eine Reise durch die Stadtgeschichte

50 Jahre Kreisstadt St. Wendel: Videoreportage

Die Wendelinusbasilika, im VOlksmund auch "der St. Wendeler Dom" genannt
Die Wendelinusbasilika in St. Wendel (Foto: Anton Didas)

St. Wendel, tief im Herzen des Saarlands, hat eine beeindruckende Reise hinter sich – eine Reise, die vor über 50 Jahren begann und bis heute anhält. In den 1970er Jahren stand die Stadt am Scheideweg, als eine weitreichende Gebietsreform die Karten neu mischte. Was folgte, war ein tiefgreifender Wandel: Kleine, eigenständige Gemeinden wurden Teil der Kreisstadt, und die Menschen mussten sich mit neuen Realitäten auseinandersetzen.

Der Dokumentarfilm der Stadt beschreibt diese Reise:

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Die Gebietsreform: Der Beginn einer neuen Ära

Anfang der 1970er Jahre entschied die Landesregierung des Saarlands, dass es zu viele Gemeinden im Land gab. Eine Reform sollte aus 345 eigenständigen Orten 50 größere Einheiten machen. Besonders im ländlichen Raum bedeutete dies tiefgreifende Veränderungen. Viele Dörfer verloren ihre Eigenständigkeit und wurden zu Stadtteilen. Auch das Ostertal, das bis dahin eigene Pläne für eine Einheitsgemeinde hegte, wurde schließlich der Stadt St. Wendel zugeschlagen. Der Widerstand war groß: Protestaktionen, Autokorsos und Bürgerversammlungen prägten die Zeit.

„Da gingen die Wogen hoch“, erinnert sich ein Zeitzeuge aus dem Ostertal. Viele sahen ihre Identität bedroht, während andere hofften, durch den Anschluss an St. Wendel von besseren Infrastrukturen und Entwicklungsmöglichkeiten zu profitieren.

Die Stadt wächst zusammen – nicht ohne Hürden

Mit dem 1. Januar 1974 wurde St. Wendel um 15 neue Stadtteile erweitert. Doch mit dem neuen, größeren Verwaltungsgebiet kamen auch Herausforderungen. Die neu entstandenen Stadtteile mussten erst einmal in die Verwaltung integriert werden. Alte Ortsnamen wurden angepasst, da sich einige Straßennamen in den verschiedenen Dörfern mehrfach wiederfanden. Aus der Remmesweiler Straße wurde die Heckwies, aus der Werschweilerer Straße der Matzenberg. Auch die politische Struktur änderte sich: Anstelle der bisherigen Gemeinderäte und Bürgermeister übernahmen Ortsräte und Ortsvorsteher die lokale Verantwortung – allerdings mit deutlich weniger Entscheidungsspielraum als zuvor.

„Früher konnten wir direkt entscheiden, wo ein neues Baugebiet entstehen soll. Heute laufen alle wichtigen Entscheidungen über die Stadtverwaltung und den Stadtrat“, beschreibt ein ehemaliger Gemeinderatsmitglied die neue Realität.

Der Aufschwung der 80er: Ein Bürgermeister mit Visionen

Mit der Zeit stabilisierte sich die Situation, und die Stadt begann, neue Wege zu gehen. 1983 wurde Klaus Bouillon zum Bürgermeister gewählt, ein junger und ambitionierter Politiker, der entschlossen war, aus St. Wendel mehr zu machen als nur eine Kreisstadt. Bouillon setzte auf Events, Sport und Kultur, um die Stadt überregional bekannt zu machen. Sein Credo: „St. Wendel soll im Saarland und darüber hinaus bekannt werden.“

Unter seiner Leitung fanden große Open-Air-Konzerte statt, bei denen Stars wie BAP, Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen auftraten. Die Veranstaltungen lockten Zehntausende Besucher in die Stadt und machten sie für einen Moment zum Mittelpunkt des Saarlands. „Es war eine Zeit des Aufbruchs“, erzählt ein ehemaliger Stadtmitarbeiter, der an den Planungen beteiligt war. „Wir haben alles selbst organisiert – vom Bühnenaufbau bis zur Verkehrslenkung.“

Der schwierige Spagat zwischen Tradition und Moderne

Doch nicht alle waren begeistert von den neuen Entwicklungen. Die älteren Generationen sahen die Modernisierungswelle mit gemischten Gefühlen. Die Stadtentwicklung, die sich stark auf die Kernstadt konzentrierte, ließ die ländlicheren Stadtteile oft im Schatten stehen. „Die Kernstadt wurde schöner und moderner, aber in den Dörfern spürte man davon wenig“, bemerkt ein langjähriger Ortsvorsteher aus einem der äußeren Stadtteile.

