Für die jüngere Generation schein der Begriff „Heimatverbundenheit“ kaum noch eine große Rolle zu spielen. Dies liegt an Globalisierung und Digitalisierung, die Grenzen verschwimmen lässt und so lokale Zugehörigkeit nichtig zu machen scheint. Aber genau dann, wenn man seine Wurzeln hinter sich lässt und als Weltbürger überall zu Hause ist, was immer mehr Menschen als idealen Lebensstil erachten, genau dann gerät man in die Gefahr, seine eigene Identität zu verlieren und diese Identität wird maßgeblich dadurch bestimmt ,wo wir geboren und aufgewachsen sind, eben kurz wo unsere Heimat ist. Diese lokale Verbundenheit soll stärker in den persönlichen Vordergrund gerückt werden, gerade weil sie maßgeblich zur Identitätsstiftung beiträgt. In diesem Punkt sind sich wohl, alle am vergangenen Sonntag in der Bosener Mühle anwesenden Heimatkundevereine auf dem 3. Tag des St. Wendeler Landes einig.
Der Tag des St. Wendeler Landes gibt es seit 2010 und findet alle drei Jahre statt. Er gilt als Forum für die Heimatkundevereine der Region, um sich auszutauschen und ihre Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren. In diesem Jahr fand die Veranstaltung unter dem Motto „Persönlichkeiten des St. Wendeler Land“ statt, weshalb auch Referenten von außerhalb Vorträge über Personen hielten, die überregional gewirkt haben, jedoch alle eine besondere Verbindung zu St. Wendel haben. Auch zu sehen war eine Roll-up Ausstellung, in der jeder Heimatkundeverein die Geschichte einer von ihnen bestimmten Person aus dem zuständigen Ort präsentieren konnte. Insgesamt 13 Aufsteller ließen sich über den Tag hinweg bewundern. Umrahmt wurde das Event von mehreren Diskussionsrunden, einer schauspielerischen Darbietung sowie einen abschließenden Musikbeitrag.
Den Auftakt des Tag des St. Wendeler Landes machte Landrat Udo Recktenwald mit einer Begrüßung, in der er deutlich machte, wie wichtig die Arbeit der Heimatkundevereine und auch das generelle Interesse an dem historischen Hintergrund seines Heimatsortes sei und das diese unter anderen auch in Schulen den Kindern näher gebracht werden solle. „Der erste Wandertag muss ja nicht immer direkt nach Malllorca gehen“ er könne ja auch, so Hr. Recktenwald, zu regionalen Sehenswürdigkeiten gehen. Das Herstellen zu regionalen Bezügen in Schulen soll auch dadurch untermauert werden, dass die Ausstellung der Heimatkundevereine eine Wanderausstellung werden wird, die Platz in Schulen und andere kulturelle Einrichtungen finden wird.
Danach begann der erste Vortrag von Dr. Alfons Klein der über das Thema referierte. „ In St. Wendel geboren – mit St. Wendel verbunden – in der Welt Zuhause. “ Hierbei widmete er sich ganz zwei besonderen Persönlichkeiten, nämlich dem Komponist und Wiener Kapellmeister Phillip Jakob Riotte und dem Theologen und Kardinal Nikolaus von Keus. Beide Persönlichkeiten hatten ihren ganz eigenen Bezug zur Kreisstadt. Riotte gilt als „bedeutender Sohn von St. Wendel“ so Dr. Alfons Klein, da er hier geboren und aufgewachsen ist, während Nikolaus von Keus St. Wendel zu seinen Pfründen zählte.
Ihr Beitrag würdigte die Stadt St. Wendel mit zwei Bronzestaturen, die beide in der Innenstadt in der Nähe des Domes stehen. Desweiteren wurde das Cusanus Gymnasium nach Nikolaus von Keus benannt.
Es folgte eine Diskussionsrunde mit dem Landrat und dem Nohfelder Bürgermeister Andreas Veit, welche als Themenschwerpunkt die Heimatbandvereine und das Heimatgefühl generell hatte. Dabei erzählte Udo Recktenwald, dass die Regionalentwicklung laut Gesetzgeber keine festgelegte Aufgabe des Landkreises sei, sondern der Kommunen. Jedoch sei diese ihm wichtig, weshalb er die Kommunen freiwillig unterstütze. Bürgermeister Andreas Veit hob noch hervor, dass aufgrund der immer kleiner werdenden Dörfer es immer wichtiger werde, ortsübergreifende Vereinskooperationen wie z.B. Spielgemeinschaften zwischen Fußballvereinen zu unterstützen. Dies sei aber auch kein Grund weshalb das Heimatgefühl verloren gehe, so Veit, da man sich meist nicht ortsgebunden identifiziert, sondern mit der Region wie dem Schaumberger Land oder dem Landkreis St. Wendel.
