Frauen-Union Saar: Rote Karte für Freier – für eine EM ohne Sexkauf

Brief an einen Freier

Symbolbild

Unsere Redakteurin Karin Schüßler unterstützt mit einem „Brief an einen Freier“ die Aktion der Frauen Union Saar sowie die Frauen Union bundesweit in ihrer Kampagne „Rote Karte für Freier – für eine EM ohne Sexkauf“, die von dem Bündnis Nordisches Modell e. V. konzipiert wurde. Damit soll für ein Sexkaufverbot, auch in Deutschland, geworben werden, so wie es bereits 1999 in Schweden eingeführt worden war.

Karin Schüßler ist Mitfrau von Terre des Femmes, besuchte 2016 die Weltfrauenkonferenz in Kathmandu in Nepal und 2019 den Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen, organisiert von Solwodi, einer internationalen Menschenrechts- und Frauenhilfsorganisation zur Beratung und Betreuung von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Sie steht in Kontakt zu dem ehemaligen Ermittler, Kriminalhauptkommissar Manfred Paulus, der bis 2003 im Bereich der Rotlichtkriminalität, des Frauen- und Kinderhandels und der Pädokriminalität tätig war. Zudem ist er Referent und Fachbuchautor zu den Routen und Mechanismen des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Frauen. (Quelle: Wikipedia).  

 

Brief an einen Freier

 

„Lieber Freier,

du bist vielleicht Arzt, Rechtsanwalt, Bauarbeiter, Klempner oder ohne Job. Du bist einer von Vielen, die Prostituierten aufsuchen, um Sex zu bekommen. Denn es gibt nicht DEN typischen Mann, der für Frauen bezahlt. Du denkst, es ist völlig in Ordnung, ein paar Euro auf den Tisch zu legen, sich eine Frau zu nehmen, wieder nach Hause zu fahren zu Ehefrau mit Kindern und dann von deinem harten Arbeitstag zu berichten. Vielleicht bist du aber auch im Fußball EM Fieber und weit weg von zu Hause oder aber du bist allein und niemand wartet auf dich. Und du denkst, dir steht zu, was alle haben oder bekommen, weil so viele es tun, weil es immer getan wurde, weil Prostitution das älteste Gewerbe der Welt ist und weil die Frauen, die das tun, total darauf stehen, Männer zu befriedigen. Oder du bist einer von denjenigen, denen einfach alles egal ist, wie es der Frau dabei geht, wenn es um etwas so Schönes geht wie Sex oder die „schnelle Nummer“. Oder vielleicht hast du gerade das Abi in der Tasche und du und deine Schulfreunde möchten, was mittlerweile „hip“ ist – den Schulabschluss im Bordell feiern.

 Du hast eine Mutter, eine Frau, eine Tochter, eine Freundin, eine Schwester?! Vielleicht wäre sogar für dich die Vorstellung unerträglich, wenn eine dieser  Personen von Menschenhändlern in ein Bordell gezerrt wird ohne Chance, dieser Situation entfliehen zu können, weil Pass und Handy weggenommen wurden, weil sie sich in einem fremden Land nicht verständigen kann, weil ihr gedroht wird, dass ihr oder einem Familienmitglied etwas Schlimmes angetan wird, sollte sie irgendwann darüber sprechen. Aus diesem Grund sind Kriminalstatistiken nicht aussagekräftig, denn Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sagen vor Gericht so gut wie nie aus.  

Viele Zwangsprostituierten wissen noch nicht einmal, in welcher Stadt sie sich gerade aufhalten, weil sie nach Wochen immer wieder weitergereicht werden, denn Männer wollen „Frischfleisch“ und nicht immer wieder dasselbe Gesicht und denselben Körper.

Die junge Frau vor dir, die dich so antörnt, kommt vielleicht aus Weißrussland, Rumänien, Bulgarien oder Nigeria, weil ihr versprochen wurde, im „gesegneten“ Europa eine Ausbildung machen zu können oder als Model ganz groß rauszukommen. Vielleicht gab es einen Mann, einen Loverboy, der ihr Liebe vorgaukelte und ein großartiges gemeinsames Leben versprach im „glitzernden“ Deutschland, dort, wo alle so reich und so glücklich sind. Raus aus der Armut auf dem Lande, rein in ein traumhaftes Leben. Und nun, im Bordell, steht sie vor dir, muss tausende von Euros abarbeiten für den Transport, die der angebliche Transfer gekostet hat und ist ohne Chance, wieder aus der „Nummer“ rauszukommen.

