Marpingen. Beim Thema Bildung denkt man heute zumeist an Tabletts für alle, an smarte Klassenzimmer oder ein stabiles schulisches W-Lan-Netz. Doch Technik alleine macht aus Kindern noch keine verantwortlichen Erwachsenen. Auch die reine Konzentration auf Lernstoff führt vielleicht zu guten Abschlüssen, aber nicht automatisch zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern. In einer Zeit, in der sich Gewalt verbal auch im Internet breit macht, ist genau das wichtig, was seit einigen Jahren an der Gemeinschaftsschule Marpingen erprobt wird: Streitschlichtung durch die Schülerinnen und Schüler selbst, organisiert über eine Mediations-AG, und Anti-Mobbing-Programme durch eigens hierfür ausgebildete Lehrkräfte.
Nun wurde im Rahmen der ARD-Themenwoche Bildung die Marpinger Schule von einem Team des Saarländischen Rundfunks besucht, das über ein Vorzeigeprojekt umfassend berichtete: An zwei Tagen stand für jede der vier 5er-Klassen STIK auf dem Stundenplan: STIK steht für Stark im Konflikt und ist ein Gewaltpräventionsprogramm, das vom Landesinstitut für Pädagogik und Medien in Saarbrücken ausgearbeitet und in Marpingen von Mitarbeitern des LPM umgesetzt wurde. So erlebten die Zehn- bis Elfährigen in Rollenspielen, Standbildern und Kommunikationsspielen, wie man problematische Situationen auflösen kann, ohne dass die Spirale der Gewalt in Gang gesetzt wird. „Wir möchten vor allem die zwischenmenschliche Sensibilität und Anteilnahme der Kinder stärken, damit es erst gar nicht zur Eskalation der Gewalt kommt“, erklärt Vera Heintz, Koordinatorin in der Schulleitung. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, soziale und kommunikative Kompetenzen zu vermitteln. Das gelingt im Rahmen des STIK-Programms z.B. damit, dass eine Gewaltsituation als Standbild nachgestellt wird, in das dann die Kinder mit deeskalierenden Handlungsalternativen einsteigen können. Diese werden dann anschließend von allen besprochen und bewertet.
Noch wichtiger sei aber die Prävention. Das bedeute, auf andere zugehen zu können, Stärken und Schwächen richtig einzuschätzen und zu erfahren, was Gemeinschaft wirklich heißt: sich auf- und angenommen fühlen. Während des Drehs des SR zeigten die Schülerinnen und Schüler, was sie bereits gelernt hatten und entdeckten neue, bisher ungekannte Handlungsmöglichkeiten. Die Anwesenheit der Fernsehleute spornte an und ließ STIK zu einem besonderen Ereignis werden, das sicher auch in den kommenden Lebensjahren Früchte tragen wird. Das jedenfalls ist die Überzeugung der Verantwortlichen, dass während der aufziehenden Pubertät und im weiteren Leben Gewaltpotential frühzeitig erkannt und vor einer Eskalation abgebaut werden kann. Darin sollen die Marpinger Schüler stark gemacht werden. Denn die Prävention sei weitaus besser als die rückwirkende Aufarbeitung von Konflikten, so Vera Heintz und die Klassenlehrerin Eva Wagner. Die zehnjährige Flora vermutet, dass nun die kleinen Streitigkeiten in der Klasse schneller beigelegt werden können. Und alle sind sich einig, dass ein Sozialtraining für Schülerinnen und Schüler ein großer Gewinn sei. Man könne sich so besser kennenlernen und dadurch würde es gar nicht mehr zur Ausweitung von Konflikten kommen. Und nebenbei mache das Training auch Spaß. Und das ist für viele eine wichtige Motivation, auch beim fachlichen Lernen weiterzukommen.
Der Bericht wurde bereits in der Nachrichtensendung des SR ausgestrahlt und kann bis auf Weiteres über die Mediathek des SR eingesehen werden.