Marpingen. „Wir ziehen in den Frieden, wir sind mehr als du glaubst…“ – mit diesem Song von Udo Lindenberg beschenkten sich Schüler und Lehrer zum 30. Geburtstag ihrer Schule selbst und verbanden damit gleichzeitig ihren Auftrag für die kommenden 30 Jahre, keine neuen Mauern zu bauen, sondern sich für Offenheit und Gleichberechtigung einzusetzen – so wie es seit nunmehr 30 Jahren an der ehemals Gesamtschule, nunmehr Gemeinschaftsschule Marpingen der Fall ist. Am vergangenen Samstag fand der Festakt zum 30-jährigen Bestehen der Schule statt.
16. August 1989, 8.00 Uhr. Nach nicht unerheblichen Streitigkeiten zwischen den politischen Verantwortlichen beginnt für 120 Fünftklässler der Unterricht an der Gesamtschule Marpingen, deren neues Unterrichtskonzept – Tischgruppen für Schülerinnen und Schüler, freie Unterrichtgestaltung, Teamarbeit im Kollegium – das auf große Vorbehalte stieß. Aber der Erfolg gab dieser neuen Schulform in Marpingen Recht: Sechs Jahre später traten die ersten Schülerinnen und Schüler in die gymnasiale Oberstufe ein, drei Jahre darauf wurden erstmals Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife der Gesamtschule Marpingen ausgeteilt. Erheblich zu diesem Erfolg beigetragen hatte das langjährige Schulleitungs-Dreigestirn aus Edmund Hinsberger, Reimund Schmidt und Robert Groß. Doch es ging und geht in der neuen, nunmehr ihre Jugendzeit hinter sich lassenden Schule nicht nur ums Abitur.
Der Hauptschulabschluss mit seinem Schwerpunkt in praktischen Tätigkeiten und die Mittlere Reife, heute vor allem als Schritt hin zu den Fachschulen, galten und gelten als gleichberechtigt, was sich auch im Stundenplan zeigt. Arbeitslehrer, Talentfächer mit der Möglichkeit, die eigenen Stärken zu entdecken und auszubauen. Sie sind Beispiele dafür, dass nicht nur Überflieger, sondern alle Kinder und Jugendlichen in dieser Schule seit 30 Jahren ein Zuhause finden. Schon immer mit dabei war die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung, die seit einigen Jahren als Inklusion weitergeführt und ausgebaut wird.
So wollte die Geburtstagsband aus Lehrern und Schülern auch ihr Ständchen verstanden wissen – Vielfalt ohne Ausschluss, fördern und fordern – „wahrlich hehre Ziele, die“, so Schulleiterin Petra Brenner-Wolff in ihrer Festrede, „nicht immer leicht umzusetzen sind.“ Die gesellschaftliche Entwicklung mache natürlich auch vor der Schule nicht halt und so sei heute diese generell, und im Besonderen die Gemeinschaftsschule Marpingen mit ihrer integrativen Tradition, immer stärker gefragt, wenn es um Chancengleichheit und ein friedliches Miteinander gehe. An den anwesenden Landrat Udo Recktenwald und den Vertreter des Kultusministeriums, Dieter Berg, richtete sie denn auch zwei Wünsche: eine Kletterwand zum Austoben und Ausloten der eigenen Grenzen wie auch kleinere Klassen für alle Gemeinschaftsschulen.
Auf die Kletterwand eingehend verwies der Landrat in seinen Glückwünschen auf die Rolle der Marpinger Schule für Marpingen, sei sie doch im mehrfachen Wortsinne Zentrum des Gemeindelebens: Schule, Veranstaltungsort, Weiterbildungseinrichtung, die von der VHS in vielfältiger Weise genutzt werde, und das mitten im Ortszentrum. Dies bringe natürlich bei 900 Schülern räumliche Probleme. Diese wolle er zusammen mit dem Bürgermeister angehen, auch wenn er selbst die Vorschläge Volker Webers als recht „sportlich“ bezeichnete. Sein Geburtstagsgeschenk, eine Apfelbaum der alten Sorte Mosel-Eisen-Apfel, sei als Symbol für seine Wünsche an das Geburtstagskind zu verstehen: Wer einen Baum pflanzt, tut dies mit einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft.
Der Marpinger Bürgermeister Volker Weber wurde in seiner Ansprache sehr persönlich: Er selbst sei Schüler der Gesamtschule Marpingen gewesen und habe von dem neuen pädagogischen Konzept der Gesamtschule erheblich profitiert. Und diese persönlichen Erfahrungen seien für ihn Begründung und Verpflichtung zugleich, sich weiterhin mit allen Mitteln für seine Schule vor Ort einzusetzen. Dieter Berg verwies darauf, dass die Gesamt- und nunmehr Gemeinschaftsschule Marpingen als Schule gelte, in der das Wort Gemeinschaft keine Phrase sei, sondern gelebt werde. Die Lebendigkeit und Bereitschaft, offen auf neue Entwicklungen einzugehen, machen diese Schule aus, die zu den vier größten Gemeinschaftsschulen des Saarlandes zähle.
Das Rahmenprogramm mit hervorragenden Musikdarbietungen der Schülerinnen und Schüler, akrobatischen Tanzeinlagen und den beiden Geburtstagsständchen des Schüler-Eltern-Lehrer-Chors belegten eindrücklich diese Lebendigkeit und gingen vielen der 250 anwesenden geladenen Gästen unter die Haut. Stellvertretend bedankte sich der Schulelternvertreter Martin Dammerow für dieses Engagement der Schule, das allen Kindern zugutekomme. Im anschließenden großen Schulfest feierten sich dann die 900 Schülerinnen und Schüler, die Eltern, Lehrerinnen und Lehrer selbst. Auch viele Ehemalige, Schülerinnen, Schüler wie auch Lehrer aus 30 Jahren Schulgeschichte, fanden den Weg zu ihrer alten Wirkungsstätte. Das sympathische, liebevoll organisierte und lebensfrohe Schulfest zeigte eindrücklich, was die Gemeinschaftsschule Marpingen ausmacht: Gegenseitiger Respekt, Ansporn und Toleranz – und bei allem fachlichen Einsatz die Lebensfreude nicht vergessen.