenommen haben. Nachts gegen 1 Uhr kamen die letzten Landwirte und morgens um 5 Uhr waren die ersten schon wieder da. Das war eine Zeitspanne, in der der Stau an Traktoren, die abladen wollten nicht vollständig gelöst werden konnte. Viele kennen das Sprichwort „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Das war damals noch mehr als Programm. Viele, insbesondere Hasborner, erinnern sich noch an die Traktorenschlangen, die teilweise bis zur Tankstelle gingen.
Daraufhin wurde sich dazu entschlossen eine „Neue Annahme“ zu bauen. In den Jahren 1980-82 wurde oberhalb der Mühle eine Annahme und Lagermöglichkeit gebaut. Diese war in jeder Hinsicht doppelt so groß wie die „Alte Annahme“ in der Mühle. Erst nach dem Bau hat sich die Lage während der Ernte entspannt.
Seit nunmehr 60 Jahren hat sich also am Inneren und Äußeren der Mühle und der Produktion nichts großartig verändert. Einzelne Maschinen wurden hinzugefügt, andere erneuert, aber alles nur geringfügig. Man arbeitet so wie vor 60 Jahren. Über Restauration und Erhaltung wurde sich nie wirklich Gedanken gemacht. Man hat immer das Nötigste getan um den Betrieb am Laufen zu halten. Für größere Investitionen fehlte das Geld.

Wie kombinieren Sie traditionelle Mühlentechniken mit modernen Technologien in Ihrem Arbeitsprozess, und welche Vorteile bringt dies?

Mehlschnecke in der Hasborner Mühle
In unserer traditionellen Mühle wird wie vor 60 Jahren produziert. Moderene Techniken spielen dort keine Rolle. Lediglich die Überprüfung der Qualität des Getreides wurde stark verbessert. Bei uns steht Qualität an oberster Stelle. Nicht jedes Getreide trägt ein gutes Mehl in sich. Bevor wir also ein Getreide annehmen überprüfen wir Qualitätsmerkmale wie Protein, Hektolitergewicht, Feuchte und Fallzahl. Mein Opa hat früher anhand von Sehen, Riechen, Fühlen und Schmecken die Qualität bewertet. Heute haben wir genaue Maschinen dafür und dadurch auch verlässliche Kennzahlen des Getreides. Das bringt Vorteile bei der Lagerung und der Produktion. Getreide, das gewisse Anforderungen in einem dieser Kennzahlen nicht erfüllt, nehmen wir heute gar nicht mehr an. So können wir die Qualität unseres Mehls sicherstellen.
Zur Produktion von Vollkornmehlen haben wir uns neue Maschinen besorgt. Diese haben eine besondere Vermahlungsart, die ein besonders feines und pudriges Vollkornmehl garantieren. Auch nachgelagerte Prozesse wie das Verpacken von Mehl in kleine Tüten zum Verkauf an Privatkunden, haben wir in unseren Ablauf integriert und Maschinen dafür besorgt. Inzwischen können wir das alles halbautomatisch durchführen lassen und müssen nicht jede Tüte selbst befüllen und zunähen, wie es noch zu Coronazeiten der Fall war. Zudem haben wir einen Mischer, mit dem wir eigentlich alles mischen können. Aktuell benutzen wir ihn zum Mischen unserer Backmischungen.
Ganz ehrlich gesagt, bringt unsere alte Vermahlungsart keine Vorteile. Es dauert nur länger, es ist anfälliger für Störungen und man muss immer vor Ort sein.

Welche Produkte bietet die Hasborner Mühle an?

Wir bieten vor allem klassische Mehle an wie Weizenmehl hell und dunkel, sowie Roggenmehl hell und dunkel. Unsere Spezialität sind die kalt gemahlenen Hildegards Vollkornmehl. Wie schon erwähnt sind diese besonders fein vermahlen, wodurch sie sehr backfähig bleiben. So kann man zum Beispiel aus einem Hildegards Dinkel Vollkornmehl einen Biskuitboden backen. Mit einem Vollkornmehl! Die Vollkornmehle sind auch gesünder als klassisches Mehl, da sie die volle Schale enthalten, in der die Ballast- und Mineralstoffe sind. Dafür sind sie normalerweise nicht so backfähig, da das Protein im Mehl enthalten ist.
Zusätzlich haben wir noch alte Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und Waldstaudenroggen. Wer also mal etwas Neues ausprobieren möchte, kann diese Sorten testen. Außerdem haben wir fast alle Produkte auch in Bio-Qualität.
Neben Mehlen haben wir auch noch einige Backutensilien, Vollkornnudeln, Spätzlemehl und hausgemachte Backmischungen. Unsere Backmischungen bestehen nur aus unserem Mehl und Salz. Es werden keine Zusatzstoffe druntergemischt. Zu Hause muss noch Wasser und Hefe hinzugegeben werden. Unsere Nudeln sind vermutlich die regionalsten Nudeln, die es gibt. Die Nudelmanufaktur Joseph aus Hasborn benutzt für die Vollkornnudeln ausschließlich unsere kalt gemahlenen Vollkornmehle und ihre Eier aus eigener Produktion. Es ist also ein Hasborner Produkt.

