Denkt ihr hin und wieder darüber nach, wie ihr die Zeit, die euch geschenkt wurde, besser nutzen könntet? Regt ihr euch öfter über verhältnismäßig unbedeutende Dinge auf und denkt euch im Nachhinein, dass ihr diese Zeit weitaus sinnvoller hättet nutzen können?
Im folgenden Artikel teilt die 25-jährige Philosophiestudentin Nikola Gerber aus St. Wendel ihre Gedanken zur besagten Thematik mit uns.
Wndn.de: „Nikola, die Zeit unseres Lebens sinnvoll nutzen- wie geht das? Was meinst du?“
Gerber: „In der Regel kommt uns etwas sinnvoll vor, wenn wir ein bestimmtes Ziel verfolgen und der Weg dahin uns persönlich oder andere Menschen weiterbringt, uns reifen und Erfahrung sammeln lässt und wir bestenfalls unser gesetztes Ziel auch erreichen. Das Leben nach den eigenen konkret gefassten Zielen zu richten, ermöglicht uns bewusster zu leben. Ein „sinnvolles“ Leben ist unter anderem auch an die persönliche Entwicklung geknüpft.“
Wndn.de: „Folglich stellt sich die Frage nach unseren individuellen Zielen und wie wir unsere persönliche Entwicklung vorantreiben können?“
Gerber: „Exakt. Folgende Fragestellungen können auf diesem Weg hilfreich sein: Wer und was sind uns im Leben wirklich wichtig? Wen möchten wir Teil unseres Lebens sein lassen? Was sind unsere Lebensziele und wie können wir sie Stück für Stück erreichen? Welchen Freizeitbeschäftigungen wollten wir schon immer nachgehen? Wohin wollten wir schon immer reisen? Was wollten wir schon immer tun? Wie gut gefällt uns unsere Arbeit? Sind wir zufrieden oder empfinden wir sie als verschwendete Lebenszeit, die nicht mit unseren Wünschen und Interessen in Einklang steht?
Beschäftigen wir uns mehr mit uns und unseren Absichten, agieren wir klarer. Folglich sind wir ausgeglichener und können unsere Lebenszeit besser genießen. Verkörpern wir eine positive Lebenshaltung, kann sich dies auch auf andere Mitmenschen auswirken und zur Nachahmung animieren. Somit tun wir nicht nur uns selbst etwas Gutes, wenn wir Selbstfürsorge betreiben, sondern auch anderen. Die Investition unserer Zeit in unsere persönliche Entwicklung ist sinnvoll, wenn der Nutzen den Aufwand rechtfertigt beziehungsweise übersteigt. Wenn wir dauerhaft auf unsere Ernährung achten und Sport treiben, danken unser Körper und unsere Seele es uns, und wir fühlen uns gut. Wenn wir regelmäßig einen Fremdsprachenkurs besuchen, bilden wir uns weiter. Wenn wir arbeiten, erhalten wir einen Lohn. So führt der Aufwand meistens zum Nutzen. Alles, was wir für uns und auch für die Gemeinschaft tun, bringt uns voran. Ganz gleich, ob wir 17 oder 70 Jahre alt sind, ob wir weiblich, männlich oder divers sind und ganz gleich welcher Religion wir angehören, Zeit in uns zu investieren, lohnt sich.“
Wndn.de: „Ob wir unsere Lebenszeit sinnvoll nutzen ist aber doch eine sehr individuelle
Angelegenheit?“
Gerber: „Ja, das ist richtig, ob und wie sinnvoll wir unsere Zeit auf Erden nutzen oder nicht, ist letztlich von der subjektiven Wahrnehmung eines jeden abhängig. Durchdacht, zweckmäßig, vernünftig, einen Sinn habend, befriedigend- das sind einige Wortbedeutungen von „sinnvoll“. Was jedoch für den einen sinnvoll ist und die Erfüllung bringt, ist für den anderen sinnfrei, nichtssagend und vielleicht sogar enttäuschend. Jeder Mensch hat abhängig von Erziehung, Umfeld und Persönlichkeit eigene Ansichten, Wertvorstellungen und Ziele, deshalb kann die Bedeutung der Sinnhaftigkeit nicht pauschalisiert werden.“
Wndn.de: „Zeit in andere Menschen investieren- wie sinnvoll ist das?“
Gerber: „In einer guten Freundschaft unterstützt man sich gegenseitig und ist füreinander da. Der eine hilft dem anderen und es besteht ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen. Investieren wir aber mehr Zeit in Menschen, die verhältnismäßig nur wenig „geben“, ist sollten wir uns fragen, ob wir unser Handeln nicht überdenken beziehungsweise einschränken sollten.
