Hebamme aus Leidenschaft

Helden des Alltags: Ein Interview mit Hebamme Eva Hartmann

Seit 10 Jahren ist Eva Hartmann Hebamme. Sie sieht es als großes Privileg an, Familien bei der Geburt begleiten zu dürfen. Diese erfüllende Aufgabe geht sie mit fachlicher Kompetenz und Empathie an (Foto: privat)

Liebe Eva, stell dich unseren Leser:innen doch mal kurz vor und erzähl uns gerne, warum du den Beruf der Hebamme gewählt hast?

„Mein Name ist Eva Hartmann, ich bin 33 Jahre alt und wohne in Oberthal. Ich bin seit 2012 ausgebildete Hebamme und außerdem Mutter eines 5-jährigen Sohnes, der im Sommer eingeschult wird. Ich würde mich als  offenen, fröhlichen Menschen beschreiben, der gerne Zeit mit Freunden und Familie verbringt.

Nach der Geburt meines Patenkindes hatte ich beim Wochenbettbesuch erstmals Kontakt mit einer Hebamme, mit der ich mich viel über ihren Beruf austauschte. Dadurch stellte sich schnell heraus, dass dieser Job großes Interesse und den Wunsch nach mehr Wissen über die Tätigkeiten in der Geburtshilfe in mir weckte. So erhielt ich die Möglichkeit, diese Hebamme in ihrem Berufsalltag, zu Hausbesuchen und Kursen zu begleiten. Während eines freiwilligen Praktikums im Kreißsaal des Marienkrankenhauses St. Wendel konnte ich weitere tolle Einblicke in das breite Spektrum des Hebammenberufes erlangen. Von der ersten Sekunde an faszinierte mich dieses Berufsfeld, und mir wurde klar, dass ich Hebamme werden möchte.“

 

Wie ist es für dich, immer wieder Babys und Mütter bei der Geburt ein Anker zu sein?

„In den letzten 10 Jahren durfte ich viele wachsende Familien bei einem der wundervollsten und intimsten Lebensmomente, der Geburt ihres Kindes, zur Seite stehen und sie und ihre Babys unterstützen. Ich habe das große Privileg, an diesem Ereignis teilhaben zu dürfen und sie empathisch, fachlich und individuell passend begleiten zu dürfen, was eine wirklich bereichernde Aufgabe für mich ist.“

 

Du hast einen besonders verantwortungsvollen, schönen und besonderen Job. Wie unterstützt du werdende Mütter dabei, ihre Ängste und Sorgen vor der Geburt zu verringern?

„Manche Frauen äußern Angst, die meisten sprechen jedoch von Respekt und Vorfreude. Oft zeigt sich im ersten Gespräch bereits, woher eventuelle Ängste kommen oder woraus sie resultieren. Vieles wird heutzutage durch die Medien, Social Media oder Hörensagen falsch vermittelt, und so entstehen immer wieder viele unbegründete Ängste. Durch Gespräche, Aufklärung und den Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses können viele Unklarheiten und Sorgen aus dem Weg geschafft werden. Wenn dies nicht ausreichen sollte, kann auch mit alternativen Methoden wie Homöopathie, Akupunktur und Hypnose gearbeitet werden.“

 

Wie stehst du dazu, wenn werdende Mütter sich für den nicht medizinisch indizierten Kaiserschnitt entscheiden?

„Mir steht es nicht zu, über den „Geburtswunsch“ einer Frau zu urteilen. Jede werdende Mama hat andere Wünsche und Vorstellungen für die Geburt ihres Kindes. Ich kläre sie über alles, was in diesem Zusammenhang wichtig ist, auf, wie etwa, dass ein Kaiserschnitt eine Operation ist, die zu Risiken wie Blutungen oder Anpassungsstörungen beim Kind führen kann, aber ich urteile nicht. Die eine Frau wünscht eine Hausgeburt, in ihrem vertrauten Heim, eine andere braucht ein Krankenhaus, um sich sicher und wohl zu fühlen und die nächste möchte einen Wunschkaiserschnitt. Ich spreche ausführlich mit „meinen“ Frauen darüber und berate sie gerne. Die Entscheidung über die Geburt trifft aber jede werdende Mutter für sich und ihr Baby selbst, denn sie soll sich damit wohlfühlen, das ist mir das Allerwichtigste.

 

Stichwort Wochenbett: Was sind die häufigsten Beschwerden, mit denen Frauen, die gerade erst in ihre Mutterrolle geschlüpft sind, zu kämpfen haben und wie hilfst du ihnen weiter?

