Mit der Vorstellung des Radverkehrskonzepts der Kreisstadt St. Wendel stieß Geschäftsführer des Ingenieurbüros BSBI Bard + Sauter GmbH Jörg Bard in der Sitzung des Stadtrates am vergangenen Donnerstag eine rege Diskussion unter den Parteien an, welche letztendlich doch in einen einstimmigen Beschluss mündete.
Das Radverkehrskonzept umfasst insgesamt 10 Inhalte, von den allgemeinen Vorteilen des Radverkehrs, über die Bestandserfassung und das Bedarfskonzept bis hin zu einem Netz aus 9 Hauptrouten und 7 Nebenrouten. Die Hauptrouten erschließen hierbei den äußeren Kreis, die Stadtteile, wobei die Nebenrouten dazu dienen sollen im Stadtzentrum verschiedene Verkehrsbeziehungen zu gewährleisten. Die Hauptrouten schließen dabei Strecken wie Winterbach – St. Wendel oder Niederkirchen – Hoof – Leitersweiler – Urweiler – St. Wendel bis hin zur Strecke Bliesen – St. Wendel – Winterbach ein, wobei Route 9 wieder an Route 1 anschließt. So soll eine sternförmige Route rund um die Kreisstadt entstehen, wobei die Hauptrouten jeweils Anschlüsse an die innerstädtischen Nebenrouten gewährleisten.
Für die verschiedenen Wege wurden jeweils tabellarische Analysen erstellt, die die Breite, Länge, Geschwindigkeit, Infrastruktur sowie Anmerkungen und Maßnahmen berücksichtigen, womit für jede Route ein passendes Konzept erarbeitet werden konnte. Hierzu gehören mögliche Änderungen in der Verkehrsführung, wie das Schaffen von Einbahnstraßen. Zudem ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Verkehrsteilnehmer*innen in Knotenpunkts-Bereichen die gegenseitige Aufmerksamkeit und Wahrnehmung beherrschen, die mit entsprechenden Markierungen gefördert werden könnte. Auch der ruhende Verkehr ist ein zentrales Thema, welches die Radabstellmöglichkeiten mit einbezieht. An Busbahnhöfen beispielsweise könnten Anlehnhalter errichtet werden, je nach Standort sind auch komfortable Alternativen, absperrbar und überdacht, denkbar.
Für Torsten Lang (SPD) ist das Radwegekonzept ein wichtiger erster Schritt, er betont aber, dass das Konzept nur ein Anfang sein kann. Die SPD lobt, dass das Konzept realistisch ist und bereits verbessert wurde, wünscht sich dennoch mehr Ambition. Die Fahrradstraßen zum Beispiel würden in dem Konzept zwar erwähnt werden, es gäbe jedoch keinen konkreten Vorschlag für St. Wendel. Hier würde sich laut Lang anbieten die Verbindung aus der Innenstadt in Richtung der Schulen Cusanus Gymnasium und Gymnasium Wendalinum über die Gymnasialstraße und Schorlemerstraße dahingehend zu prüfen.
Das Fehlen der als sehr wirkungsvoll gelobten Fahrradstraßen in den umzusetzenden Maßnahmen ist laut Sören Bund-Becker auch für die Grünen enttäuschend. Bund-Becker kritisierte auch weitere inhaltliche Mängel: „Das Konzept enthält als Maßnahmen vor allem Fahrbahnmarkierungen und etwas besser geteerte Feldwege. Lediglich zwei bauliche Radwege sollen angelegt werden, diese sind aber teils schon seit über einem Jahrzehnt in der Planung, also keine Neuerung durch das Konzept. Radsymbole und besser gekennzeichnete Streifen können zwar helfen“, so Bund-Becker weiter, „insbesondere an neuralgischen Punkten wie der Tholeyer Straße oder der Mommstraße sind diese aber bei weitem nicht ausreichend. Hier bedarf es weitreichenderer Lösungen und Maßnahmen, die den Radverkehr sicherer und einfacher machen.“
Die CDU sieht das Gesamtkonzept als gelungen an und stimmt dem Konzept zu, da es realistisch wäre, entgegen utopischen Zielvorstellungen in Millionenhöhe. Sebastian Schorr (CDU) betont dennoch, dass es auch für seine Partei ein noch offenes Konzept ist, eine Zielplanung, die es immer noch erlaubt Verbesserungsvorschläge anzunehmen. Wichtige Punkte wären hierbei die Sichtbarmachung des Radfahrers aber auch der Neubau der Fahrradwege zwischen Oberlinxweiler und St. Wendel wie auch das lang umkämpfte Thema des Radweges zwischen Urweiler und St. Wendel. Die CDU ist zudem gegen eine einspurige Verkehrsführung in der Jahnstraße und auch gegen eine allgemeine 30er Zone in ganz St. Wendel.
Joachim Zerfaß (Die Linke) ist dementgegen im Sinne des Klimaschutzes für eine solche 30er Zone. Er begrüßt darüber hinaus ebenfalls das Radverkehrskonzept, kritisiert aber ähnlich wie die Grünen, dass das Konzept ohne den Einbezug der Öffentlichkeit fertiggestellt worden ist. Die Neugestaltung der Bahnhofstraße wie auch der Schule in Alsfassen solle laut Zerfaß mit in das Konzept aufgenommen werden. Insgesamt stimmt Die Linke diesem zu, erachtet es aber auch als mutlos.
Alle Parteien stimmen außerdem der Ernennung eines Mobilitätsbeauftragten zu, welcher alle Belange des Verkehrsraums und dessen Beteiligten im Blick haben soll. Für Stephan Rieth (FDP) stellt sich die große Frage, ob das Konzept die Bürger*innen dazu einladen wird das Angebot letztendlich auch zu nutzen. Jörg Bard entgegnet dieser Skepsis mit einem Leitspruch: “Wer gut ausgebautes Radwegekonzeptnetz säht, der wird letzten Endes auch Radverkehr ernten.”