St. Wendel. Am vergangenen Samstag, 25.01.20, lud der SPD-Kreisverband St. Wendel zu seinem Neujahrsempfang in die Aula des Cusanus Gymnasium ein. Dabei gab es Rückblicke auf das vergangene Jahr 2019 von Magnus Jung, MdL, sowie Einblicke in die Arbeit von Bundesumweltpolitiker Matthias Miersch. Zuvor stellte er sich in einer Diskussionsrunde den Fragen von Vertretern von Jusos, Fridays for Future und dem Klimaschutzmanager im Landkreis St. Wendel.
„Ganz positive Rückblicke auf das vergangene Jahr 2019“ für die SPD im Kreis St. Wendel
In seiner Begrüßungsrede gab Dr. Magnus Jung, MdL und Vorsitzender des SPD-Kreisverbands St. Wendel einen Rückblick auf das vergangene Jahr 2019: „Wir können rückblickend feststellen, die Kommunalwahlen 2019 sind für die SPD im Kreis St. Wendel gut gelaufen.“ Dabei erwähnte er die „hoch gewonnenen“ Bürgermeisterwahlen in der Gemeinde Nonnweiler mit Dr. Franz-Josef Barth und der Gemeinde Freisen mit Karl-Josef Scheer. Christian Barth, der in Nohfelden für das Amt des Bürgermeisters kandidierte, dankte Jung dafür, dass er „in Nohfelden toll gekämpft hat für die SPD“.
In vier von acht Gemeinden im Landkreis stellt die SPD den Bürgermeister und hat auch eine Mehrheit in den jeweiligen Gemeinderäten inne. „Im Kreis St. Wendel geht auch nach wie vor nichts gegen die SPD, sondern nur mit der SPD. Das gibt uns Gestaltungskraft für die Bürgerinnen und Bürger“, so Jung. Ein Blick über die Kreisgrenzen hinaus zeigt, dass von den fünf besten Gemeindeergebnissen für die SPD drei davon im Landkreis St. Wendel erzielt wurden. „Das heißt, der Landkreis St. Wendel ist eine Hochburg für die SPD im Saarland“, führte Jung weiter aus. „Was uns am Ende auch gelungen ist, was sehr erfreulich ist, dass wir die AfD kleingehalten haben. In vielen Räten ist sie überhaupt nicht vertreten, im Kreistag leider mit einem Mitglied“, an dieser Stelle riet Jung AfD-Wählern, einmal an der Kreistagssitzung teilzunehmen, um zu sehen, wie die Arbeit des Kreistages und die Atmosphäre dadurch belastet seien. „Sicherlich in keiner Weise eine echte Alternative, weder für Deutschland noch für den Landkreis St. Wendel“, mahnte er. „Soweit die ganz positiven Rückblicke auf das Jahr 2019“, schloss er die Rückschau auf Kreisebene ab und ging über zur SPD auf Bundesebene.
Ein lachendes und ein weinendes Auge beim Jahresrückblick für die SPD auf Bundesebene
Für die SPD auf Bundesebene „war das Jahr 2019 alles andere als ein Gutes“, erinnerte sich Jung. „Keine Disziplin, wenig Anstand, kaum Geschlossenheit in der öffentlichen Darstellung und, leider Gottes, auch wenig positive Einstellung zu dem, was wir in unserer Regierungsverantwortung in Berlin bewegen“, fasste er zusammen. „Wer schlecht über sich selbst redet, wer seine eigene Arbeit schlecht redet, der braucht sich nicht zu wundern, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht begeistert sind, was die SPD betrifft.“ Darauf sei auch zurückzuführen, dass die Umfragen „ein trauriges Niveau erreicht haben“. Hier sehe er aber viel Potenzial nach oben, „denn in der Sache war es mit eines der erfolgreichsten Jahre für die SPD.“ Kritik äußerte er auch an Sigmar Gabriel, der „glaubt, jetzt in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gehen zu müssen. Das schadet der SPD – ein solches Verhalten.“ Über den Zank hinaus werde aber häufig übersehen, dass die SPD-Bundestagsfraktion und ihre Minister in Berlin viel geleistet haben. Dazu zählte er unter anderem die Parität in der Krankenversicherung, Hilfen für Langezeitarbeitslose sowie das Gute-Kita-Gesetz. „Die SPD macht unheimlich viel in der Sozialpolitik, das kommt in den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger an, führt aber leider nicht zu dem Bewusstsein, was unsere Arbeit betrifft. Deshalb müssen wir an dieser Stelle noch besser werden, insbesondere darin, die Dinge zu kommunizieren“, rügte Jung.