„Die Zeit im Wochenbett läuft ganz unterschiedlich ab. Manche Frauen fühlen sich so gut, dass sie es mit der Anstrengung gerne etwas „übertreiben“, andere haben beispielsweise Startschwierigkeiten beim Stillen und fühlen sich ausgelaugt. Viele Babys haben Verdauungsprobleme oder brauchen einfach etwas Zeit um hier „draußen“ anzukommen. Es ist wichtig, die Unsicherheiten und Fragen der frisch gebackenen Eltern ernst zu nehmen und sie aufzuklären. Am Anfang empfehle ich in Ruhe viel Zeit mit dem Baby zu verbringen und viel zu kuscheln. Das stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kind. Nicht nur das Kind muss erst einmal ankommen, auch die Erwachsenen müssen sich in ihre Elternrolle einfinden. Es ist ganz normal, dass das Zeit in Anspruch nimmt und nicht über Nacht geschieht. Natürlich werden auch die körperlichen Veränderungen und Rückbildungsvorgänge des mütterlichen Körpers beobachtet. Ich bin stets darin bemüht, die Eltern in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, denn oft werden diesen gut gemeinte Ratschläge gegeben, die leider häufig zu Verunsicherung führen.“

Was sind Inhalte eines Geburtsvorbereitungskurses?

„In den Geburtsvorbereitungskursen geht es hauptsächlich um Themen der Schwangerschaft, die Geburt, Schmerz und Ängste, Ernährung und Pflege des Kindes und das Wochenbett. Von großer Bedeutung ist es meiner Ansicht nach, den Frauen die Physiologie genauer nahezulegen und ihr Vertrauen in sich, ihren Körper und ihr Baby zu stärken. Außerdem geht es auch um Atemtechniken, Entspannung und die Beantwortung von offenen Fragen. In der Praxis der „Hebammengemeinschaft Zauberhaft“ in Oberthal biete ich mit meinen Kolleginnen die Möglichkeit Einzel-, Partner- und Crashkurse zu besuchen.“

 

Stillen oder Fläschchen geben – was ist besser für das Baby?

„Von der Natur vorgesehen und somit das Beste für das Baby ist definitiv die Muttermilch, da sie alle nötigen Inhaltsstoffe in optimaler Zusammensetzung enthält. Diese sind wichtig zur Energielieferung, Unterstützung und dem Aufbau des Immunsystems. Außerdem passt sich die Muttermilch an und verändert sich nach den Bedürfnissen des Säuglings. Bekommt die Mutter beispielsweise eine Erkältung, bilden sich zum Schutze des Kindes Antikörper. Allerdings gibt es natürlich auch Fälle, in denen das Stillen nicht funktioniert oder die Frau dies nicht möchte. Auch das ist völlig okay, jede Mutter darf und soll selbst entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihr Kind ernährt.“

 

Eva, vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen. Zum Abschluss: Was möchtest du frisch gebackenen Eltern mit auf den Weg geben?

„Frischgebackenen Eltern steht nach der Geburt ihres Kindes eine wunderschöne, aufregende aber auch anstrengende Zeit bevor. Das Leben steht auf dem Kopf, alles ist neu, und plötzlich ist da rund um die Uhr ein kleines Baby, das ihre Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe benötigt. An die Vielzahl von neuen Aufgabenbereichen muss man sich erst einmal gewöhnen, und alles muss sich einspielen. Man muss sich als neue Familie erst einmal finden und das bedarf, wie gesagt, einiger Zeit. Wir Hebammen versuchen die ersten Wochen hierbei bestmöglich zu unterstützen. Auch darf und soll man sehr gerne Hilfsangebote von Familie und Freunden in Anspruch nehmen. Dazu passend gibt es den tollen Spruch: „ Es brauch ein Dorf um ein Kind großzuziehen.“ Allen nahestehenden Personen der frischen Eltern, die das lesen, möchte ich folgendes nahelegen: Anfangs bedeutet Hilfe zu leisten, den Eltern Arbeit abzunehmen, wie etwa mit dem Haushalt, dem Erledigen von Einkäufen und Essen kochen, damit die Eltern sich auf ihr Baby und ihre neue Rolle konzentrieren können. Die Zeit, in der sie das Kind abgeben wollen, kommt auch noch.“

Weitere interessante Artikel:

ANZEIGEN

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Blätterbarer Katalog-2024 mit 72 Seiten: