Mit einem offenen Brief hat sich Tholeys Bürgermeister Andreas Maldener an Arbeitsminister Magnus Jung gewandt. Hintergrund ist eine Landtagsdebatte über einen CDU-Gesetzentwurf zur Öffnung personalloser Kleinstsupermärkte außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten. Dabei hatte Minister Jung sinngemäß geäußert, der fehlende Supermarkt im Ortsteil Theley sei auf politische Versäumnisse vor Ort zurückzuführen.
Diese Darstellung weist Bürgermeister Maldener entschieden zurück. In dem Schreiben, das auch den Landtagsfraktionen und der Presse zur Verfügung gestellt wurde, betont er, dass der Gemeinderat Tholey bereits einstimmig und über Parteigrenzen hinweg die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen neuen Supermarkt geschaffen habe. Die Verzögerungen seien allein auf ein laufendes Gerichtsverfahren zurückzuführen, das sich der Einflussnahme der Kommune entziehe.
„Hier darf es nicht um Parteipolitik gehen, sondern um die Daseinsvorsorge für unsere Bürgerinnen und Bürger“, erklärt Maldener in dem Brief. Äußerungen wie die des Ministers schadeten dem Vertrauen in die Kommunalpolitik, das vielerorts ohnehin bereits stark belastet sei.
Zugleich äußert Maldener sein Bedauern darüber, dass der Gesetzentwurf zur Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten nicht weiter verfolgt werden soll. Gerade für ländliche Regionen sieht er in modernen Versorgungsmodellen – wie etwa digital betriebenen Kleinstsupermärkten mit flexiblen Öffnungszeiten – eine wichtige Chance.
Der Offene Brief von Andreas Maldener:
Sitzung des Landtages des Saarlandes am 12. November 2025 – Ihr Wortbeitrag
Sehr geehrter Herr Minister Jung,
ich komme nicht umhin, mich nach der heutigen Beratung des Tagesordnungspunktes „Erste Lesung des von der CDU-Landtagsfraktion eingebrachten Gesetzes zur Öffnung personallos betriebener Kleinstsupermärkte außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten“ im Landtag des Saarlandes in meiner Funktion als Bürgermeister der Gemeinde Tholey in Form eines offenen Briefs an Sie zu wenden.
In der Beratung zum vorgenannten Tagesordnungspunkt waren Ihrer Wortmeldung folgende Sätze zu entnehmen: ,,Die Tatsache, dass in Theley im Gegensatz zu anderen Dörfern der Gemeinde Tholey kein Einzelhandel mehr da ist, liegt an einer jahrelangen falschen Politik in Theley, die die CDU zu verantworten hat. Sie sind vor Ort diejenigen, die versagt haben[. . .] und sie haben es jetzt 5 Jahre auch nicht hinbekommen.“
Ich schreibe Ihnen heute aber nicht als Mitglied der Christlich Demokratischen Union, sondern als gewählter Bürgermeister der Gemeinde Tholey. In dieser Funktion möchte ich Ihnen gerne die Hintergründe des von Ihnen zitierten Falls „Theley“ erläutern:
- Der Gemeinderat der Gemeinde Tholey hat im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens am 1. Februar 2023 einstimmig – dies gilt im Übrigen auch für alle vorherigen Verfahrensschritte sowie alle Beratungen im Ortsrat des Ortsteils Theley – die Aufstellung eines Flächennutzungsplans sowie eines Bebauungsplans zur sog. ,,Ortsmitte Theley“ final beschlossen, um die Ansiedlung eines Supermarkts in zentraler Lage zu ermöglichen, nachdem der bisherige „Wasgau“-Markt Ende 2020 (und nicht 2019, wie von Ihnen behauptet) seine Pforten geschlossen hat.
- Gegen diesen vom Gemeinderat beschlossenen Bebauungsplan hat Anfang November 2023 und damit innerhalb der gesetzlichen Fristen eine im Bauleitplanverfahren beteiligte Person als vom Bauvorhaben Betroffene ein Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes angestrebt. Im November 2024 entschied das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes seinerseits, die Klage aufgrund mangelnder Betroffenheit der Klageseite nicht zuzulassen, woraufhin am 13.12.2024 eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem zuständigen Bundesverwaltungsgericht eingereicht wurde, über die bis zum heutigen Tage nicht final entschieden wurde.
Herr Minister, meinen Ausführungen dürfte zu entnehmen sein, dass Ihre oben genannte Aussage und der in ihr enthalten Vorwurf so nicht tragbar ist. Er birgt zudem die große Gefahr, gerade der Kommunalpolitik das Vertrauen zu entziehen, das sowieso an zu vielen Stellen mehr und mehr schwindet.
Im Fall Theley handelt es sich wie geschildert um ein rechtsstaatliches Verfahren, dessen Ausgang weder die Gemeinde Tholey noch die kommunalpolitischen Vertreter beeinflussen können. Vielmehr waren es doch gerade diese kommunalpolitischen Vertreter des Ortsrates und des Gemeinderates, die völlig unabhängig von Parteipolitik jedweder Couleur, sondern an der Sache orientiert und im Sinne der Mitbürgerinnen und Mitbürger gemeinsam richtungsweisende Entscheidungen getroffen haben – und diese auch weiter treffen werden.
Diesen Vorgang in einer öffentlichen Landtagsdebatte zu verschweigen und stattdessen gegenüber der interessierten Öffentlichkeit parteipolitische Argumente anzuführen und Fragen von Schuld und Unschuld zu diskutieren, ist nicht nur unredlich, sondern schlicht und ergreifend falsch! Daher darf ich Sie freundlich darum bitten, dies zu gegebener Zeit klarzustellen.
Mit Blick auf die mehrheitliche Entscheidung des Landtages des Saarlandes, den vorgebrachten Gesetzentwurf zu Flexibilisierung des Ladenöffnungsgesetzes nicht zur Beratung in den zuständigen Ausschuss zu überweisen, kann ich überdies nur mein Bedauern zum Ausdruck bringen. Denn es sind gerade die heute diskutierten modernen Formen der Nahversorgung, die in einem Ortsteil wie Theley Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit einer wohnortnahen Daseinsvorsorge bieten und die durch eine starre gesetzliche Regelung ihrer Chancen beraubt werden.
Oder um Ihr Argument aus der Landtagsdebatte aufzugreifen: Gerade wenn es Kommunen für bestimmte Ortsteile unabhängig der Sachgründe (wirtschaftliche Gesichtspunkte, landesplanerische Aspekte oder rechtliche Gründe wie im Fall der Gemeinde Tholey) nicht oder nicht mehr gelingt, Supermärkte im Sinne von „Vollsortimentlern“ anzusiedeln, zeigt doch alleine die Tatsache, dass Kommunalpolitik trotz dieser diversen Rückschläge mit alternativen und modernen Möglichkeiten wie digitalen Supermärkten versucht, ihren Bürgerinnen und Bürgern Daseinsvorsorge zu bieten, deren großes Verantwortungsbewusstsein und die Offenheit für Neues.
Dieses Verantwortungsbewusstsein und die Offenheit für moderne Daseinsvorsorge im Sinne des ländlichen Raums hätte ich mir in der heutigen Debatte des Landtages des Saarlandes von Seiten der Landesregierung ebenfalls gewünscht. Umso mehr ist es mir ein Anliegen, den heute getätigten Vorwürfen mit sachlichen Argumenten entgegenzutreten und auf die Chance hinzuweisen, die in meinen Augen heute vertan wurde.



