Erziehungstipps

Das Hunde-Einmaleins – Interview mit Hundetrainerin Tina Schuh (Teil 2)

Nun ist das zuckersüße Wollknäuel gerade erst eingezogen und wir kommen aus dem Schwärmen kaum mehr raus, so bringt unser kleiner Racker uns aber auch ganz rasch zur Weißglut. Im zweiten Teil unserer Serie zum „Hunde-Einmaleins“ gibt Hundetrainerin Tina Schuh vom Hundesportzentrum St. Wendel e.V. konkrete Erziehungstipps und –tricks und beleuchtet die optimale Auslastung und die Vorgehensweise für die Sozialisierung von Welpen. (Ihr habt den ersten Teil noch nicht gelesen? Dann gelangt ihr über diesen Link dahin.)

Tina, welche konkreten Erziehungstipps hast du hinsichtlich der folgenden Punkte für Hundehalter-Neulinge: Stubenreinheit, Zerstörungslust, übermäßige Aktivität, Grenzen?

Stubenreinheit

„Um euer Hundebaby stubenrein zu bekommen, solltet ihr das eine oder andere beachten. Alle zwei bis drei Stunden und nach dem Essen geht ihr mit eurem Welpen an die frische Luft, damit er urinieren und/oder sein Geschäft erledigen kann. Je schneller ihr ihn daran gewöhnt, dass er regelmäßig raus kann, desto eher lernt er, sich nicht innen zu erleichtern. Anfangs müssen die kleinen Vierbeiner ihre Blase vermehrt nach dem Schlafen, Spielen, Trinken und bei Aufregung entleeren. Behaltet im Auge, ob der Kleine vielleicht nervös hin und her tänzelt, winselt oder vermehrt hechelt. Achtet auch darauf, ob er intensiv am Boden schnüffelt, sich plötzlich im Kreis dreht oder Stellen aufsucht, an denen er sich schon mal erleichtert hat. Drückt euren Welpen nicht mit der Schnauze in seine Ausscheidungen, wenn es mal vorgekommen ist, dass er mal im Innenbereich gemacht hat. Auch lautes böses Schimpfen bringt nichts, denn wenn euer Hund merkt, dass ihr sauer seid, kann es passieren, dass er sich beim nächsten Mal ein ruhiges Plätzchen sucht, um still und leise sein Geschäft zu erledigen. Außerdem kann es dann auch vorkommen, dass sich der Welpe aus Angst Ärger zu bekommen, in eurer Nähe nicht mehr löst, und das wollen wir selbstverständlich vermeiden. Ebenso wenig zielführend ist es, mit dem Welpen zu schimpfen, wenn ihr nicht dabei wart, als er sich erleichtert hat, denn dann wird er den Zusammenhang nicht verstehen. Zum Entfernen des Urins oder der Reste der Exkremente empfehle ich Essig oder Desinfektionsmittel, da es beim Beseitigen des Geruchs unterstützt und der Welpe diesen Platz für sein nächstes Geschäft nicht erneut aufsuchen wird. Erst ab der 12. Woche kann der kleine Gefährte seine Blase bewusst kontrollieren. Wenn er sein Geschäft innen verrichtet, solltet ihr ihn direkt hochheben, nach draußen bringen und am besten auf eine Wiese oder ein Rasenstück setzen. Seid draußen geduldig, und wenn ihr ihn an der Leine habt und ihn immer auf die gleiche Stelle setzt, hilft ihm das, sich zu orientieren und sich nicht allzu sehr ablenken zu lassen. Hat euer Welpe draußen sein Geschäft verrichtet, freut ihr euch riesig und lautstark und lobt ihn, am besten auch in Verbindung mit einem Markerwort wie „Pippi“ und einem Leckerli.“

