Einen persönlichen „Sinn des Lebens“ finden

Frauen im St. Wendeler Land – Michaela Roos über die „Gudd Zweck UG“, Gleichberechtigung und das Leben in Wellenbewegungen

Interviewpartnerin Michaela Roos im frontalen Portrait
Frauen im St. Wendeler Land - Michaela Roos über die "Gudd Zweck UG", Gleichberechtigung und das Leben in Wellenbewegungen

In der neuen wndn-Serie „Frauen im St. Wendeler Land“ geben Frauen aus dem Landkreis St. Wendel Einblicke in ihr Leben. Ob Single oder Familienmutter, ob Unternehmerin oder Angestellte, wir erfahren, wie sie ihren individuellen Alltag meistern, wie sie mit Herausforderungen umgehen, was ihre Erfahrungen sie gelehrt haben und welche Tipps sie anderen Frauen für bestimmte Situationen und Lebenslagen geben können. Was macht eine starke Frau aus? Unsere Interviewpartnerinnen haben vielfältige und passende Antworten zu dieser Frage. Heute sprechen wir mit Michaela Roos.

Michaela Roos ist aktive Geschäftsführerin und Allein-Gesellschafterin des Unternehmens Gudd-Zweck UG. Michaela wohnt in Oberkirchen, am nördlichen Rand des Saarlandes, sie ist 55 Jahre alt und wandert an freien Tagen sehr gerne durch die Natur. Daneben engagiert sie sich seit 5 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann und dem Heimat- und Verkehrsverein WEISELBERG e.V. am Aufbau des ehrenamtlichen Café Edelstein in Oberkirchen. Sie hat zwei erwachsene Kinder und ist glücklich verheiratet.

Michaela, wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus?

Wenn es zeitlich möglich ist, starten wir morgens immer mit einer gemütlichen Tasse Kaffee im Bett und sprechen dann unsere jeweiligen Tagesaktivitäten durch. Es ist uns wichtig, möglichst viel Lebenszeit sowohl privat, wie auch beruflich miteinander verbringen zu können. Deswegen haben wir unsere Aktivitäten so umfassend wie möglich aufeinander abgestimmt, die in großer und spannender Vielfalt täglich unser Leben ausfüllen. Abends versuchen wir dann gemeinsam und entspannt zur Ruhe zu kommen.

Du bist Geschäftsführerin der Gudd Zweck UG, die unter anderem Veranstaltungen organisiert, um Spenden für gute Zwecke zu generieren. Eine der Hauptaufgaben, die ihr übernommen habt, ist aber die Brillenverwertungsstelle. Kannst du uns mehr zu deinem Unternehmen erzählen?

Jeder, der ohne eine Brille nicht richtig sehen kann, weiß, was es bedeutet, keine Brille zu haben. Man ist privat und beruflich im Prinzip auf dem „Abstellgleis gelandet“. In den reichen Industrieländern kommt dies weniger oft vor, wie in armen Ländern, wo oft im Umkreis von mehreren hundert Kilometern kein Augenarzt oder Optiker erreichbar ist oder die Brillen für arme Menschen nicht bezahlbar und damit unerschwinglich sind. In Deutschland gelten Brillen als Modeartikel und werden trotz hoher Anschaffungskosten öfter gewechselt. Alte Brillen landen dann ungenutzt in Schubladen von Kommoden und Schränken. Das darf in Zeiten der Nachhaltigkeit eigentlich nicht sein. Es geht daher darum, möglichst viele dieser alten Brillen zu retten und ihnen in armen Ländern ein zweites Leben zu verschaffen.

Daher haben wir als Gudd-Zweck UG im Saarland mit Unterstützung vieler Menschen, Behörden, Unternehmen, Vereine begonnen, als www.brillen-ohne-grenzen.de in verschiedenen Kooperationen sog. Brillenverwertungsstellen aufzubauen, wo gesammelte alte Brillen sortiert, gereinigt, vermessen, nach Dioptrien-Stärken getrennt zwischengelagert und dann in Brillen-Paketen in arme Länder an dortige zuverlässige und etablierte Kooperationspartner gesendet werden. Derzeit existieren die WIAF-Brillenverwertungsstelle in St. Wendel, die Gudd-Zweck-Brillenverwertungsstelle in Oberkirchen und die JVA-Brillenverwertungsstelle in Saarbrücken. Anfang 2023 soll die sog. Gudd-Zweck-Brillenverwertungsstelle-Wadern hinzukommen.

Alle sozialen Hilfs-Projekte haben das gleiche Problem zu lösen. Sie benötigen Geld, um die notwendigen Investitionen tätigen und anfallende Ausgaben bezahlen zu können. Spenden-Einnahmen sind sehr schwer zu generieren, da sehr viele Organisationen hier im Wettbewerb um Spenden stehen. Daher haben wir uns entschieden, selbst aktiv zu werden und eigene „Gudd-Zweck-IDEEN“ zu entwickeln, mit denen es uns immer mehr gelingt, über kleine integrierte Spenden-Anteile an die für unsere Hilfs-Projekte benötigten finanziellen Mittel zu kommen. So wurde zum Beispiel der „Gudd-Zweck-WECK“ mit einem lokalen Bäcker entwickelt sowie der „Gudd-Zweck-KAFFEE“ mit einer lokalen Kaffeemanufaktur. Es gibt auch schon „Gudd-Zweck-MATRATZEN“ und demnächst auch „Gudd-Zweck-TÜREN&TORE“ zu kaufen. Diesen Weg wollen wir weiter mit interessierten Unternehmen in allen Branchen ausbauen, um damit aus eigener Kraft die finanzielle Basis für unsere Hilfs-Projekte stärken zu können. Dies alles zu organisieren bedarf es einer passenden rechtlichen Struktur, die ich in Form der Gudd-Zweck UG aufgebaut habe.

