Gemeinschaftsschule Marpingen auf den Spuren des saarländisch-lothringischen Bergbaus

(Foto: Markus Mörsdorf/GeS Marpingen)

Was heute als Problem bei der Wirtschaftsstruktur angesehen wird und aufgrund der Klimawandeldebatte auch etwas in Verruf geraten ist, stellt doch die Ursache dafür dar, dass es unser Saarland überhaupt gibt: Kohleförderung und Stahlindustrie. Seit 2004 sind der lothringische, seit 2012 der saarländische Bergbau eingestellt – und doch prägt er immer noch die Mentalität, die Wirtschaft und die Bewohner des Saarlandes und des östlichen Teils des Departements Moselle.

Auf den Spuren der Industriegeschichte wandelten Anfang Oktober 20 junge Marpingerinnen und Marpinger bei ihrer Exkursion an die saarländisch-lothringische Grenze an der Rossel. Zum original Bergmanns-Frühstück ging es in die älteste „Kaffekich“ des Saarlandes der Grube Velsen, direkt an der Grenze bei Petite Roselle. „E halwer Ring Lyoner, e Weck, e schwarzer Kaffee unn Senf dezu“ – für ehemalige Bergleute Grundnahrungsmittel, für einige der heutigen Schülerinnen und Schüler doch zu wenig vegetarisch – aber es gab glücklicherweise Alternativen.

Nur zwei Kilometer entfernt, ein Katzensprung ins Lothringische, wurde vom französischen Staat auf dem Gelände der ehemaligen Grube Wendel ein faszinierendes Grubenmuseum eröffnet, das zweite Ziel der Marpinger an diesem Tag. In den nachgebauten Stollen erfuhren die jungen Leute viel von den harten Arbeitsbedingungen unter Tage. Gespannt lauschten alle den Ausführungen ihres Guides Horst Schmadel, ehemaliger Bergmann mit halb saarländischer, halb lothringischer Familie. Schon die simulierte Einfahrt in den Schacht war ein Erlebnis, die Schmadel auch persönlich kommentierte: Diese ruckelige, beengte Fahrt in die Tiefe auf zum Teil 1000 m unter Tage sei ihm so im Gedächtnis geblieben, dass er regelmäßig davon träume. Für die jungen Leute wurde es im Dunkel der Stollen und der nachgestellten originalen Geräuschkulisse nachvollziehbar, welchen Belastungen die Arbeiter ausgesetzt waren – aber auch, warum man hier von wahrer Kameradschaft redete: Alle sind unter Tage aufeinander angewiesen, und da sei es egal gewesen, ob der Bergmann ein Türke, ein Marokkaner, ein Italiener, Lothringer oder Saarländer war. Nicht nur die Mahlzeiten, sogar die Umgangssprache sei dieselbe gewesen: Unter Tage schwätze man, auch im lothringischen Abbaugebiet, den saarländisch-mosellaner Dialekt. Dieser engen Verbindung zwischen dem Saarland und dem Departement Moselle wurde im Museum über Tage viel Platz eingeräumt – Denn, so die Verantwortlichen, hier könnte etwas verloren gehen – das Zusammengehörigkeitsgefühl über die heutige Nationalgrenze hinweg, die es unter Tage sowieso nicht gibt. Für die Marpinger war es eine ganz neue Sicht auf ihre Region – nicht nur, dass für viele der Bergbau weit zurück im Dunkeln der Geschichte liegt, sondern auch, dass diese Grenze Richtung Westen lange Zeit wirtschafts- und mentalitätsgeschichtlich gar nicht existierte.

Die Gemeinschaftsschule Marpingen ist die erste, die diese von der Stiftung Demokratie angebotene Exkursion durchführte – mit großem Erfolg. So ist ihr ein „Glück auf“ zu wünschen, damit sich diese Chance auch weiteren jungen Saarländerinnen und Saarländern eröffnet.

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