Zerstörungslust

„Ganz egal ob Kissen, Decke, Möbel, Teppich, Tapete, Schuhe oder Sonstiges- ein Welpe knabbert alles an. Er verhält sich insbesondere so, wenn es ihm langweilig, er unterfordert oder gestresst ist. Gerade zwischen dem dritten und siebten Lebensmonat, wenn sich der Welpe im Zahnwechsel befindet, kann die Zerstörungslust auch nur eine Phase sein. Schaut, dass ihr alles Überflüssige wegräumt, eben auch zum Schutze eures Tieres. Ein Stofftier, das herumliegt, zerlegen die kleinen Racker häufig gerne. Dabei besteht beispielsweise die Gefahr, dass euer Hund die Plastikaugen oder -nase oder die Wattefüllung frisst, sowas kann gefährlich werden und sogar zu einem Darmverschluss führen. Euer Welpe muss im gesunden Rahmen geistig und körperlich ausgelastet sein, sonst neigt er natürlich eher dazu sich mit seinen Beißerchen auszutoben. Ist der Welpe dauerhaft umgeben von Spielsachen, ist er einerseits überfordert und andererseits wird ihm auch schnell wieder langweilig, und er beginnt wieder damit Sachen kaputt zu machen. Räumt deshalb alle Spielsachen bis auf ein oder zwei unzerstörbare Spielzeuge weg und holt sie nur zum aktiven Spielen wieder raus. Ihr als Herrchen oder Frauchen gebt den Ton an und bestimmt wann das Spiel beginnt und endet. Nur so bleiben die Spielzeuge für euren Vierbeiner stets interessant und er freut sich darüber, wenn er sich damit austoben darf. Bis zum sechsten Monat empfehle ich euch keine Spielsachen, die quietschen. Das Tier kann noch nicht unterscheiden, wer oder was dieses Quietschen verursacht. Es weiß nicht, ob die Geräusche dem Spielzeug, einem Welpen, Kind oder Erwachsenen zuzuordnen sind. Er lernt so, dass etwas, was quietscht, Spaß bringt und er da ruhig reinbeißen darf, aber genau das wollen wir dem ihm keineswegs vermitteln. Gebt eurem Hund eine sinnvolle Beschäftigung. Ein Beispiel wäre etwa ein mit Quark gefüllter Kong, dieser baut Stress ab, beruhigt und macht Freude. Zur Info: Ein Kong ist ein Naturkautschuk-Spielzeug, das innen hohl ist oder außen Rillen aufweist und sich in beliebiger Form mit Futter füllen oder einschmieren lässt. Für euer Hundilein ist es ein Riesenspaß, die Füllung mit viel Geschick aus Öffnungen und Rillen herauszuarbeiten und zu verspeisen.“

Übermäßige Aktivität

„Zum Trainieren des „Zur Ruhe-Kommens“ könnt ihr beispielsweise eine Hundebox als Hilfsmittel nutzen. Zu Beginn lasst ihr die Box geöffnet und gestaltet sie für den Welpen attraktiv. In dieser bekommt er Hundekekse, Leckerli, Kaustangen und Weiteres, worüber er sich freut. Mit der Box soll eure Fellnase etwas Positives verbinden, sie soll ein Ort der Entspannung, des Wohlfühlens und des Rückzugs werden. Das Training läuft folgendermaßen ab: Ihr lasst die Box offen, werft ein Leckerli hinein, der Welpe geht hinterher, direkt werft ihr das nächste Leckerli nach, und dann ruft ihr den Welpen wieder raus. Gestaltet das Ganze als Spiel und wiederholt es. Jeder Schritt wird belohnt und wenn euer Hund sich in der Box wohlfühlt, geht es weiter zum nächsten Trainingsschritt. Hierbei wiederholt ihr das übliche Prozedere, schließt diesmal aber die Tür der Box kurz zu. Beim Öffnen gebt ihr eurem Welpen direkt das nächste Leckerchen. Auch das wiederholt ihr immer wieder und erhöht den Zeitumfang, in dem die Tür der Hundebox geschlossen ist. Auf Dauer lernt euer Wauwau so, sich zu beruhigen und bei geschlossener Tür zur Ruhe zu kommen. Hier ist es sehr wichtig, dass ihr zwischen den einzelnen Schritten immer ausreichend Pausen einbaut, damit euer Hundebaby nicht überfordert ist und genug Zeit hat die einzelnen Schritte abzuspeichern. Verletzt euer Tier sich mal und muss sich ruhig halten, ist es auch von Vorteil, wenn es die Box schon kennt und sich darin wohlfühlt.“

