Wenn das Thermometer den IQ senkt

Es gibt diese Momente, da liest man einen Facebook-Post eines Ministeriums und denkt: Das ist Satire. Nur war es diesmal keine. Das saarländische Bildungsministerium erklärte ernsthaft, dass Corona, Kriege und der Klimawandel die jungen Menschen so prägen, dass ihre schulischen Leistungen in Mathe und Naturwissenschaften sinken.

Facebook

Mit dem Laden des Beitrags akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Facebook.
Mehr erfahren

Beitrag laden

Aha. Der Planet heizt sich auf, und schon versagen Schüler in Dreisatzrechnen und beim Periodensystem. Die Polkappen schmelzen, die IQ-Kurve gleich mit.

Natürlich, Krisen wirken sich aus. Niemand erwartet, dass Jugendliche unbeeindruckt durch Pandemie, Kriegsnachrichten und Zukunftsangst spazieren. Aber der Versuch, den Klimawandel in einen kausalen Zusammenhang mit den Mathe-Noten der Neuntklässler zu stellen, ist doch – sagen wir freundlich – kreativ.

Das hat was von: „Die Erderwärmung hat mein Hausaufgabenheft gegessen.“

Dabei steckt in der ministeriellen Logik ein hübscher rhetorischer Trick: Wenn der Klimawandel schuld ist, dann ist die Politik nicht schuld. Zumindest nicht die Bildungspolitik. Das Wetter kann man schließlich nicht abwählen.

Und so liest sich der Post, als wäre er in einem hitzeflirrenden Kommunikationsbüro entstanden.

Währenddessen kämpfen Schulen mit Lehrermangel, Kindern, die nicht Deutsch sprechen und maroden Gebäuden, in denen im Sommer tatsächlich tropisches Klima herrscht. Da wird die Verbindung von Klima und Lernen dann plötzlich real.

Man könnte fast meinen, das Saarland wolle sich mit dieser Klimadeutung in den Rang einer globalen Bildungsopferregion heben: „Wir sind nicht schlecht in Mathe, wir sind vom Klimawandel betroffen.“

Ministerin Streichert-Clivot sagt: „Der IQB-Bildungstrend ist kein Grund zur Resignation, sondern ein klarer Auftrag.“ Das stimmt. Nur wäre es schön, wenn dieser Auftrag weniger in atmosphärischen Erklärungen und mehr in konkretem Taten münden würde.

Bis dahin bleibt der Eindruck: Im Saarland mag der Planet heiß laufen, aber die Bildungspolitik hat sich längst in die wohltemperierte Komfortzone gerettet.

Die Kolumne spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.

Weitere interessante Artikel:

ANZEIGEN

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Blätterbarer Katalog-2025 mit 80 Seiten:

Alle weiteren Informationen in Bild & Text finden Sie hier auf der Homepage: 
https://www.gudd-zweck.de/fyi/ho-roos-kop/