Im Bereich der Außenpolitik könne die SPD Erfolge vorweisen. Deutschland sei ein gefragter Vermittler in der Welt. In vielen Krisen sei Deutschland das Land, mit dem alle noch reden können und deshalb sei es die Politik der SPD, Friedensmacht zu sein.
Positiv sah er den Vorschlag von Olaf Scholz, für die Teilentschuldung der Kommunen 20 Milliarden Euro in die Hand zu nehmen. „Wir brauchen dieses Geld im Saarland, denn trotz der eigenen Anstrengungen der Kommunen des Saarlandes, sind unsere Kommunen doch in einer schwierigen finanziellen Situation und wenn man die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland herstellen will, dann wäre dieses Engagement für unser Bundesland ein wahrer Segen“, wandte er sich an Mattias Miersch, der diese Aussage mit nach Berlin nehmen sollte.
Der Blick nach vorne: Matthias Miersch über Klima und Umwelt: „können wir die großen Herausforderungen gemeinsam stemmen?“

In seiner Neujahrsansprache redete Miersch über Staatsverständnis, soziale Sicherungssysteme, Europa und die Agrarpolitik. Zuvor kam er mit Vertretern aus Jusos, der Energiegenossenschaft, Fridays for Future und dem Klimaschutzmanager im Landkreis St. Wendel im Rahmen einer Diskussionsrunde zusammen. Diese eröffnete der Klimapolitiker und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion mit der Frage, ob wir die großen Herausforderungen, den Klimaschutz betreffend, als Gesellschaft gemeinsam stemmen können. In den Debatten, die er führe, nehme er wahr, dass Menschen stark verunsichert seien und es eine starke Polarisierung gebe.
Til Hanauer, Kreisvorsitzender der Jusos, erkundigte sich nach den neuesten Regelungen in Bezug auf Windkraftanlagen. Konkret wollte er wissen, ob die 1000-Meter-Abstandsregelung beibehalten würde. Diese Regelung sei schon in vielen Bundesländern in kraftgetreten, so Mierschs Antwort. Es gebe aber massive Akzeptanzprobleme von Menschen vor Ort, sogar von „Kriegen vor Ort“ sprach er. Hier gelte es, eine akzeptable Lösung zu finden, denn ab wo die 1000 Meter gemessen werden sollen und ob die Regelung sich durchsetze, sei noch nicht endgültig geklärt. „Wir sind ein hochindustrialisiertes Land, welches zeitgleich aus Atom und Kohle aussteigen will“, erläuterte er. Und wer das machen wolle, könne es nur machen, wenn alternative Energiequellen erschlossen werden. Das sind nun mal Erneuerbare Energien. In seinem Wahlkreis, Hannover Land II, werde der Atom- und Kohleausstieg auf der einen Seite gelobt, auf der anderen Seite wolle man aber keine Windräder in der Nähe.
Michael Welter, Klimaschutzmanager beim Landkreis, kam auch auf das Akzeptanzproblem in unserer Region zu sprechen. „Gerne Erneuerbare Energien, aber nicht vor meiner Haustür“, zitierte er einige Stimmen zu diesem Thema. Er sei aber der Meinung, dass die Politik Gestaltungsmöglichkeiten habe, Akzeptanz zu schaffen. Als Beispiel nannte er Energiegenossenschaften, die in der Lage seien, in Windkraftanlagen zu investieren und vor Ort für Akzeptanz, Finanzierung und regionale Wertschöpfung zu sorgen. Erfolgreiche Beispielprojekte seien die Windparks in Oberthal und in Eisen. „Wenn man den Leuten die Möglichkeit gibt, sich mehr zu beteiligen, davon zu partizipieren, ist es einfacher, für Akzeptanz zu sorgen“, so Welter. In welche Richtung soll es also gehen? Eine dezentrale Energieversorgung, wovon gerade der ländliche Raum stark partizipieren könnte oder eine zentrale Versorgung in Form von großen Stromtrassen. Hier antwortete Miersch mit einem Mix aus beidem: Große Einheiten, große Erzeugungskapazitäten, um den Energiebedarf der Zukunft zu decken, aber auch dezentrale Energieversorgung solle es geben.
