Nach der öffentlichen Bekanntmachung der Veräußerung des St. Wendeler Missionshauses an die zum Jahresbeginn 2023 gemeinsam von dem Architekten und Investoren Gerlando Giarrizzo und der Kreissparkasse St. Wendel gegründeten SG Strukturholding GmbH, wurde die unter dem Leitgedanken „Green Living – Lernen und Leben in naturbelassener Umgebung“ stehende große Chance für die Kreisstadt St. Wendel vom Streitthema „Grundschule“ überschattet.
Der Bürgermeister betonte in der am vergangenen Freitag veröffentlichten Pressemitteilung, dass mit der Veräußerung eine zukunftsgerichtete Entwicklung für Wohnen und Bildung ermöglicht werden könne. Damit sei die Grundlage geschaffen, eine Grundschule im Grünen in einer nachhaltigen Gesamtkonzeption zu realisieren, wovon sich auch die CDU-Stadtratsfraktion begeistert zeigte. Die Oppositionsparteien hingegen reagierten irritiert und nach diversen Pressemitteilungen kam es in der gestrigen Stadtratssitzung zur persönlichen Konfrontation zwischen Mehrheitsfraktion und Opposition, wobei die Sprecher der SPD, von Bündnis 90/Die Grünen, der DIE LINKE sowie der FDP betonten, das Engagement eines Investors zu begrüßen, da hierdurch der dauerhafte Erhalt eines stadtbildprägenden Gebäudes in greifbare Nähe rücke.
Ihre Verärgerung formulieren die genannten Fraktionen nun in einer gemeinsamen Presserklärung und betonen noch einmal ihre Verwunderung über die Ankündigung des Bürgermeisters, die Nikolaus-Obertreis-Schule entgegen des eintstimmigen Stadtratbeschlusses nun doch auf das Missionshausgelände verlagern zu wollen.
Was der Opposition hierbei besonders sauer aufstoße, sei, dass die CDU kurz nach der offiziellen Pressemitteilung eine eigene veröffentlichte, was belege, dass die Merheitsfraktion schon vorab informiert gewesen sein musste. „Dies halten wir für sehr befremdlich“, findet Ratsmitglied Sören Bund-Becker (Grüne). Armin Fuchs (SPD) spricht von einem „an Respektlosigkeit nicht mehr zu überbietenden Vorgang“ und Joachim Zerfaß (Die Linke) von einer „Verschleierungstaktik“, da es „trotz mehrfacher Aufforderung in letzter Zeit keine neuen Informationen
zum Thema“ gegeben habe, so Stephan Rieth (FDP)
Einigkeit besteht in der Opposition auch darüber, dass die sachlichen Argumente gegen den Umzug ins Missionshaus auch in der neuen Situation noch Gültigkeit besitzen. „Ein Blick ins Stadtratsprotokoll vom 18.3.21 zeigt, dass auch die CDU noch vor zwei Jahren ganz andere Argumente anführte als sie es heute tut“, so Marc André Müller (SPD). Was den Sinneswandel der Mehrheitsfraktion ausgelöst habe, darüber könne man nur spekulieren. „Dabei wollen wir eine Bildungseinrichtung im Missionshaus gar nicht ausschließen,“ erklärt Stephan Rieth, „wir finden aber, dass sich hier eher eine Schule für Jugendliche junge Erwachsene anbietet.“
Nachdem die vier Parteien ihrem Frust in der Stadtratssitzung Raum geben konnten, zeigte sich Sebastian Schorr (CDU) empört über die Aussagen der Opposition. Das Projekt um das Missionshausareal sei der Inbegriff eines Leuchtturmprojekts mit einer enormen Strahlkraft für die Region. Schorr stellte nach den Anschuldigungen der Opposition die Frage, ob es denn eine Katastrophe sei, dass die CDU auf die Frage des Projekt-Initiators Michael Schultheis hin, die Neuansiedlung der Grundschule im Missionshaus wieder für möglich hält. Zu einer solchen Frage unter neuen Rahmenbedingungen dürfe sich die CDU äußern, ohne dabei die anderen Stadtratsfraktionen zu Rate ziehen zu müssen. Die CDU-Stadtratsfraktion stehe hinter dem Investor und freue sich auf die gemeinsame Zusammenarbeit. Dabei solle es nicht darum gehen, wer wann informiert worden sei, sondern um das große Projekt. Marc André Müller blieb bei seiner Meinung. Das Projekt sei nicht die Katastrophe, sondern die Kommunikation.
Es bleibt zu betonen, dass sich der gesamte Stadtrat für die Investition, für das Projekt und damit für die Neukonzeption des Missionshausareals unter dem Motto „Green Living“ ausspricht und darin großes Potential für die Kreisstadt St. Wendel sieht. Von der Einigkeit über die Frage nach dem Grundschul-Standort, der zugehörigen Informationsweitergabe und der Zeitlichkeit der Abläufe war die vergangene Stadtratssitzung jedoch noch weit entfernt.