Von wegen Glücksspiel: Beim Poker kommt es in erster Linie aufs Köpfchen an. Obwohl ein bisschen Glück dazu gehört, sind auf Dauer mathematisches Wissen und psychologische Erkenntnisse in den Charakter der Gegner für den Erfolg ausschlaggebend. Das gilt für jede Pokervariante, aber in besonderem Maße für Heads-Up-Poker. Bei dem Spiel treten nämlich nur zwei Zocker gegeneinander an, so dass jede Hand zum Duell wird.
Weil sich durch die stark reduzierte Anzahl der Spieler auch die statistischen Wahrscheinlichkeiten deutlich verändern, sollten Zocker sich vorab mit dem Heads-Up Poker Guide vertraut machen. Das gilt genauso für erfahrene Pokerspieler, die von einem so genannten Full Table mit 9 oder 10 Spielern kommen, wie für jeden anderen Spieler auch. Weil Heads-Up als Königsklasse im Pokern gilt, empfiehlt es sich nicht unbedingt für Einsteiger, ist aber auf jeden Fall vor allem für aggressive Spieler mit Übung eine Überlegung wert.
Bei jeder Hand gibt es eine riesige Anzahl möglicher Kombinationen. Allein bei Blättern mit fünf Karten wie beim Texas Hold’em liegt die Anzahl bei 2.598.960 verschiedenen Möglichkeiten. Was Handkanten anbelangt, gibt es in einem Kartendeck mit 52 Karten insgesamt 1326 denkbare Kombinationen. Das ist auch beim Heads-Up unverändert. Doch was beim normalen Poker als schwächste Starthand gilt, nämlich die Kombination aus 2 und 7, ist beim Heads-Up deutlich vielversprechender. Hier gilt 2 und 3 als schwächste Startkombination.
Weil der Zocker es nur mit einem einzigen Gegner zu tun hat, ist die Gewinnwahrscheinlichkeit bis zu achtmal größer als am vollen Tisch – wenn die eigenen Fähigkeiten entsprechend gut sind.
Dazu gehören auch eiserne Nerven. Gute Spieler am Full Table folden bei der Mehrzahl der Spiele, weil die Starthände zu schwach sind und sie zudem die Auszeit nutzen können, um das Verhalten der Kontrahenten zu studieren, um deren Schwächen und Stärken auszuloten. Bei einem Spiel zu zweit heißt folden schlichtweg verlieren.
Das bedeutet, selbst dann im Spiel zu bleiben, wenn die Starthand kein Ass enthält, das von vornherein eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 52 Prozent mit sich bringt, und auch kein Pocket Pair dabei herausgekommen ist. Ein Paar auf der Hand ist die stärkste Ausgangsposition beim Heads-Up, weil die statistische Wahrscheinlichkeit, dass beide Spieler ein Paar haben, bei 1:3000 liegt. Im Schnitt gibt es einmal pro 17 Spiele ein Pocket Pair. Die meisten Spiele im Heads-Up werden mit der höchsten Karte entschieden – ein weiterer, gravierender Unterschied zum normalen Poker.
Als vielversprechendste Strategie gilt Loose-Aggressive, also locker aggressiv. Das heißt, sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen und möglichst die Kontrolle über den Pot zu gewinnen.
Heads-Up ist ein Katz-und-Maus-Spiel, bei dem es darum geht, den Gegner möglichst in Sicherheit zu wiegen. Das geht nur auf längere Dauer, so dass Heads-Up auch nicht unbedingt geeignet ist, wenn nur schnell ein paar Hände gezockt werden sollen.
Eine beliebte Taktik ist es, nach einer gewissen Zeit die Strategie des Gegners anzuwenden und ihn so zu überrumpeln. Dazu gehört häufig am Anfang ein betont aggressives Spiel, bei dem darauf geachtet wird, wie und wo der Gegner passiv reagiert und die aggressiven Züge passt. Lässt er sich die Blinds stehlen, so dass man den Großteil der Hände schon vor den Flops gewinnt, signalisiert das, dass er nur bei guten Händen tatsächlich spielt. Wenn man dann selbst aussteigt, egal wie gut die eigenen Karten sind, kann ihn das dazu verleiten, zu denken, dass übervorsichtig gesetzt wird. Weil er jetzt zwar einige Hände gewonnen hat, aber seine guten Karten nie bis zu Ende spielen durfte, kann ihn das zu Fehleinschätzungen verleiten. Das kann sich durchaus lohnen – es sei denn, dass der Gegenspieler die psychologischen Tricks und Kniffe beim Heads-Up genauso kennt und sie ebenfalls strategisch einsetzt, um den Kontrahenten in Sicherheit zu wiegen.
