Ein magischer Ort, der in der Vorweihnachtszeit die Herzen von Jung und Alt höherschlagen lässt, feiert in diesem Jahr ein besonderes Jubiläum: Der St. Wendeler Zwergenwald wird 25 Jahre alt. Hanna Schmitt, Mitglied des Gründerteams, gewährt uns im Rahmen eines Interviews Einblicke in die faszinierende Entstehungsgeschichte und die liebevolle Gestaltung dieser einzigartigen Szenen.

Die Magie der Anfänge: Inspiration aus Bad Schwartau und dem eigenen Dorfleben
Die Idee zum Zwergenwald entstand aus dem Wunsch, die St. Wendeler Oberstadt während des Weihnachtsmarkts zu beleben. Der damalige Bürgermeister Klaus Bouillon suchte nach einer originellen Idee, und der Leiter des Stadtmarketings, Herr Becker, reiste dazu durch Deutschland und brachte die Inspiration aus Bad Schwartau mit, wo er eine ähnliche Installation entdeckt hatte. Das Gründerteam aus Urweiler, zu dem auch Hanna Schmitt gehört, wurde eingeladen und reiste nach Bad Schwartau, um sich von den dortigen Zwergen inspirieren zu lassen. Das Team bestand aus Mitgliederinnen der damaligen Bastelgruppe, die von Mechthild Marx geleitet wurde, und weiteren talentierten Menschen, die ihren Beitrag zum Zwergenwald leisten konnten. So auch der berühmte Maler und Krippenbauer Karl Heindl, der einige Szenen, aber auch vor allem das imposante Eingangstor zum Wald gestaltet hat.
Die Themen für die einzelnen Szenen wurden an örtlichen Begebenheiten vom Tante-Emma-Laden über die Schule bis hin zur Mühle angelehnt, und so entstand ein Spiegelbild des Urweiler Dorflebens.
Die Geschichte des Waldes, festgehalten auf einer Tafel am Eingang, wurde sogar für internationale Gäste übersetzt, um die Vielfalt der Besucher während des St. Wendeler Weihnachtsmarkts zu begrüßen. Englisch, französisch – und sogar saarländisch – sind nun vertreten.
Handwerkskunst und Liebe zum Detail: Die Erschaffung der Häuser und Figuren
Die Häuser des Zwergenwaldes, von denen es mittlerweile 19 gibt, wurden vom Bauhof der Stadt St. Wendel gebaut und vom Team des Zwergenwaldes mit Leben gefüllt.
Jedes Haus erzählt seine eigene Geschichte, und die Figuren, aus Holz und Styropor gefertigt, werden mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Dank der Scharniere sind sie frei beweglich. Die Köpfe aus Styropor werden Tonmasse umhüllt und modelliert. Dann können die Zwerge angemalt, mit Haaren und Kleidung versehen und wetterfest besprüht werden. Männer im Team investierten viel Zeit in den Bau der Inneneinrichtung, Möbel, Treppen und die Mechanik, sodass Mühlenräder sich drehen und Zwerge lebendig wirken und tanzen können. Die Frauen des Teams nähten die Kleider und modellierten die Figuren.
Das allererste Häuschen, zu finden gleich zu Beginn der Ausstellung, läuft seit 25 Jahren und hat noch nie Probleme gemacht, so Hanna Schmitt stolz. Dass sie jedes Häuschen liebt merkt man sofort, ihr persönlicher Favorit ist Luises Schloss-Café, nicht nur wegen der St. Wendeler Stadtgeschichte, sondern auch wegen ihrer eigenen Verbindung zu Luise, die sie bereits bei Aufführungen im Mia-Münster-Haus St. Wendel verkörpern durfte.
Besondere Herausforderungen brachten die Jahre mit sich, besonders der Verlust einiger Gründungsmitglieder. Hanna Schmitt und ein weiteres Mitglied sind die letzten Urgesteine des Teams. Es gestaltet sich schwierig, Nachfolger zu finden, die sich mit der gleichen Hingabe für die Gestaltung der Szenerien einsetzen.

