Ein Haus, das ausschaut wie jedes andere. Doch sieht man ganz genau hin, erkennt man am Giebel der Hausnummer 13 in der Kelsweilerstraße in St. Wendel eine kleine Gedenktafel mit der Inschrift „Hier stand die Synagoge der jüdischen Gemeinde St. Wendel. Erbaut 1902, wurde sie in der Zeit der Gewaltherrschaft am 10.11.1938 zerstört.“ Die 1981 angebrachte Gedenktafel jedoch zu entdecken, ohne von ihrem Dasein zu wissen, ist schlichtweg fast unmöglich. Und um, dem unbedachte Vorbeigehen dieser Gedenkstätte entgegen zu wirken, wurde am Mittwoch dem 09.11.2016 eine neue Gedenkstelle am ehemaligen Standort der alten Synagoge eingeweiht.
Vor genau 78 Jahren war die Synagoge in der Kelsweilerstraße Schauplatz eines schändlichen Verbrechens. Durch das damals herrschende NS- Regime angestachelt, kam es in der sogenannten Reichspogromnacht vom 09.11.1938 auf den 10.11.1938 deutschlandweit zu Gewalttaten gegen jüdische Mitbürger und zur Zerstörung von Orten der jüdischen Gemeinden wie unter anderem auch Friedhöfe und Synagogen. Leider blieb dieses schreckliche Verbrechen weder im Saarland noch in St. Wendel aus. Saarlandweit wurden alle 14 Synagogen verwüstet, zerstört oder in Brand gesteckt. Die Synagoge in St. Wendel wurde am 10. November 1938 von einheimische NS-Anhänger unter den Augen einer großen Menschenmenge entweiht und letztlich auch in Brand gesteckt. Um dieser dunklen Stunde unsere Geschichte zu gedenken, beschloss der Verein „Wider das Vergessen und gegen Rassismus“ gemeinsam mit dem Landkreis und der Stadt St. Wendel ein für jeden deutlich sichtbares Mahnmal zu errichten. Statt der seit 2009 stattfindenden Kranzniederlegung kam es also am Mittwoch zur Einweihung der neuen Erinnerungs-Stele. Dauernd und beständig im Gegensatz zu einem Blumenkranz, ragt die 1,6 Meter hohe Stele aus dunklem, afrikanischem Naturstein empor.
Gleich zu Beginn wird durch das von zwei Klarinetten gespielte jüdische Musikstück an die jüdische Kultur gedacht. Danach hält ein Vertreter des Vereins „Wider das Vergessen und gegen Rassismus“ eine Ansprache in der deutlich wird wie bedacht die Inschrift der Stele gewählt worden ist. Im Gegensatz zur alten Gedenktafel, erinnert die Tafel auch an die 34 jüdischen Mitbürger die im Zuge der Schoah deportiert und ermordet worden sind. Auch soll durch die Benennung von „einheimischen Tätern“ und das erwähnen der Zuschauermenge den Tätern die Anonymität genommen werden. Auch die Mahnung am Ende des Gedenktextes „Seid wachsam! Lasst es nicht wieder geschehen!“ sei in Zeiten von Gewaltausschreitungen gegen Flüchtlinge und Rassismus bewusst gewählt worden, so der Sprecher. Im Anschluss kam ein Vertreter der Synagogengemeinschaft Saar zu Wort und appellierte, dass man sich nicht nur an schöne historische Ereignisse erinnern solle, wie an den Mauerfall der am selben Datum stattfand, sondern auch an die schlimmen und dass die Opfer des NS – Regimes nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Auch der Landrat Udo Recktenwald unterstützte in seiner Ansprache diese Meinung und nannte die Geschehnisse der NS- Zeit „einen unbeschreiblichen Feldzug gegen die Menschlichkeit […] auch hier, wo wir heute stehen“. Die größte Katastrophe sei das Vergessen, weshalb er es auch so wichtig finde, dass z.B. Ausstellungen gefördert und gezeigt werden und Mahnmale errichtet werden wie die Stolpersteine oder die heute enthüllte Erinnerungstele. Das Thema sei in Zeiten von Flüchtlingswellen und Hetzreden aktueller denn je. Gerade deshalb dürfe man dieses dunkle Kapitel nie vergessen und man müsse dafür Sorge tragen, dass so etwas nie wieder passiert.