Wer sich zu emotionalen Reaktionen hinreißen lässt, ist beim Heads-Up noch stärker im Hintertreffen als beim herkömmlichen Poker. Gefühle vortäuschen, um Fallen zu stellen und Bluffs vorzubereiten, ist eine Sache. Eine andere Sache ist es, sich von Zügen des Gegners frustrieren zu lassen.
Die Chipstapel sollten dabei stets im Auge behalten werden. Hat einer der beiden Zocker einen deutlich höheren Stapel, ist die Chance gegeben, dass er bei einem großen Pot den anderen Spieler durch ein All-In aus dem Spiel drängt.
Allzu aggressives Spiel kann auf längere Sicht genauso kontraproduktiv sein wie ein allzu passives Verhalten. Um den Gegner wirklich einschätzen zu lernen, stellen sich erfahrene Zocker bei jedem Zug die Frage, warum der Kontrahent genauso gehandelt hat und ob sich daraus schließen lässt, welche Karten er nicht hat. Um selbst unberechenbar zu bleiben, lohnt es sich, das eigene Verhalten bei gleichen Handkarten unterschiedlich zu gestalten. Erkennbare Entscheidungsmuster sind genau das, was beim Heads-Up noch gefährlicher ist als beim traditionellen Spiel am Full Table. Geduld und Disziplin sind ebenfalls nicht zu unterschätzende Faktoren. Das Spiel ist erst dann wirklich verloren, wenn der Chipstapel verschwunden ist. Das heißt nicht, dass um jeden Preis weiter gezockt werden sollte, wenn sich der Gegner als überlegen erwiesen hat. Aber wenn die Spieler gleich stark sind, kann es sich lohnen, dabei zu bleiben, solange von Anfang an in vernünftigem Rahmen gesetzt wurde.
Wer vom Heads-Up genug hat und stattdessen lieber sein Können am Full Table auf die Probe stellen möchte, sollte sich allerdings eine Atempause gönnen und vor dem Einsteigen in eine Runde lieber noch einmal das Wissen um die dortigen Wahrscheinlichkeiten und lohnenden Strategien auffrischen. Wer im Kopf noch Heads-Up spielt, wird mit 9 oder 10 Spielern an einem Tisch wenig Erfolgsaussichten haben, einfach, weil er auf völlig andere Voraussetzungen eingestellt ist. Das funktioniert Online am einfachsten, genau wie beim virtuellen Zocken etwaige Störfaktoren und Ablenkungen deutlich besser kontrolliert oder ausgeschaltet werden können als in der echten Runde.
Poker erfordert eine nicht nachlassende Konzentration, egal welche Variante gezockt wird. Insofern sind gelegentliche Spielpausen von vornherein eine gute Idee. Das gilt genauso, wenn sie für ein paar Dehnübungen oder um frische Luft zu schnappen genutzt werden wie fürs Nachlesen von Wahrscheinlichkeiten und Strategietipps.
Obwohl statistisch gesehen die Siegeschancen beim Heads-Up deutlich besser sind als beim normalen Poker, gibt auch hierbei, dass auf Dauer nur ein kühler Kopf und eine gesunde Einstellung zum Erfolg führen. Sogar die weltbesten Zocker haben Pechsträhnen, in denen nichts funktionieren will. Damit umzugehen will genauso gelernt sei wie der Umgang mit Siegeszügen. Vor allem Anfänger lassen sich von einer guten Strähne davon überzeugen, dass nichts schiefgehen kann – bis es vorbei ist.
Gerade beim Heads-Up kann das genauso am raffinierten Spiel des Gegners liegen wie an dem kleinen bisschen Glück, das beim Poker nicht fehlen darf, obwohl es bei dem Spiel fast nur ums Köpfchen geht.