Der Historiker und Schulfreund von Thomas Bruch, Bernhard W. Planz brachte im nächsten Vortrag die Familien- und Unternehmensgeschichte der Familie Bruch den Zuhörern näher. Er erzählte wie in alles mit Franz Bruch begann, der ein kleines Verkaufshaus betrieb, welches sich in den folgenden fünf Generationen zu einem auch im Ausland bekannten Großunternehmen entwickelte. Nicht nur durch den wirtschaftlichen Erfolg ging die Familie Bruch in die Geschichtsbücher der Stadt St. Wendel ein, sondern auch durch ihr umfangreiches soziales Engagement, das heute in der Globus Stiftung Ausdruck findet.
„Wendalinum wider das Vergessen“ lautete der nächste Programmpunkt, indem eine Schülergruppe des Seminarfaches der Klassenstufe 11 eine Präsentation über den ehemaligen Schüler ihrer Schule Fritz Berl vorbereitet hatte. Berl war ein jüdischer Junge, der ab 1935 die Knabenschule und somit das heutige Wendalinum besuchte. Nach der Reichskristallnacht, in der eine Hetzrede über ihn gehalten worden war, und er danach fast ins Konzentrationslager nach Dachau überführt worden wäre, verließ er als einer der letzten Juden Nazideutschland und flüchtete nach Haifa. Zeitlebens blieb er jedoch eng mit seiner Heimatstadt verbunden, weshalb er sie öfter besuchte.
In der nächsten Diskussionsrunde beteiligten sich Thomas Strömer vom Geschichtsforum Alsweiler sowie Niko Leiß vom Verein zur Erforschung des Schaumberger Landes in Tholey. Der thematische Schwerpunkt lag diesmal darauf, welche Arbeit die Vereine im Einzelnen leisten und wie versucht wird, diese für die Jugend zugänglich zu machen. Thomas Strömer berichtete in diesem Zusammenhang vom historischen Hiwwelhaus. In einem der ältesten Bauernhäuser im Saarland können Schüler z.B. in Ferienprogrammen gemeinsam mit einem Mitglied des Vereines 24 Stundem im Hiwwelhaus verbringen und hautnah erleben, wie das Leben zu dieser Zeit war.
„Eckstein ist Trumpf“ hieß die nächste Darbietung und zeigte eine ganz andere Form der Geschichtsaufarbeitung. Der Theaterverein „Edelweiß“ aus Hasborn – Dautweiler präsentierte vier Szenen aus dem Theaterstück „Eckstein ist Trumpf“. Dieses handelt von Nikolaus Warken, genannt Eckstein, der als Bergmann auf lustige Art und Weise sich gegen die grausamen Arbeitsbedingungen seiner Zeit wehrte und so zu seinem Spitznamen fand.
Über die Bereitstellung für Fördergelder zur Verwirklichung von Projekten der örtlichen Vereine wurde bei der dritten und letzten Diskussionsrunde gesprochen. Stefan Kunz, der Projektmanager bei Land(Auf)Schwung, seine Kollegin Tina Schwan, Koordinatorin des Bundesmodellprojektes „Zusammenhalt durch Teilhabe“ sowie Landrat Udo Recktenwald gaben hierbei Auskunft darüber, wie ein Verein an Fördergelder kommt und worauf bei den umzusetzenden Projekten geachtet werden muss. Zum einen gibt es hier für die Vereine die Möglichkeiten ihr Projekt finanziell durch einen Antrag beim Bundesmodellprojekt Land(Auf)Schwung zu unterstützen, welches strukturschwache Regionen fördern soll und zum anderen kann die Sparkassenstiftung auch Fördergelder bereitstellen. Wichtig ist hierbei, dass es sich um ein sinnvolles, realistisch umsetzbares und innovatives Projekt handele, mit der Idee zur Förderung der Gemeinschaft, wie Stefan Kunz erzählte. Sowohl die Sparkassenstiftung als auch Land(Auf)Schwung möchte hierbei auch Impulse für Zukunftsideen der Vereine geben.
Letzter Vortag des Tages war ein historischer Rückblick auf das Leben der Herzogin Luise von Dr. Josef Dreesen und begleitet von einer kritischen Anmerkung ihres Schicksals von der stellvertretenden Leiterin der ZDF – Redaktion Zeitgeschehen Dr. Ulrike Grunewald. Luise wurde 1824 von ihrem Ehemann, dem Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld nach St. Wendel verbannt, wo sie bis zu ihrem Tod lebte. Dass sie sich um die armen Kinder von St. Wendel kümmerte, mag wohl einer der Gründe sein, weshalb die Stadt ihr eine Bronzestatur auf der Treppe des Diensgebäudes gegenüber vom Cafe Journal gewidmet hat. Überregional wurde sie bekannt als Mutter von Prinz Albert, dem Mann der Königin Viktoria von England, weshalb sie die Stammmutter der heutigen Windsor Königsfamilie ist.
Der 3. Tag des St. Wendeler Landes endete mit der musikalischen Darbietung von Charles Gräber und Band „Mundart mit Schmagges“.