Können Sie uns mehr über die Herkunft und Auswahl der Zutaten erzählen, die in Ihren Produkten verwendet werden, und wie diese verarbeitet werden? Arbeitet die Hasborner Mühle mit der lokalen Gemeinschaft und anderen Unternehmen zusammen, um regionale Produkte und Dienstleistungen zu fördern?

Unsere Mühle ist äußert regional. Für unsere klassischen Weizen- und Roggenmehle beziehen wir das Getreide ausschließlich regional. Wir haben viele Landwirte in der Umgebung, die ihr Getreide zu uns bringen. Leider waren in den letzten beiden Jahren die Ernten hier im 20km Umkreis sehr schlecht. Deshalb mussten wir uns im 50km Umkreis nach Qualitätsgetreide umsehen. Für unsere Bio-Mehle arbeiten wir mit der Dörrwiesmühle in St. Wendel – Urweiler zusammen. Unsere alten Getreidesorten und den Dinkel bekommen wir soweit möglich auch von regionalen Landwirten, die diese speziell für uns anbauen.
Insbesondere unsere Weizen- und Roggenlieferanten sind Landwirte mit denen die Mühle schon seit Generationen zusammenarbeitet. Dementsprechend liegen sie uns sehr am Herzen. Leider ist es für diese sehr schwierig. Die meisten sind kleine Landwirte die mit unberechenbaren Wetterlagen, oftmals unfairen Milchpreisen und Weltmarktpreisen im Getreidesektor trotz eines regionalen Produktes kämpfen müssen. Für diese kann jedes Jahr das Letzte sein.  Inzwischen liefern wir unsere Produkte auch nach Luxemburg, Frankreich und Rheinland-Pfalz. Unsere großen und langjährigen Bäckerkunden sind aber alle aus dem Saarland.
Im Kleinverkauf verkaufen wir hauptsächlich in unserem Mühlenladen, aber auch da liefern wir an regionale Landwirte mit einem Hofverkauf oder an ausgewählte Edekas im Saarland. Auch Bioläden gehören zu unseren Kunden.

Welche Angebote/Veranstaltungen bietet die Hasborner Mühle neben ihren Produkten an?

Neben unseren Produkten bieten wir auch noch Mühlenführungen an. Dabei bekommt man einen großartigen und nostalgischen Einblick in die Produktion. Außerdem lernt man viel über die unterschiedlichen Mehltypen und wie sie gewonnen werden.
Mühlenführungen bieten wir von uns aus an, wenn wir dafür Zeit haben oder mit Gruppen nach Absprache. Wenn wir es von uns aus anbieten, teilen wir den Termin auf unseren Social Media Kanälen mit. Im Vorhinein schreiben wir aber auf WhatsApp all diejenigen an, die sich zuerst bei uns gemeldet haben. Dafür muss man auf WhatsApp einfach #Mühlenführungen an die 0176 87963186 schicken oder einfach anrufen.
Zudem unterstützen wir gerne unterschiedliche Aktivitäten mit Sachspenden.  Wir kennen außerdem auch großartige Bäcker, die Brotbackkurse anbieten. Wir leiten jeden gerne dorthin weiter.

Welche Pläne und Visionen haben Sie für die Zukunft der Hasborner Mühle?

Wir möchten unseren Klein- und Bioverkauf weiter ausbauen. Ebenso bieten unsere neuen besonderen Mühlen viele Möglichkeiten auch andere Dinge als Getreide zu vermahlen. Daraus könnten auch neue Produkte entstehen. Ein weiterer Punkt sind die Backmischungen, von denen wir auch noch mehr Varianten anbieten möchten.
Investitionen dafür wurden schon getätigt. In naher Zukunft wird es weitere Veränderungen geben, die sich an diesen Zielen und Plänen ausrichten. Auf unsere teure und alte Produktion wollen wir uns nicht mehr verlassen müssen, obwohl wir sie gleichzeitig erhalten wollen.

Vielen Dank. 

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