Politiker*in im Saarland sein? Beispielsweise (Ober-)Bürgermeister*in, Landtagsabgeordnete(r), Minister*in oder sogar Ministerpräsident*in sein? Wie fühlt es sich an, eine angesehene Persönlichkeit zu sein, weil man Dinge bewegt, die zur Zufriedenheit und Lebensqualität seiner Mitmenschen beitragen? Wie bereichernd ist es, an der Förderung, Aufwertung und Entwicklung der Region, in der man lebt, beteiligt zu sein? Wie fühlt es sich an, den nötigen Einfluss zu haben, um Positives für die Menschen in direkter Umgebung voranzutreiben, umzusetzen und dafür mediale Anerkennung zu erhalten? Wie ist es im Mittelpunkt zu stehen, Macht zu haben und gutes Geld zu verdienen?
Wie ist es im Gegensatz dazu, aber auch Verantwortung zu tragen und viele unangenehme und teils schwierige und harte Entscheidungen treffen zu müssen? Wie ist das in einer solch ländlichen Gegend, wie dem Saarland, in der jeder jeden kennt? Wie fühlt es sich an, wenn man von vielen Menschen begutachtet und beurteilt wird, man viele Entschlüsse vor Gremien, der Presse und Außenstehenden rechtfertigen und begründen muss? Wie ist es, wenn man privat häufig auf berufliche Dinge angesprochen wird oder persönliche Angelegenheiten plötzlich in den Medien preisgegeben und diskutiert werden? Wie fühlt man sich, wenn verdrehte Wahrheiten oder Hasskommentare in der Öffentlichkeit verbreitet werden? Und wie geht man damit um, wenn man viele Neider hat und es viele Menschen gibt, von denen man öffentlich scharf kritisiert wird?
Was spricht für die Bekleidung eines öffentlichen Amtes in der Politiklandschaft und was dagegen? Im folgenden Artikel findet ihr einen Auszug von Antworten auf diese Fragestellungen.
Beginnen wir mit den positiven Aspekten: Die Hürden um in ein politisches Amt gewählt zu werden sind nicht allzu hoch, insbesondere was die berufliche Qualifikation betrifft. Als Bürgermeister*in kann laut Gesetz jede/r Deutsche/r und jede/r Unionsbürger/in gewählt werden, die oder der am Tag der Wahl das 25. Lebensjahr vollendet hat, die Wählbarkeit zum Deutschen Bundestag oder zum Europäischen Parlament besitzt und die/der Gewähr dafür bietet, dass sie oder er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt. Ein*e Bürgermeister*in muss keinen bestimmten Schulabschluss oder eine spezielle Ausbildung vorweisen können. Ab einer bestimmten Einwohnerzahl ist grundsätzlich jedoch die Fähigkeit zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt erforderlich, sofern keine Personen mit vergleichbaren Qualifikationen beschäftigt sind. Häufig, aber nicht immer, sind eine Parteiangehörigkeit sowie die aktive Mitarbeit in einer solchen notwendig, um gewählt zu werden. Es gibt aber durchaus auch Einzelbewerber, die sich gegenüber parteigebundenen Bewerbern durchgesetzt haben, wie zum Beispiel Bürgermeister Klauspeter Brill in der Gemeinde Lebach, der seit 2013 im Amt ist.
De facto haben viele Amtsinhaber*innen allerdings ein gewisses Maß an langjähriger, politischer und beruflich einschlägiger Erfahrung. Dass Ausnahmen die Regel bestätigen, sehen wir am Beispiel des Bürgermeisters von Nalbach, Peter Lehnert, der als parteiloser Einzelbewerber und gelernter Friseur 2012 in das Politikleben startete.
Eines haben wohl die meisten Politiker*innen gemeinsam: eine gute Verdienstmöglichkeit. Die sogenannten Kommunalen Wahlbeamten auf Zeit werden für Ihre Arbeit gut entlohnt. Die ihnen zustehende Besoldungsgruppe ist unter anderem von der Einwohnerzahl und Anzahl der Wahlperioden abhängig. Ein Mindestverdienst von über 5000 Euro netto ist für die regulär gewählte Amtszeit von 10 Jahren immer drin, und er kann sich nach Zustimmung des Gemeinderates bereits in der ersten Amtszeit steigern. Geld ist ein sehr wichtiger Faktor, der die Lebensweise und Lebensqualität erheblich beeinflusst. Ausreichende finanzielle Ressourcen stellen, gerade in den heutigen Zeiten, durchaus einen beachtlichen Vorteil dieses Jobs dar.