Grenzen

„Schon vor dem Einzug eures neuen Familienmitgliedes sollte euch klar sein, was der Hund darf und was nicht, denn was einmal erlaubt ist, ist immer erlaubt. Ab dem Einzugstag sollte euer Hundewelpe eine liebevolle Konsequenz erfahren. Inkonsequentes Verhalten sorgt im Köpfchen eures Kleinen für Verwirrung. Wie im Hunderudel kann der Welpe nur eindeutige und klare Regeln akzeptieren und annehmen. Auch die Ruhephasen sind Grenzen, die euer Welpe einhalten muss. Ich sage immer, ihr müsst ihm diese regelrecht „verschreiben“, denn von alleine kommen viele Hundebabys nur schwer zur Ruhe. Hunde, die nicht gelernt haben zur Ruhe zu kommen, werden oft tierisch nervöse und anstrengende Zeitgenossen.“

Tina, da gibt es wirklich einiges zu beachten und viel, was man falsch machen kann. Schon mal vielen Dank für deine ausführlichen Erziehungstipps und –tricks.

Du hast es selbst angesprochen: die Auslastung des Hundebabys, wie können Hundehalter diese optimal fördern?

„Ein Welpe ist selbstverständlich viel schneller ausgepowert als ein Junghund oder ein erwachsener Hund. Besonders in der Anfangszeit sollten Welpen körperlich und geistig nicht zu sehr gefordert werden. Babyhunde werden schnell müde und können sich nicht allzu lange konzentrieren. Denkspiele sind dennoch eine tolle Möglichkeit, um die geistige Förderung eures Vierbeiners voranzutreiben. Es gibt viele Denkspiele, mit denen ihr euch gemeinsam mit eurem Welpen vergnügen könnt: von Schiebereien über Deckelspiele und Kegelwerfen bis hin zu Futterschubladen gibt es ein großes Repertoire. Sie unterstützen dabei, Tricks zu erlernen und die kognitiven Fähigkeiten zu optimieren. Irgendwo sind Leckerli oder ein Spielzeug versteckt und dann ist es die Aufgabe eures Wauzis diese zu finden. Hier muss sich der Welpe erst einmal eine Strategie überlegen, um sich den Weg zum Leckerli zu ebnen. Oder aber es geht beispielsweise darum bestimmte Dinge zu verschieben, anzuschubsen oder auch wegzuschieben. Denkspiele haben den Vorteil, dass die Hundebabys körperlich nicht überbeansprucht werden, aber dennoch ausgelastet sind und viel Spaß haben. Die bestmögliche körperliche Auslastung besprechen wir am besten, wenn es um das Thema „Gassi gehen“ geht.“

Wie sozialisiert man seinen kleinen Vierbeiner richtig?

„Ich kann es euch nur ans Herz legen: Geht mit eurem Welpen in eine Welpenstunde. Nur so kann er spielerisch viele verschiedene Hunderassen kennenlernen und auch lernen deren Körpersprache zu deuten. Gewöhnt euer Tier von Anfang an alles: Musik, laute Geräusche, wie etwa vom Staubsauger oder Kindergeschrei. Nehmt ihn mit in die Stadt und in den Park, damit er all den vielen Input direkt kennenlernt und sich daran gewöhnt. Geht auch mal mit ihm in einen Zoo oder Wildpark, damit er auch andere Tiere wahrnimmt. Nehmt ihn zeitig im Auto mit, damit er beim Fahren keine Ängste entwickelt.“

Im nächsten Teil unserer Reihe des „Hunde-Einmaleins“ findet ihr Erklärungen zum „richtigen“ Spielen, Trainieren und Gassi gehen und der Abgewöhnung des Hochspringens.

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