Lebendige Tradition: Geschichten und Bezüge in jedem Winkel
Die Häuser im Zwergenwald sind wahre Kunstwerke, sorgfältig und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. In jedem Winkel lassen sich Bezüge zu St. Wendel und dem Saarland entdecken. Ein Blick in den Kaufladen offenbart beispielsweise Miniaturausgaben von Maggi-Gewürz und Lyoner. Der Bahnradweg St. Wendeler Land und die Stadtmauer finden sich als liebevolle Hinweise auf die Stadt.
Der Zwergenwald bleibt stets lebendig und aktuell. Dabei scheut das Team nicht davor zurück, gesellschaftlich relevante Themen einzubauen. So zeigt eine Szene im Krankenhaus Zwerge, die Masken tragen. In der Waldszene hält eine Umweltschützerin ein Schild hoch: „Haltet den Wald sauber“– subtile und zeitgemäße Anpassungen.
Auch die persönlichen Bezüge der Teammitglieder werden nicht vergessen. Mitgründer Alfons Schmitt ist beispielsweise im Friseursalon „Alfonso“ verewigt, während Hanna Schmitts Bruder als Arzt im Krankenhaus steht – mit 33 Zwergen die größte Szene im Zwergenwald.
Außerdem neu: Der Künstler und Krippenbauer Karl Heindl wurde in einem Häuschen verewigt, als Hommage an seinen künstlerischen Beitrag zum besonderen Charme der Häuser „Karl Heindl darf und soll hier seinen Platz haben.“ Die Figur hat Hanna Schmitt nach seinem Antlitz modelliert und ihm zum 70. Geburtstag geschenkt. Nach seinem Tod und jetzt zum 25. Geburtstag des Zwergendwald befindet sich der Karl-Heindl-Zwerg nun in der Rad-Szene, deren Hintergund der Künstler gemalt hat – Seine Figur steht natürlich an der Staffelei.
Zauberer Kalibo hat seinen Platz passenderweise in der Marktszene gefunden, denn vom St. Wendeler Weihnachtsmarkt ist er nicht mehr wegzudenken, was den Zauberer laut Hanna Schmitt sehr gerührt hat.
Im Schlosscafé Luise sind die Royals in Form der Queen und Prinz Charles zu Besuch, die zusammen mit Altkanzlerin Merkel einen Tee genießen – alle haben über die Geschichte oder durch Besuche einen Bezug zu St. Wendel.
Diese kleinen, aber bedeutsamen Details tragen dazu bei, dass der Zwergenwald nicht nur eine nostalgische Ode an die Region ist, sondern auch ein lebendiges Abbild aktueller Geschehnisse. Die Einbindung von persönlichen Geschichten und die kontinuierliche Anpassung an gesellschaftliche Ereignisse machen den Zwergenwald zu einem immer wieder überraschenden Erlebnis für Besucher jeden Alters.
Die Geschichte wird erzählt
Das Team bietet Führungen, beispielsweise für Schul- und Kindergartengruppen an. die über die Stadt gebucht werden können. Hanna Schmitt, die jedes Haus und jeden Zwerg persönlich kennt, sagt: „Der Zwergenwald lebt durch die Geschichten. Wir haben uns bei allem was gedacht. Das Krankenhaus haben wir dann Corona-Konform gemacht, was uns ganz wichtig war. Die Zwerge sollen sich ja nicht anstecken, die sind ja wie unsere Kinder. Ich kenn hier jeden Zwerg und das hier ist mein Advent schon seit vielen vielen Jahren. Ich sehe die strahlenden Kinderaugen, ich sehe die Erwachsenen, die ein Lächeln im Gesicht haben. Das bestärkt mich darin kreativ zu sein.“
Für die Führungen denken sich die Schöpfer der Zwerge aus diesem Grund gerne auch mal ganz besondere Aktionen aus, wie beispielsweise eine Schnitzeljagd durch den Zwergenwald.
Ein Blick hinter die Kulissen: Restaurierung und Schutz vor Mäusen
Nachdem die zauberhafte Zeit im Zwergenwald vorüber ist, finden die liebevoll gestalteten Häuschen ihren Weg zurück in eine städtische Halle. Um den Erhalt der filigranen Details sicherzustellen, werden die Häuschen mit Mäusegittern versehen. Über die Jahre hat das Team viel dazugelernt: Mäuse haben eine Vorliebe für die Wolle und den Filz, aus denen die Kleidung der Zwerge zu Beginn gefertigt wurde. Manch aufmerksamer Besucher kann sogar noch die Spuren dieses kleinen Nagetierinteresses an der ein oder anderen Figur erkennen, was einen charmanten Teil der Zwergenwaldgeschichte ausmacht und zur Nostalgie beiträgt.
Die Umstellung von Wolle und Filz auf Stoff hat sich als wirksame Lösung erwiesen, um den kleinen Nagezähnen der Mäuse zu trotzen. Nachdem die Häuschen sicher vor den gefräßigen Besuchern geschützt sind, widmet sich das Team der aufwendigen Aufgabe der Restaurierung. Dabei werden nicht nur eventuelle Schäden behoben, sondern auch neue kreative Ideen eingearbeitet, um den Zwergenwald in der kommenden Saison mit frischer Magie und bezaubernden Details zu bereichern.
Wohltätigkeit und Gemeinschaftssinn: Spenden für Kinder in Not

Der Eintritt zum Zwergenwald ist frei, damit Kinder und Familien den Ort über die kurze Zeit des Weihnachtsmarkts hinweg so oft besuchen können, wie sie möchten. Hanna Schmitt betont: „Das haben wir bis heute so durchgezogen und den Spendenzweck dazu auch immer selbst ausgesucht.“ Jahr für Jahr werden Spenden für Kinder in Not gesammelt, und über die letzten 25 Jahre kamen bereits weit über 100.000 € zusammen, schätzt Hanna Schmitt. In manchen Jahren werden einzelne Spendensummen im fünftstelligen Bereich erzielt.
Geld gesammelt wird jedes Jahr über den Spendenzwerg, der im Rundgang durch den Zwergenwald am gleichzeitigen Anfang und Ende zu finden ist. Die Spenden aus diesem Jahr gehen an den Förderverein „Kleine Hände e.V.“ und an das Projekt „Herzenswünsche“.
Ein lebendiges Märchen: 25 Jahre Zwergenwald und die Zukunft
Der St. Wendeler Zwergenwald ist nicht nur ein zauberhafter Ort auf dem beliebten St. Wendeler Weihnachtsmarkt, sondern auch ein Zeugnis von Gemeinschaft, Kreativität und Nächstenliebe. In seinen liebevoll gestalteten Szenen spiegelt sich die Geschichte und Verbundenheit zu unserer Region wider – eine Tradition, die noch lange Zeit die Augen von Groß und Klein zum Leuchten bringen soll. Vielleicht entsteht ja bald das Häuschen Nummer 20…