Der/die Bürgermeister*in ist der/die gesetzliche Vertreter*in der Gemeinde bzw. Stadt, er/sie leitet die Verwaltung, erledigt die ihm/ihr übertragenen Aufgaben und bildet zusammen mit dem Stadtrat die beiden Organe der Gemeinde. Durch die (politische) Arbeit, die ein*e Bürgermeister*in leistet, hat er/sie Einfluss. Wer Einfluss hat, kann diesen auch sinnvoll und bedacht einsetzen, (oder auch nicht). Als Politiker*in wird man schneller gesehen und gehört. Man hat die Möglichkeit, wirksam auf Missstände in der Stadt und im Land hinzuweisen, unterstützend bei deren Bekämpfung mitzuwirken, als Vorbild zu fungieren und etwas zu bewegen. Positive Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft: ein klarer Vorteil!
Die politischen Jobs bringen aber nicht nur erfreuliche Aspekte, sondern ebenso negative Seiten mit sich. Politiker*innen haben, wie auch andere Personen, die beruflich im Fokus der Öffentlichkeit stehen, unfreiwillig auch gleich ein „Durchleuchtungs-Abonnement“ für ihr Privatleben mitgebucht. Kann ein Landrat in „seinem Kreis“ einfach mal spontan in Ruhe essen gehen, ohne angesprochen zu werden? Kann eine Ministerpräsidentin einfach mal unbedacht in den Supermarkt um die Ecke einkaufen gehen ohne „belästigt“ zu werden? Ein ungestörtes Leben ist für viele Politiker*innen nicht möglich. Es kann, je nach politischer Stellung, einem Leben im Zoo, unter ständiger Beobachtung, gleichen.
Die Privatsphäre vieler Politiker*innen ist beeinträchtigt und das kann zu Druck und Strapazen führen. Private Informationen werden nach außen getragen, verzerrt und überzogen dargestellt oder schlicht und ergreifend erfunden und erlogen. Die Gerüchteküche brodelt, was das Zeug hält. Von amüsanten Anekdoten, über die man nur schmunzeln kann, über unverschämte Beleidigungen und Vorwürfe bis hin zur regelrechten Hetzjagd, müssen sich manche Politiker*innen einiges gefallen lassen. Dies kann sehr belastend und nervenaufreibend sein, zumal man gegen jegliche Schlagzeilen wenig tun kann. Sind die (Fake-)News erst einmal veröffentlicht, sind sie in den Köpfen und Gedanken der Menschen verankert, ganz gleich ob sie wahr oder unwahr sind. So etwas kann innerhalb kürzester Zeit zu Imageschäden, mangelnder Glaubwürdigkeit und des Weiteren zu starken persönlichen wie beruflichen Problemen führen. Ganz zu schweigen davon, dass parteiinterne Neider oder die Opposition solche Nachrichten dankend aufnehmen, liebend gerne verwerten und als neuen Angriffspunkt für die nächste Verbalattacke verwenden.
Devise Vollgas: engagierte Politiker*innen, die ihren Job ernst nehmen, haben einen vollen Terminkalender. Besprechungen, Pressetermine, Interviews, offizielle Verpflichtungen, usw. Da bleibt wenig Zeit für das Privatleben. Geregelte Arbeitszeiten? Fehlanzeige; 60- 80 Arbeitsstunden kommen da schnell zusammen, und freie Wochenenden gibt es grundsätzlich auch nicht. Der Druck ist groß und die Konkurrenz schläft nicht. Wie bekommt man all das unter einen Hut? Sie müssen immer funktionieren! Kein Wunder, dass mancher Politikseele eine solche Belastung und Einschränkung zusetzt, gerade deshalb ist die Leidenschaft für die Sache so wichtig.
Als weiterer negativer Aspekt, sind diese ganz bestimmten Menschen zu nennen, die sich auch im Leben eines Politikers/einer Politikerin tummeln: Schleimer, Ja-Sager, falsche Freunde und beste Feinde. Von dieser Personenkategorie sind unsere politischen Größen wie auch Menschen im privaten Sektor, die Einfluss und eine Machtstellung besitzen, unglücklicherweise nahezu immer und zuhauf umgeben: Ein negativer Beigeschmack und ein Resultat des Erfolgs. Eine Frage, die man sich, sofern man sich noch nicht völlig hat einlullen lassen, in dieser Lage wohl öfter stellen sollte: „Wem bin ich als individuelle Person unabhängig von meinem Job wirklich wichtig, und wer möchte sich ausschließlich Vorteile durch mich verschaffen“? Dieser Filterprozess und die daraus gewonnene Erkenntnis können nicht nur frustrierend, sondern auch schmerzhaft sein. Eine Tatsache, die vermutlich regelmäßig beleuchtet und hinterfragt werden sollte. Alles in allem hat das Leben als politischer Amtsträger gute wie auch schlechte Seiten, Vorteile wie Nachteile, wie alles im Leben. Hut ab vor den Politiker*innen, die die positiven Seiten ihres Jobs fokussieren und mit Freude, Engagement und Durchhaltevermögen ihrer Berufung nachgehen.
Ein Leben im „Scheinwerferlicht“, können Sie sich das vorstellen?
Würden Sie mit den politischen Amtsinhabern tauschen wollen?