„Stadt der kurzen Wege“

Schlafstadt, Handelszentrum oder beides? Stadtrat lässt mehr Wohnraum in St. Wendeler Innenstadt zu

Die Wendelinusbasilika, im VOlksmund auch "der St. Wendeler Dom" genannt
Die Wendelinusbasilika in St. Wendel (Foto: Anton Didas)

Leerstehende Ladenzeilen erinnern St. Wendeler Bürgerinnen und Bürger immer wieder an die schwierigen Zeiten, mit denen der Einzelhandel in den vergangenen Jahren zu kämpfen hatte. Ob boomender Online-Handel, die Corona-Pandemie, große Warenhäuser oder Discounter – Strukturwandel macht kleineren Geschäften und Dienstleistern das Überleben in unserer Stadt schwer. Man muss sich demnach kaum wundern, dass die Leerstände nicht mit neuen Läden gefüllt werden, insbesondere dann, wenn diese sich nicht unmittelbar in der Bahnhofstraße oder am Dom befinden.

Die zulässige Art der baulichen Nutzung, so genannte Baugebietsausweisungen, schreiben es den Besitzern der Gebäude vor, die Räumlichkeiten einzig als Ladenlokale vermieten zu dürfen. Das soll sich laut Kreisstadt St. Wendel nun ändern. Im Rahmen der vergangenen Stadtratssitzung wurde zur „Schaffung und Erhaltung einer lebendigen und multifunktionalen Innenstadt“ ein neuer Bebauungsplan für das Mittelzentrum St. Wendels beschlossen.

So sollen neue Möglichkeiten wie beispielsweise Wohnraum geschaffen werden. Mit dem Ziel eine „kleinräumige Mischung zwischen Handelsbetrieben, sonstigen nicht störenden gewerblichen Einrichtungen, sozialen und kulturellen Nutzungen sowie Wohnen zu ermöglichen“, waren jedoch nicht alle Fraktionen im Stadtrat glücklich.

Trotz der Notwendigkeit in St. Wendel Wohnraum zu schaffen, sieht die SPD-Fraktion laut Vorsitzendem Marc André Müller die Gefahr mit diesem Satzungsbeschluss eine Entscheidung zu treffen, die man nicht mehr rückgängig machen könne. So gebe man als Stadt die Möglichkeit ab, auf eine positive Entwicklung hinzuwirken. Entscheide sich ein Besitzer aus einem Ladenlokal Wohnraum zu schaffen, sei dies laut Müller eine irreversible Entscheidung. „Wir sehen die Gefahr, dass dann in Zukunft St. Wendel zur Wohn- und Schlafstadt wird und wir noch mehr Leerstände zu befürchten haben,“ so Müller. Aus diesem Grund enthalte sich die SPD. Diesem Statement folgten Linke und Grüne im Stadtrat.  Stephan Rieth (FDP) unterstützt die These mit der Frage: „Wollen wir eine Wohnstadt werden oder bleiben wir Handelszentrum?“ und kündigte seine Gegenstimme an.

Für die Mehrheitspartei der CDU ein Unding –  Sebastian Schorr (CDU) setzt sich klar für die Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans ein: „Ich bleibe dabei: Enthaltung ist keine Haltung. […] Gerne nehmen wir die Verantwortung für St. Wendel an.“ Die neuen Parameter würden nun angepasst werden, die Stadt bestehe nicht mehr auf die Neuansiedlung von Geschäften. Dies wäre gerne gesehen, doch sehe die Realität laut Schorr anders aus. Eine solche Änderung käme außerdem dem studentischen Wohnen zugute, welches die Stadt in innovativer Weise neu beleben könne.

Die Hintergründe

Mit dem 2017 eingeführten Instrument des Bundesgesetzgebers, der Baugebietskategorie des „Urbanen Gebiets“, können die Kommunen in städtischen Lagen Wohnraum allgemein zulässig machen. Diese Baugebietsart entspricht dem Leitbild einer „Stadt der kurzen Wege“. Außerdem legt die Bebauungsplanänderung die Verbesserung der Bedingungen für kleinere Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen für Schank- und Speisewirtschaften zugrunde.

Konkret geht es um das insgesamt 6ha große Plangebiet im Zentrum der Innenstadt, um den Hauptteil der historischen Altstadt um die Basilika herum. Dieser Bereich wird im Westen von der Schlossstraße, der Luisenstraße und einem Teilstück der Kelsweilerstraße, im Norden von einem kurzen Teilstück der Jahnstraße, dem Todbach im Süden und für ein Teilstück im Osten von der Wendalinusstraße, aber vor allem von der Straße Alter Woog und der Hospitalstraße begrenzt.

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