WFG-Wirtschaftskolumne: Geschenktes Geld?

Julian Schneider Wirtschaftskolumne
Kolumnist: Julian Schneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH

Sie wurden auf frischer Tat ertappt! Beim Stichwort Geld haben Sie sicherlich voller Vorfreude auf diesen Artikel geklickt. Womöglich leuchten gerade die Dollarzeichen in Ihren Dagobert Duck-Äuglein giftgrün auf und Sie erhoffen sich nun kostenlose Millionengewinne. Seien wir ehrlich – wer will es Ihnen schon verübeln? Geld ist in unserer Welt nicht nur ein Tausch- und Zahlungsmittel, sondern auch ein Instrument, um Werte aufzubewahren und nachhaltig aufzubauen. Wird dann auch noch von geschenktem Geld gesprochen, ist die Neugierde unweigerlich geschürt. Einem geschenkten Gaul schaut man schließlich nicht ins Maul. Doch bewahrheitet sich dieses Sprichwort in allen Situationen und bei jedweder Finanzierungsart?

Wenn wir das Augenmerk auf öffentliche Fördermittel richten, bringt der zweite Blick die gewinnbringenden Erkenntnisse. In der Bundesrepublik Deutschland werden jährlich eine Vielzahl an Förderprojekten umgesetzt und Zuschussprogrammen bereitgestellt. Dennoch bleibt ein Teil dieser „geschenkten Gelder“ unberührt zurückgelassen und wird von den potenziellen Zielgruppen nicht abgerufen. Es bewahrheitet sich das Bild, dass die Meinungen zu Fördergeldern sehr geteilt sind. Für die einen stellen Förderprogramme eine hervorragende Möglichkeit dar, um unternehmerische Vorhaben kofinanzieren zu können. Für die anderen sind staatliche Förderprogramme ein bürokratischer Bremsklotz, der die Unternehmer auf halber Strecke verdursten lässt. Wo liegt nun die Wahrheit in der ganzen Chose und wann wird überhaupt von einer öffentlichen Förderung gesprochen?

Allgemein formuliert sind Förderprogramme eine finanzielle Unterstützung durch den öffentlichen Sektor (EU, Bund, Land oder Kommunen). Die finanzielle Förderung wird als Zuschuss, Bürgschaft oder sehr günstiges Darlehen bereitgestellt. Förderprogramme sind häufig mit einer gesamtgesellschaftlichen bzw. gesamtwirtschaftlichen Zielsetzung verbunden. Nachstehend sind einzelne Beispiele solcher Zielsetzungen aufgelistet: Stärkung des Klimaschutzes, Steigerung des Digitalisierungsgrads, Erhöhung der regionalen Wertschöpfung oder Förderung der Innovationsfähigkeit. Bei uns im ländlichen Raum geht es häufig um den Ausgleich struktureller Defizite im Vergleich zum städtischen Raum. Die EU stellt für den Zeitraum von 2021 bis 2027 im Rahmen des sogenannten Regelfinanzrahmens Zuschüsse in Höhe von über einer Billion Euro zur Verfügung. Aufgrund der Corona-Pandemie sind über den sogenannten Wiederaufbaufonds der EU (NextGenerationEU) noch einmal über 750 Milliarden Euro hinzugekommen (Zuschussanteil des Wiederaufbaufonds: ca. 300 Milliarden Euro). Beim Wiederaufbaufonds gibt der zeitliche Rahmen sogar vor, dass die Mittel schon bis Ende 2023 ausgegebenen werden sollen. In Deutschland gibt es tausende Förderprogramme, die sich an Unternehmen, Privatpersonen, Vereine, NGOs und viele weitere Organisationen richten. Diese gewaltigen Zahlen zeigen, dass genug Geld auf der Straße liegt und dass Förderprogramme eine interessante Ergänzungsfinanzierung darstellen können. Dennoch werden die Gelder nicht immer abgerufen. Warum ist das so?

In vielen Fällen lässt sich die Antwort auf diese Frage an zwei Gründen festmachen: Die Programme sind entweder nicht bekannt oder sie wirken bzw. sind zu komplex. Von konzeptioneller Seite gibt es sicherlich Ansatzpunkte bei Förderprogrammen, die einer Verbesserung bedürfen. Ein Aspekt ergibt sich aus dem möglichen Bürokratieabbau. Manche Förderanträge können in ihrer Länge reduziert werden, wenn man aus dem Formular wiederholende, redundante Elemente streichen würde. Ein vollkommener Bürokratieverzicht ist allerdings nicht notwendig und mit Blick auf Betrugsbeispiele keineswegs ratsam. Ein weiter Anknüpfungspunkt läge darin, dass für die Unternehmen eine gesetzte Frist für die Zu- oder Absage der Förderung hilfreich wäre, um wirtschaftlich planen zu können. Von Unternehmensseite ist allerdings auch wichtig, sich dem Thema Förderprogramme nicht vollends zu verschließen. Es gibt viele tolle Programme, bei denen sich ein näherer Blick lohnt. Früher oder später macht sich diese Mühe finanziell bezahlt. Erste Ansprechpartner können Förderbanken, Ministerien oder regionale Wirtschaftsförderungen sein. Hier erhalten Unternehmen häufig einen Einblick in vorhandene Programme, die ihre geplante Investition unterstützen. Mit der Zeit wird aus dem Förderdschungel eine durchsichtige Förderlandschaft. Am Ende ergibt sich auf diesem Wege womöglich doch noch ein kleines Happy End. Dann vielleicht auch mit dem Traum des geschenkten Geldes.

Hier schreibt Julian Schneider, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft für das St. Wendeler Land.

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