Im Saarland regt sich Widerstand gegen die Einführung der sogenannten Bezahlkarte für Geflüchtete. Eine neu gegründete Initiative mit dem Namen „Nein zur Bezahlkarte“ kritisiert die landesweite Einführung der bargeldlosen Zahlungskarte scharf. Diese sei entmündigend, ausgrenzend und Teil einer repressiven Symbolpolitik, die mit der Idee einer offenen Gesellschaft nicht vereinbar sei.
Laut Initiative sei die Karte mit massiven Einschränkungen verbunden: So könnten Geflüchtete nur noch 50 Euro Bargeld pro Monat abheben. Einkäufe wären damit fast ausschließlich nur noch an Orten möglich, an denen Kartenzahlung mit Debitkarte akzeptiert wird. Das betreffe insbesondere den Kauf günstiger Alltagsgegenstände auf Flohmärkten, in Sozialkaufhäusern oder bei Kleinanzeigen. Auch juristische Hilfe, ärztliche Zusatzleistungen oder Mitgliedschaften in Vereinen würden durch die Bargeldbegrenzung erschwert.
Die Kritik richtet sich zudem gegen die politische Dimension des Projekts. Die Bezahlkarte diene laut der Initiative nicht der Verwaltungsvereinfachung, sondern sei Ausdruck einer migrationsfeindlichen Politik, die auf Abschreckung setze. Auch werde befürchtet, dass andere Sozialleistungen – wie das Bürgergeld – künftig ebenfalls über solche Karten abgewickelt werden könnten.
Solidarischer Tausch als praktischer Protest
Als Reaktion auf die Einführung hat die Initiative einen solidarischen Tauschmechanismus ins Leben gerufen. Geflüchtete Personen können Einkaufsgutscheine – etwa aus Supermärkten – gegen Bargeld eintauschen. Die Gutscheine werden anschließend an Unterstützerinnen und Unterstützer weitergegeben, die damit im Alltag einkaufen und so das System der Bezahlkarte unterlaufen helfen. Die erste Tauschaktion fand Anfang Juli statt. Grundlage dafür ist ein privater Spendenfonds, der als finanzieller Puffer dient.
In der Landeserstaufnahmestelle Lebach, in der derzeit über 700 Menschen untergebracht sind, seien Mitte Juni die ersten Karten ausgegeben worden. Ob bereits alle Bewohner davon betroffen seien, sei unklar. Die Initiative informiert vor Ort über ihre Arbeit und sucht derzeit weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter zur Unterstützung des Tauschsystems.
Kritik an offiziellen Begründungen
Zwar erkenne man das Argument der Verwaltungsvereinfachung prinzipiell an, jedoch rechtfertige dies nicht die massiven Einschränkungen der Teilhabe. Das häufig vorgebrachte Argument, Bargeld werde zur Finanzierung von Schleppern ins Ausland überwiesen, weist die Initiative zurück. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) überweisen nur etwa sieben Prozent der Geflüchteten Geld ins Ausland – und das unabhängig davon, ob sie staatliche Leistungen beziehen oder selbst erwerbstätig sind.
Die Initiative fordert stattdessen ein repressionsfreies Basiskonto für alle Geflüchteten – ohne Kontrolle, Einschränkungen oder stigmatisierende Sonderregelungen.
Weitere Informationen, Termine und Möglichkeiten zur Unterstützung veröffentlicht die Gruppe über ihre Social-Media-Kanäle oder per Mailkontakt unter info@neinzurbezahlkarte.saarland.