Nach unserem gestrigen Meeting in der wndn-Redaktion hat sich vor mir eine Bildunglücke aufgetan: Es besteht die Kontroverse, ob am 5. oder 6. Dezember Nikolaus gefeiert wird, sprich ob der Nikolaus die Stiefel erst für den Morgen des Nikolaustags oder bereits am Abend zuvor füllt. Letztere Option lag mir persönlich fern.
Unsere wndn-Community hat mich jedoch eines besseren belehrt. Nach unserer Instagram-Umfrage steht fest, dass 48% der Stimmen für den 5. Dezember und 52% für den 6. Dezember abgegeben worden sind. Ein solch knappes Ergebnis verlangt nach einer Aufklärung.
Der Heilige Nikolaus von Myra
Doch zunächst sollten wir uns besinnen, dass es am Nikolaustag nicht um die Geschenke geht, sondern darum, dem Heiligen Nikolaus von Myra zu gedenken, dessen Todestag der 6. Dezember ist. Nikolaus lebte um das Jahr 300. Er wurde in Lykien geboren und starb in Myra, wo er als Bischof wirkte. Um seine Person ranken sich zahlreiche Legenden, die ihn als den Barmherzigen enttarnen.
Zu den bekanntesten Legenden gehören die Erzählung über das Geldgeschenk aus dem Erbe seiner an der Pest verstorbenen Eltern, welches er einem Vater heimlich in die im Kamin aufgehängten Socken warf, damit dieser seine Töchter nicht zur Prostitution hergeben musste oder die Geschichte der drei zu Unrecht zum Tode Verurteilten Männer, die er retten konnte, indem er dem Kaiser im Traum erschien und um ihre Befreiung bat sowie die Legende von den Getreidehändlern, wonach Nikolaus bei einer Hungersnot in Myra nur 100 Scheffel Getreide von jedem der für den Kaiser in Rom bestimmten Schiffe erbat und versicherte, dass bei der Anlieferung nichts fehlen würde. So konnte Nikolaus die Gemeinde in Myra auf wundersame Weise jahrelang ernähren.
Der zweite Nikolaus
In der Figur des Heiligen Nikolaus sind jedoch zwei historische Personen zu einer verschmolzen. Neben dem Nikolaus von Myra gab es auch den Nikolaus von Sion, einem Ort in der Nähe von Myra, aus dem sechsten Jahrhundert. Dieser war Mönch, der erst Abt in Sion und später Bischof von Pinora wurde. Nikolaus von Myra sowie Nikolaus von Sion wurden beide schon früh als Wohltäter verehrt.
Der Kult um den Nikolaus verbreitete sich also spätestens ab dem sechsten Jahrhundert in der ganzen Christenheit. In der Ostkirche hieß er „Retter der Welt“ oder „Engel auf Erden“. Es entstehen zahlreiche Nikolauskirchen, Nikolauskapellen, nach ihm benannte Hospitäler und Klöster. Im Mittelalter wurde Nikolaus zum Nothelfer für Schüler, Liebende und Heiratswillige. Seefahrern galt er seither als Patron und Helfer bei Gefahren.
Wann kommt denn nun der Nikolaus?
Um die anfänglich gestellte Streitfrage, wann denn nun der Nikolaus komme, zu klären werfen wir einen Blick auf altkirchliche Traditionen: Diese besagen, dass der neue Tag bereits nach dem Sonnenuntergang beginnt und somit beide Bräuche legitim sind.
In Gedenken an den barmherzigen Nikolaus wollen wir ja auch nicht streiten und freuen uns über diese diplomatische Lösung, die gefüllten Stiefel und eine besinnliche Vorweihnachtszeit.