Bouillon verstand es jedoch, auch die Kritiker ins Boot zu holen. Er pflegte den Dialog, lud Anwohner zu Gesprächen ein und brachte die verschiedenen Interessen in Einklang. Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung, die Altstadt zu erhalten und nicht durch moderne Bauten zu ersetzen – eine Entscheidung, die maßgeblich auf den Widerstand der Bürgerschaft zurückzuführen war.

Sportstadt St. Wendel: Ein internationales Aushängeschild

In den 1990er und 2000er Jahren gelang es St. Wendel, sich als Sportstadt zu profilieren. Internationale Mountainbike-Wettkämpfe, Duathlon-Events und schließlich die Tour de France 2002, die durch die Stadt führte, machten St. Wendel auch über die Grenzen des Saarlands hinaus bekannt. „Die Tour de France war die Krönung. Die ganze Stadt war auf den Beinen“, erinnert sich ein begeisterter Zuschauer.

Die sportlichen Großveranstaltungen brachten nicht nur internationale Aufmerksamkeit, sondern stärkten auch den Zusammenhalt der Stadtgemeinschaft. Viele Bürger halfen ehrenamtlich mit, ob als Helfer bei den Rennen oder als Organisatoren im Hintergrund.

Die Herausforderung der Konversion: Neue Chancen nach dem Abzug der Franzosen

Ein Einschnitt in der Geschichte der Stadt war der Abzug der französischen Garnison in den 1990er Jahren. Die Kasernen, über Jahrzehnte fester Bestandteil des Stadtlebens, standen plötzlich leer. Die Stadt stand vor der Aufgabe, das Gelände neu zu nutzen. Bouillon entschied sich für eine Kombination aus Gewerbe, Wohnen und Freizeitangeboten – darunter der Golfplatz, der zunächst auf großen Widerstand stieß, heute aber eine Erfolgsgeschichte ist.

„Die Leute haben am Anfang gesagt: Golf, das ist doch ein Sport für Reiche. Heute spielen viele von denen selbst Golf“, schmunzelt ein ehemaliger Mitarbeiter der Stadt.

Kontinuität und Wandel: Ein neuer Bürgermeister übernimmt

2015 ging eine Ära zu Ende, als Klaus Bouillon ins Innenministerium wechselte und Peter Klär sein Nachfolger wurde. Klär, der lange als CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat agierte, trat in große Fußstapfen. „Ich werde meinen eigenen Stil haben“, betonte er bei seinem Amtsantritt, doch die Grundausrichtung der Stadtentwicklung blieb erhalten. Projekte wie das neue Rathaus und die Weiterentwicklung des ehemaligen Kasernengeländes führte er fort.

Die Pandemie: Eine neue Art des Zusammenhalts

Die Corona-Pandemie stellte auch St. Wendel vor große Herausforderungen. Veranstaltungen, die stets das Herz der Stadt waren, mussten abgesagt werden. Bürgermeister Klär wandte sich mit Videobotschaften an die Bürger und hielt die Gemeinschaft zusammen. „Es war eine Zeit der Unsicherheit, aber auch eine Zeit, in der man gemerkt hat, dass die Menschen in Krisen zusammenrücken“, so Klär rückblickend.

Blick in die Zukunft: Was bringt das nächste Jubiläum?

2026 feiert St. Wendel 700 Jahre Stadtrecht. Ein Blick zurück zeigt, wie sehr sich die Stadt in den letzten 50 Jahren gewandelt hat. Doch die Herausforderungen bleiben: Wie kann man eine Balance finden zwischen einer lebendigen Kernstadt und der Entwicklung der ländlichen Stadtteile? Wie schafft man es, die Gemeinschaft zu stärken und gleichzeitig modern und attraktiv zu bleiben?

Die Menschen in St. Wendel sind zuversichtlich. „Hier gibt es eine Magie, die Menschen anzieht“, sagt ein ehemaliger Bewohner, der nach vielen Jahren in Berlin zurück in seine Heimat zog. Und vielleicht ist es genau diese Mischung aus Tradition und Veränderung, aus Heimatverbundenheit und Weltoffenheit, die St. Wendel so besonders macht.

St. Wendel ist mehr als nur eine Stadt – sie ist ein Spiegelbild einer Region im Wandel, die es geschafft hat, ihre Identität zu bewahren und gleichzeitig den Schritt in die Moderne zu wagen.

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