Auch die Düngemittelverordnung war ein Thema, das diskutiert wurde. So wollten die Jusos wissen, wie die Belastung der Landwirte hier niedrig gehalten werden könne. „Über Jahrzehnte sind Dinge verschlafen worden“, begann Miersch. „Und jetzt ist der Druck maximal da“, führte er weiter aus. In einigen Gebieten Deutschlands gebe es bereits eine massive Wasserverunreinigung, die mit den jetzt ergriffenen Maßnahmen immer noch zehn bis 15 Jahre brauche, um wieder runterzukommen. „Selbst wenn wir jetzt den Wechsel machen, haben wir immer noch ein großes Problem“, schilderte er. Den Frust der Landwirte, die jetzt demonstrieren, verstehe er. Zu fordern, dass alles so bleiben soll, wie es ist, gehe aber zu weit. Gegen die Wasserverunreinigung müssen die Politiker jetzt aktiv werden und im Düngerecht müssen Dinge durchgesetzt werden. Die Problematik besteht darin, dass Landwirte, bei denen es keine Probleme gibt, genauso davon betroffen sind, wie die, bei denen eine starke Verunreinigung vorhanden ist. Die Europäische Kommission wolle aber keine Unterschiede machen, weil sie Deutschland insgesamt als ein Gebiet sehe und deshalb gelte diese Regelung für alle. „Ich hoffe, dass man da etwas ausverhandeln kann, aber ich bin mir sehr sicher, auch in der Landwirtschaft werden wir Strukturen völlig verändern müssen.“ Vieltierhaltung auf engstem Raum gehe künftig nicht mehr. Hier sollen Regeln und Verbote greifen. Die Angst der Landwirte, nicht mehr von ihrer Arbeit leben zu können, wenn sie nicht mehr auf Masse gehen können und folglich weniger verdienen, kann er nachvollziehen. Hier liege es auch in der Verantwortung der Gesellschaft, darüber nachzudenken. Nach dem Motto „Geiz ist geil“ zu leben, sei an dieser Stelle nicht angebracht. Eine Debatte über die angemessene Entlohnung der Landwirte soll für mehr Bewusstsein sorgen.
Bewusstsein für Klimawandel, Essen und Natur könne man auch schon in der Schule durch entsprechende Fächer schaffen, wurde in der Diskussionsrunde vorgeschlagen. Dem stimmte Miersch zu und ging noch einen Schritt weiter. Ihm fehle generell die Demokratiebildung. Diese gemischt mit dem Bewusstseinsschaffen für die großen Herausforderungen des Klimawandels, sieht er Aufgabe einer Bildungseinrichtung.
Die Verkehrswende beschäftige die Teilnehmer der Diskussionsrunde ebenfalls. „Die Transformation im Bereich Mobilität wird jeden einzelnen treffen“, sagte Miersch. Der ÖPNV und der Regionalverkehr seien von unerlässlicher Bedeutung. In großen Ballungsräumen könne man sich in Zukunft keinen Individualverkehr mehr leisten. In Hannover fahren alle Jugendlichen unter 21 Jahren für 15 Euro im Monat frei Bus, Bahn und U-Bahn. Das sorgte für einen Nachfragezuwachs von über 80%. In Regionen, in denen die finanziellen Möglichkeiten da sind, wäre zwar das leicht durchzusetzen. Es sei aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der der Bund die Kommunen aber nicht allein lassen dürfe. Über preisliche Anreize könne viel passieren, aber auch die Attraktivität müsse gesteigert werden. Es sei kein einfaches Thema. „Mobilität polarisiert in Deutschland richtig.“
In seiner Neujahrsansprache ging Miersch nochmals auf diese Themen ein. Seine Frage, ob die Spaltung der Gesellschaft bevorstehe zog sich wie ein roter Faden durch die Rede. Auf der einen Seite Menschen, die den Weltuntergang prognostizieren, wenn in Sachen Umweltschutz nicht mehr geschehe, auf der anderen Seite Menschen, die nicht an den menschengemachten Klimawandel glauben. Einen Interessenausgleich zu finden sei nicht leicht.