Zuletzt habe ich mich kurz vor unserer 27 Stunden Zugfahrt von Washington D.C. nach Florida von meiner Nordamerika-Reise gemeldet. Den ersten Teil meiner Reise könnt ihr hier nachlesen.
Die Zugfahrt war dank der komfortablen Sitzen und genügend Proviant wieder sehr angenehm und verging fast wie im Flug. Mit etwas Verspätung sind wir dann nach 29 Stunden in Hollywood, Florida (oder wie der Zugführer es genannt hat: „Hollywood without the stars“) angekommen. Die lange Zugreise und die Tage voller Sightseeing-Extravaganzen haben doch geschlaucht, weshalb wir uns zwei Tage Entspannung pur an den schönen, goldenen Stränden Floridas gönnen wollten.
Für diesen Plan hatten wir uns das perfekte Hostel ausgesucht. Nur zehn Minuten Fußweg vom Strand entfernt. So konnten wir uns am Hallandale Beach in der Sonne bräunen und im Salzwasser einweichen lassen.
Aber nur Strandurlaub in Florida kam auch nicht in Frage. Wir sind ja auch „übern Teich“ geflogen, um etwas zu sehen. Also haben wir uns für einen Tag ein Auto gemietet und sind früh morgens los Richtung Süden, runter zu den Florida Keys gefahren.
Die Florida Keys sind eine Inselgruppe, die durch Brücken mit dem Festland verbunden ist und auch zu Florida gehören. Uns haben dort eine sehr schöne Landschaft und sehr schöne Strände empfangen. Wir haben – nach einer kleinen Google-Recherche – Annes Beach, eine winzige Bucht auf der Westseite einer der Inseln gefunden. Wir konnten dort, nicht wie bei den zahlreichen (auch sehr schönen) Reservaten, kostenlos parken und im warmen Wasser des Golf von Mexiko eine Mittagspause einlegen.
Zu lange wollten wir aber auch nicht an unserem Stopp verweilen, denn wir hatten eine Mission: den Sonnenuntergang in Key West erreichen. Von Annes Beach ging es also 115 Kilometer weiter gen Süden, dem südlichsten Punkt der USA, entgegen. Das kleine Städtchen Key West hat einen karibischen und „easy-going“ Vibe. Die größer-höher-weiter Atmosphäre, die die USA sonst umhüllt, scheint dort nicht angekommen sein, denn man könnte auch meinen, man wäre in Kuba oder der Karibik gelandet. Macht aber auch Sinn, denn bei klarer Sicht kann man sogar bis nach Kuba und auf die Bahamas sehen. Weil wir den ganzen Tag unterwegs waren und den Sonnenuntergang gerade noch erreicht haben, sind wir aber nur noch im Dunkeln angekommen. Wir konnten uns dann nur theoretisch vorstellen, dass die Insel Kuba und die Bahamas keine 100 Kilometer entfernt vor uns liegen.
Weiter Richtung Westen
So schön der sonnige und sandige Abstecher nach Florida auch war, wollten wir uns weiter nach Westen wagen. Zwei lange Zugfahrten hatten wir vor uns, um an unser nächstes Ziel, New Orleans, zu gelangen. Die Fahrt über Nacht nach Cary in North Carolina verging wie im Flug – wir waren beide sehr überrascht, als wir nach 22 Stunden plötzlich aussteigen mussten – und die anschließende kurze Fahrt (drei Stunden) nach Charlotte war für uns auch keine Strecke mehr. In Charlotte hatten wir dann Zeit die Stadt zu erkunden, bis der nächste Anschluss wartete. Sie ist eine unscheinbare Stadt, Up- und Downtown haben uns wir aber dennoch erkundet und uns so auf die nächste Zugfahrt vorbereitet: 20 Stunden nach New Orleans.
New Orleans ist eine extravagante Stadt, die sehr viel zu bieten hat. Da wir zufällig noch während des „New Orleans Jazz Fest“ in der Stadt ankamen, war die Vielfalt, die uns begegnete, umso überwältigender. Fotos können den Flair und die Atmosphäre der Stadt nur schwer einfangen. Deswegen findet ihr auf unserer Instagram-Seite ein Video, das einen kleinen Einblick erlaubt. Tagsüber und gerade abends überall Live-Musik. Jazz-Musiker und Straßenkünstler, die ihre verrückten Talente präsentieren findet man an jeder Ecke. Das bunte Treiben und Nachtleben hätten wir gerne länger genossen.
Aber den Zeitrahmen von 30 Tage, die unser USA-Railpass erlaubt, mussten wir leider im Auge behalten. Also haben wir den nächsten Zug gebucht. Eine Zugreise, die viele abschrecken würde und in Europa kaum vorstellbar wäre. Hier in den Staaten sind 46 Stunden von New Orleans nach Los Angeles, aber eine wirkliche Zugstrecke, die man buchen kann – und genau das haben wir gemacht.
Morgens um neun sind wir also eingestiegen in den Sunset Limited, der für die nächsten zwei Tage unser Zuhause werden sollte. Auf dieser Zugreise haben wir mit sehr vielen verschiedenen Menschen gesprochen, uns über Musik, Sport, kulturelle Unterschiede zwischen den USA und Europa, ein paar Klischees-Gerüchte zurecht gerückt und natürlich über das Reisen unterhalten. Zeit dazu hatten wir genug. Auf der Strecke durch den wilden Westen kamen uns einige Güterzüge entgegen, die alle Vorfahrt hatten. Aus den 46 Stunden wurden sehr schnell 56 Stunden. Kein Witz – 56 Stunden. Aber im Gegensatz zu dem, was sich viele jetzt denken: wir haben es genossen. Die zehn Stunden Verspätung hätten natürlich nicht sein müssen, aber sie waren auch kein Weltuntergang. Gutes Gespräch und genug Essen ließen die Zugfahrt, wie auch die beeindruckende Landschaft, schnell an uns vorbeiziehen.
Den nächsten Schritt der Reise erzähle ich euch im nächsten „Reiseblog“, aber ich kann schon verraten: Wir wechseln für eine Weile das Fortbewegungsmittel.