Ein simples Beispiel:
Wir laden unser befreundetes Pärchen XY immer wieder zu einem gemütlichen Abend bei uns zu Hause ein, weil wir einerseits ihre Gesellschaft genießen, wir uns freuen sie zu sehen und sie um uns zu haben und andererseits, weil wir ihnen eine kleine Freude bereiten möchten, indem wir Zeit, Geld und Mühe für sie investieren. Schon am Vortag gehen wir einkaufen, bereiten vor, backen, schnippeln, kochen, was das Zeug hält und decken den Tisch hübsch ein. Wir haben Stress und spätestens dann, wenn das Ganze in wenigen Monaten öfter vorgekommen ist, fragen wir uns: Wofür machen wir das Ganze eigentlich, wenn immer nur wir diejenigen sind, die „geben“?
Wir sollten uns immer folgende Frage stellen: Inwiefern bringt uns ein bestimmtes Verhalten weiter und welchen Nutzen haben wir und oder andere davon? Macht es uns glücklich oder sind wir glücklich, wenn andere glücklich sind? Inwiefern spielt der Wunsch nach Anerkennung eine Rolle, wenn wir ein bestimmtes Verhalten an den Tag legen? Und dürfen wir erwarten, dass das, was wir geben, auch „zurückkommt“?
Wir müssen unsere Grenzen erkennen, wenn es um Gefälligkeiten für andere Menschen geht, denn an erster Stelle sollten wir selbst und unsere Familie beziehungsweise unsere Liebsten stehen. Halten wir die Balance und nutzen unsere Zeit in gesundem und ausgeglichenem Maße nicht nur für andere, sondern auch für uns selbst.“
Wndn.de: „In wie fern spielt das Thema „Selbstliebe“ eine Rolle in Bezug darauf, die Lebenszeit sinnvoll zu nutzen?“
Gerber: „Wenn wir uns selbst schätzen, wirkt sich das positiv auf unser Wesen aus. Sind wir mit uns selbst im Reinen und wissen wir unsere Kompetenzen und Stärken zu schätzen, strahlen wir das aus, und das hilft uns bewusster und leichter durchs Leben zu gehen.
Wir müssen das Glück in uns selbst finden und es nach außen transportieren. Wenn wir mit unserer positiven Lebenseinstellung und unseren guten Taten etwas bewegt haben, hinterlassen wir unserer Nachwelt motivierende, anregende und hoffnungsvolle Eindrücke, die Hinterbliebene oder andere Menschen dazu inspirieren können, selbst aktiv zu werden. Sei es die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe, die Unterstützung einer Tierschutzorganisation, das Mitwirken an Klimaschutzprojekten, das Kochen für Obdachlose, die Freiwilligendienste bei Hilfsorganisationen oder in gemeinnützigen Vereinen und, und, und….“ Unserer persönlichen Entfaltung sind getreu dem Saarland-Motto „Großes entsteht immer im Kleinen“ keinerlei Grenzen gesetzt, also packen wir es an! Nicht nächsten Monat oder nächste Woche, sondern heute! Versuchen wir, unser Zeitmanagement in allen Lebensbereichen zu verbessern, indem wir uns mehr auf uns, unsere Bedürfnisse, unsere Liebsten und das konzentrieren, was eine tragende Rolle in unserem Leben einnehmen soll.
Klingt das etwas egoistisch? Vielleicht ja, aber eine gesunde Portion Egoismus gemischt mit einer Portion Gesellschaftsbewusstsein und Gemeinschaftsdenken sollten eine gute Kombination in Sachen „sinnvolle Zeitplanung“ sein.“