In unserer Serie wollen wir mit erfahrenen Frauen in den Austausch kommen, die anderen Frauen an ihrem Erfahrungsschatz teilhaben lassen können. Was sind wichtige Erfahrungen, die du in deinem Leben gemacht hast und wie konntest du aus ihnen lernen?

Es gibt viele Dinge, auf die man in jungen Jahren seine Aufmerksamkeit richtet. Oft sind es Äußerlichkeiten, die vorübergehend faszinieren. Letztlich aber ist für jede Frau wichtig, einen persönlichen „Sinn des Lebens“ zu finden, der natürlich bei jedem Menschen anders aussehen kann und muss, denn wir alle sind völlig unterschiedliche Individuen mit unterschiedlichen Talenten und Fähigkeiten. Es ist daher wenig hilfreich, sich immer an anderen und deren vermeintlichen Erfolgen orientieren zu wollen.

Vielmehr muss jede Frau ihren ganz eigenen Weg durchs Leben suchen. Als Orientierung sollten dabei eher „gefühlte“ Werte dienen, wie Glück und Zufriedenheit mit dem täglichen Tun, denn man kann sich selbst schwerer belügen, wie andere. Ein eher „langweiliger“ Begriff, wie ZUVERLÄSSIGKEIT, sollte im Leben jeder Frau immer mehr an Bedeutung gewinnen – dies gilt in privaten Beziehungen, wie auch in beruflichen Aktivitäten. Niemand hat die Kraft, ständig ein AUF und AB zu ertragen und immer wieder neu anfangen zu müssen. Eine unaufgeregte und wunderbare Beständigkeit im Leben wirkt stabilisierend und ausgleichend und erfüllt mit Dank. Das Leben besteht immer aus Wellenbewegungen. Du bist mal oben und mal unten. Aber es ist wichtig, dass Du Dich nach und nach aus stürmischer See in ruhigeres Fahrwasser bringst.

In einer Zeit, in der Frauen immer noch für Gleichberechtigung in der Berufswelt zu kämpfen haben: Sollte es mehr Frauen in Führungspositionen geben und wenn ja, warum? Und wie stehst du zur Frauenquote?

Selbstverständlich sollte es in der Berufswelt eine „echte“ Gleichberechtigung geben und die muss auch „einrechnen“, dass Frauen durch Schwangerschaften und Kindererziehung „natürliche“ Nachteile in Bezug auf eine bei Männern eher „ungestörte“ Berufsausübung haben. Dies gerecht auszugleichen muss das Ziel und die Aufgabe jeder fairen Partnerschaft sein. Natürlich muss der Staat dafür auch die geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, da nicht alle Beteiligten immer per se einen fairen Umgang und Ausgleich untereinander ermöglichen.

Selbstverständlich bringt es die gesamte Menschheit deutlich weiter, wenn mehr Frauen in Führungspositionen sind – sowohl beruflich, wie auch in politischen Ämtern. Dies hat einfach damit zu tun, dass Frauen oft einen ganz anderen „Blick auf die Dinge“ haben wie Männer. Und wenn die Weltbevölkerung ca. 50:50 aus Frauen und Männern besteht, dann sollte auch die Beteiligung der Geschlechter an allen maßgeblichen Entscheidungen in Unternehmen und in der Politik so installiert werden, dass beide „Blickrichtungen“ auf alle anfallenden Probleme entsprechend stabil installiert sind.

Thema Ehe: Wie stehst du zur klassischen Rollenverteilung und zur gleichberechtigten Partnerschaft?

Ich bin der Meinung, dass jedes Paar aufgrund seiner eigenen Situation und Veranlagungen einen ganz privaten Weg miteinander suchen und finden muss, um die eigene Familie damit in bestmöglicher Zufriedenheit durchs Leben zu steuern. Wenn solche Entscheidungen immer „einvernehmlich“
getroffen werden, gibt es keinen Benachteiligten. Pauschale Ansätze sind aus meiner Sicht wenig hilfreich, weil in jeder Familie mit deren Individuen die Situationen völlig unterschiedlich und damit unvergleichbar sein können.

Was macht deiner Meinung nach eine starke Frau aus?

Eine starke Frau nimmt das Leben so, wie es ist. Wie auch immer die Dinge zeitweise laufen – sie darf niemals verbittern und muss sich immer genügend
Kraft und Mut bewahren, selbst private oder berufliche Änderungen herbeizuführen, wenn es nötig sein sollte. Denn nur sie selbst ist Herrin über Ihr eigenes Leben. Niemand sonst hat das Recht und auch nicht die Pflicht, die fälligen Lebensentscheidungen für eine starke Frau zu treffen.

Wenn du deinem 20-jährigen Ich begegnen würdest, was würdest du ihr sagen wollen?

Niemand kennt die Zukunft und es gibt keine wahren Lebensversicherungen.

Plane nicht zu sehr voraus und binde nicht täglich Deine Kräfte mit Dingen, die nicht wirklich wichtig und nötig sind. Schaffe Dir selbst vielmehr täglich gute Augenblicke/Erinnerungen, die Du immer mitnehmen kannst, wenn Deine Lebensreise eines Tages zu Ende ist.

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