Niedergeschlagen, antriebslos und dauermüde? Die Tage sind kürzer und dunkler und das schlägt auf die Stimmung? Dafür kann die sogenannte Winterdepression verantwortlich sein. Mehr zu diesem Phänomen und den Möglichkeiten, sie zu überwinden, erfahrt ihr im folgenden Interview mit der Psychologischen Psychotherapeutin Eva-Maria Meiser-Storck, die in ihrer eigenen Praxis in Saarbrücken als Verhaltenstherapeutin arbeitet.
Wenn man aus dem Fenster sieht, ist es draußen grau und triste. Warum können Umwelteinflüsse eine solch starke Auswirkung auf unsere Psyche haben?
„Die dunkle Jahreszeit drückt bekanntermaßen auf unser Gemüt. Die veränderten Lichtverhältnisse im Herbst und Winter sind für eine vermehrte Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin verantwortlich, was nicht nur müde macht, sondern auch unseren Antrieb stark mindern kann. Zusätzlich produziert unser Körper weniger Serotonin, ein Botenstoff, der umgangssprachlich auch „Glückshormon“ genannt wird und unter anderem unsere Stimmung und unsere Emotionen mitsteuert.“
Frau Meiser-Storck, was sind ganz typische Anzeichen für das Vorliegen einer Winterdepression?
„In den Herbst- und Wintermonaten sind viele Menschen nicht nur müde, antriebslos und demotiviert, sondern auch negativ gestimmt, traurig und nahezu energielos. Viele neigen dazu sich zu Hause zu verkriechen, schlafen viel, gehen kaum noch an die frische Luft. Wegen Corona fehlen soziale Kontakte oder sie werden vernachlässigt. Zudem kann gesteigerter Appetit und Heißhunger auf Süßigkeiten hinzukommen. Fehlt unserem Gehirn Serotonin, versucht es natürlich diesen Mangel schnellstmöglich
auszugleichen und wenn wir Süßes essen, hebt dies kurzfristig unsere Stimmung. Zur dunklen Jahreszeit ist das Verlangen nach Zucker also nicht ungewöhnlich, aber wenn der Drang nahezu nichts zu tun, außer vermehrt zu schlafen und zu essen ausartet, kann professionelle Hilfe helfen.“
Manche Symptome klingen ähnlich wie die einer „normalen“ Depression – Was ist der Unterschied zwischen einer „Depression“ und einer „Winterdepression“?
„Wie der Name schon verrät, treten reine Winterdepressionen ausschließlich zu den düsteren, kalten Jahreszeiten auf und verschwinden in den sonnenreicheren und wärmeren Monaten meist automatisch wieder. Eine Depression hingegen, tritt unabhängig von Wetterbedingungen auf und ist kein Stimmungstief oder eine kurzweilige Phase der Niedergeschlagenheit. Betroffene sind in ihrem Denken, Fühlen und Handeln eingeschränkt und leiden darunter stark. Im Falle einer Winterdepression kann man sich zeitweise auch sehr schlecht fühlen, findet aber meistens selbstständig wieder den Weg aus dieser Negativ-Spirale, was bei Menschen mit anderen klinisch relevanten Depressionen nicht immer funktioniert.“
Was können wir tun, um der negativen Stimmung entgegenzuwirken?
„Triste Tage laden regelrecht dazu ein, sich zu Hause einzukuscheln und nichts zu tun, was jedoch auf Dauer problematisch für unser Wohlbefinden werden kann. Es ist wichtig seine Tage zu strukturieren und sich auch an seinen freien Tagen etwas vorzunehmen. Sei es ein schöner Ausflug, kreative oder sportliche Betätigung oder sonstige Tätigkeiten, die uns ablenken.
Bewegung, insbesondere an der frischen Luft, wirkt sich nachweislich positiv auf unsere Psyche und unseren Körper aus. Nach dem Sport fühlt man sich wacher, fitter und besser. Es muss nicht mal Nordic Walking, Laufen oder Radfahren sein- selbst Spaziergänge können schon helfen uns auf andere Gedanken zu bringen.
Neben dem Aspekt der Bewegung im Freien, können auch das Licht und die Helligkeit in der Natur dazu beitragen, dass sich unsere Stimmung hebt. Darüber hinaus gibt es spezielle Lichttherapien, die Tageslicht simulieren und nach regelmäßiger Anwendung vielversprechende Auswirkungen auf unser Wohlergehen haben.
Scheut euch nicht, euch an Freunde, Familie oder sonstige Sozialpartner zu wenden. Auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn ihr die beschriebenen Verhaltens- oder Stimmungsänderungen bemerkt, ist keine Schande.“