Eigentlich bin ich selbst schuld, dass ich keine Igel in meiner Gartenanlage habe.
Trotzdem denke ich, früher gab es doch mehr von den putzigen Igeln, die überall rumliefen.
Ich denke da an meine Jugendzeit, die 50er und sechziger Jahre.
Wenn ich meine Gartenanlage sehe … kurz geschorener Rasen, die Hainbuchenhecke wie mit einem Lineal schnurgerade mit der Heckenschere geschnitten.
Die Sträucher buschmäßig wie mit einer Schablone geformt.
Die Blumenecken nach den Monaten ausgerichtet zum Blühen.
Eine Freude für mein Auge und meine Seele.
Alles schön geordnet, ein Genuss für meine Sinne.
Passend zu allem dann noch die Sitzecke mit Polster und der höhenverstellbare Sonnenschirm mit Beleuchtung und Wärmestrahler.
Dieses Ambiente wird dann noch mit einem fünfflammigen Gasgrill abgerundet.
Ein Traum zum Entspannen.
Da frage ich mich; wenn ich jetzt ein Igel wäre, dann würde ich mich hier überhaupt nicht wohlfühlen.
Keine aufgestapelten Äste, kein Moos zum Kuscheln für den kleinen Nachwuchs, keine Blätter und vor lauter Sauberkeit keine Würmer und sonstiges Kleingetier wie Käfer, Raupen und Insektenlarven.
All das bevorzugt ein Igel zur gesunden Ernährung und der Aufzucht ihrer Jungen.
Ein Igel kann in den meisten Gärten keine Behausung zum Überwintern und zur Aufzucht der Jungen bauen.
Unsere Gärten und Rasenanlagen sind nach Plan angelegt und gepflegt.
Ein abgefallenes Laubblatt wird sofort weggeblasen oder aufgerechelt.
Gott sei Dank, neben unserer Gartenanlage befindet sich ein ungenutztes Grundstück, auf das ich dann meinen Grünschnitt, Laub, Äste und auch verblühte Blumen bringe.
Auf diesem Grundstück mähe ich ca. 2 Meter von der Hecke alle Dornen und Geäst ab, damit nur nichts durch die Hecke auf das Grundstück wächst.
Eigentlich wäre hier auf diesem Grundstück der ideale Lebensraum für einen Igel.
Die Fläche ist ca. 400 qm groß und alles Bio.
In der Mitte sogar mit einem Bachlauf (Gombach).
Also ein Eldorado für eine Igelfamilie, aber es ist einfach kein Igel weit und breit zu sehen.
Ab und zu gräbt sich ein Maulwurf von der anderen Seite der Hecke und genau auf unserer schön gepflegten Rasenfläche taucht er auf, um mich zu ärgern.
Vielleicht will er auch nur einmal schauen was ich in meiner Anlage so alles mache.
Rosen und andere Blumengewächse wie Hortensien, Tulpen und auch Stauden wie Lavendel und Fuchsien sind an verschiedenen Stellen und um die Laube herum platziert.
Tomaten stehen geschützt vor Regen an der Laubenwand.
In dem Hochbeet werden verschiedene Salatsorten, Petersilie und Lauch gesetzt und gepflegt.
Vögel werden auch regelmäßig gefüttert, da kommen nicht nur Spatzen, Meisen und Amseln, nein da kommen auch Raben, Tauben, Buntspechte und auch Eichhörnchen, aber keine Igel und auch keine Fasane und Rebhühner.
Letztgenannte Tiere aus der Fauna Deutschlands habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen.
Den Rebhühnern in Deutschland wird der Lebensraum durch die großflächigen Anbaumaßnahmen der Landwirtschaft genommen.
Auch das Auftragen von Pestiziden und anderen chemischen Produkten der Chemieindustrie zur Bekämpfung von Unkraut und zur Wachstumsregulierung der Pflanzen.
Zur Bekämpfung des Unkrautes wird auch Dicamba und Glyphosat auf den Feldern aufgetragen.
Zur Bodenverbesserung benötigt man Zusatzstoffe wie Kalk und Chelate.
Dies sind alles andere als bevorzugte Nahrungsergänzungsmittel für unser Niederwild und unsere Vögel.
Die Bestände an Hasen nehmen seit Jahrzehnten ständig ab.
In manchen Regionen sind die Bestände an Feldhasen sogar dramatisch zurückgegangen.
Die Gründe liegen klar auf der Hand: intensive Landwirtschaft, weniger Wildpflanzen und dadurch auch weniger abwechslungsreiche Felder.
Es gibt auf den großen Feldflächen keine Hecken oder Feldraine und schon gar keine Blühstreifen.
Der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden bedeutet weniger Insekten, Kräuter und auch Klee, dadurch weniger Nahrung für die Wildtiere und das Niederwild.
Nicht gerade förderlich für unsere Natur sind die Freizeitmöglichkeiten in der Natur und auch im Wald.
Teils nennt man das auch „Waldbaden“.
Schlimmer sind die Auswirkungen durch Jogger, Hunde, Fahrräder in offenen Landschaften und im Wald.
Fazit:
Auf der Suche nach einem Igel muss ich auch feststellen, dass das Artensterben nicht mehr weit weg ist, es ist schon vor unserer Haustüre.
Feldhasen, Igel, Rebhühner, Fasane und viele einheimischen Insekten, Wildbienen und Reptilien verschwinden zunehmend aus unserer Landschaft.
Deshalb ist Naturschutz kein Luxus, sondern Lebensschutz für uns selbst.
Wir alle müssen bewusster und verantwortungsvoller mit der Natur umgehen.
Dadurch bewahren wir auch die Vielfalt und unsere eigene Zukunft.
Manfred Johann
Tischler und Meister