Zwangsprostitution in Deutschland? Darüber wird nicht geredet, obwohl bekannt ist, dass Deutschland als Puff Europas bezeichnet wird. Deutsche Prostituierte arbeiten angeblich selbstbestimmt. „Die Prostituierten aus dem Ausland wissen ganz genau, was sie hier erwartet“ (O-Ton im Gespräch mit einer Frauenbeauftragten). Und tatsächlich gibt es sie, die es (un-)freiwillig tun, weil es ihre einzige Chance ist, der Armut zu entfliehen. Und es gibt Andere, die sich auf diese Art ihr Studium finanzieren anstatt zu kellnern und es gibt diejenigen, die sich eine Louis Vuitton Tasche und die nächste Botox-Behandlung auf dem schnellsten Weg verdienen möchten. Und in der Tat gibt es Prostituierte, die diesen Job als den schönsten der Welt bezeichnen, um sich ihre eigene Welt schön zu reden. Von diesen Frauen ist hier nicht die Rede. Jede, wie sie mag. Ich rede hier aber über Frauen, die in Deutschland ihr Leben als Sex-Sklavinnen fristen und genau jetzt, wenn du das liest, Männer bedienen müssen, vor denen sie sich ekeln.  

Ich sehe dich als potenziellen Kriminellen, denn du bist das letzte Glied krimineller Machenschaften, die junge Frauen aus ländlichen Regionen Osteuropas oder Afrikas nach Deutschland verschleppen, um damit das große Geld zu machen. Du magst dir keine Gedanken darüber machen, weil dir das Schicksal von Zwangsprostituierten egal ist. Du hast Lust auf eine Frau und du nimmst sie dir, ob im Bordell oder auf dem Straßenstrich. Und du wirst wahrscheinlich auch meinen Brief an dich nicht lesen, denn dann müsstest du dich in Frage stellen. Sollte mein Brief dennoch Männer erreichen, so bitte ich um Einflussnahme, denn keine Frau hat das Leben als Sex-Sklavin verdient. „Wann ist ein Mann ein Mann?“ aus dem Song „Männer“ von Herbert Grönemeyer – mit Sicherheit nicht, wenn er Frauen entwürdigt, verletzt, zerstört!“

Ich frage mich, was spätere Generationen zum heutigen Mädchen- und Frauenhandel sagen werden! Deutschland, das Land, das Menschenhändlern und Zuhältern ohne Widerstand alle Türen öffnete? Deutschland, das Bordell Europas? Manche werden sagen: „Prostitution wird es immer geben!“ Vielleicht haben sie Recht damit. Aber wir können die Freiheit zur Selbstbestimmung weniger sich freiwillig prostituierender Frauen nicht als Maßstab für unser demokratisches Verständnis nehmen. Wir müssen die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft schützen, die täglich in der traumatisierenden Situation stecken, Männer sexuell bedienen zu müssen und dabei sowohl groben körperlichen als auch schweren seelischen Schaden nehmen! In Indien befreien Mitglieder der Organisation „Rescue Foundation“ Mädchen und junge Frauen aus der Zwangsprostitution. Was geschieht in unserem Land? Hier ist der Staat gefordert. Denn noch immer gilt der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Dies sind die Forderungen der Frauen Union Saar sowie der Frauen Union bundesweit in Anlehnung an das Bündnis Nordisches Modell e.V.:

Kein Heimspiel
Die meisten Frauen in der Prostitution kommen aus den ärmsten Ländern nach Deutschland. Menschenhändler und Zuhälter nutzen ihre Notsituationen aus.

Kein Event
Zu großen Sportevents werden unzählige Prostituierte in die Austragungsorte gebracht. Die meisten von ihnen unter falschen Versprechungen.

Kein Fairplay
Frauen erleben in der Prostitution schwere physische und psychische Gewalt.
Sie werden genötigt zu tun, was der Freier will. Er hat das Geld und damit die Macht.
In der Prostitution gibt’s kein Fairplay. Darum gehören Freier ins Abseits: Freier nutzen die Notlagen der Prostituierten aus.
Freier nehmen in Kauf, dass die Frau unfreiwillig in der Prostitution ist.
Freier bewerten Prostituierte wie eine käufliche Ware.
Freier riskieren, Prostituierte zu verletzen.
Freier fügen Prostituierten unmittelbar gesundheitlich Schaden zu.
Freier sind allein mit der Prostituierten und niemand schaut hin.

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