Ein Priester gegen das NS-Regime – Helmut Rauber veröffentlicht Buch über die Geschichte eines St. Wendeler Priesters

Foto: Helmut Rauber überreicht Landrat Udo Recktenwald das Buch, in dem auch die Geschichte des Pfarrers Johann Schmidt erzählt wird. Fotograf: Lukas Kowol

Eigentlich war die ursprüngliche Idee eine andere: eine Anekdoten-Sammlung, Gespräche mit Zeitzeugen, Schlaglichter aus der einhundertjährigen Geschichte der Pfarrkirche St. Mauritius Sotzweiler-Bergweiler, die zwar erst 1915 erbaut wurde, deren Vorgeschichte allerdings bereits in das Jahr 1899 zurückreicht. In loser Folge sollten die Erinnerungen und Geschichtchen erscheinen. Helmut Rauber aus Bergweiler, einstiger Landtags- und Bundestagsabgeordneter, sollte die Informationen zusammenstellen. Schnell wurde ihm jedoch klar, dass es mehr werden kann und muss, und zwar ein Buch, das unter dem Titel „Die Kirche auf dem Dorf im Wandel der Zeit“ jüngst erschienen ist. „Bei meiner Recherche bin ich auf das Schicksal des Priesters Johann Schmitt gestoßen, das es Wert ist, größere Aufmerksamkeit zu erhalten“, sagt Rauber.

Johann Peter Schmitt kommt am 2. November 1891 in Sotzweiler auf die Welt. Nach der Priesterweihe 1915 ist er rund zehn Jahre Kaplan in Saarbrücken-St. Johann, dann Gefängnispfarrer, schließlich Pfarrer der Gemeinde Niedaldorf. Und bereits sehr früh ein Gegner des NS-Regimes. So gehörte er bereits 1933, zwei Jahre vor der „Rückgliederung“ des Saargebietes an das Deutsche Reich, zu den Unterzeichnern eines Briefes an Adolf Hitler. Darin richten sich 19 Geistliche gegen die „fortgesetzte Beleidigung und Diffamierung der katholischen Bevölkerung und des saarländischen Zentrums als Landesverräter“. Auch von der Kanzel äußert sich Schmitt kritisch gegen die nationalsozialistische Diktatur. Zudem ist er seit 1924 Leiter der Buchberatungsstelle Saarbrücken, bereits 1917 gründet er eine Bücherei des Borromäus-Vereins. Und die Bücher des Borromäus-Vereins sind Auslöser seiner Verhaftung 1940. Rauber: „Die Nazis haben den Verein aufgefordert, die Bücher an den Staat abzugeben. Dem verweigerte sich Schmitt, der seit dem Ausbruch des Krieges bei seiner Schwester in Sotzweiler wohnt. Wahrscheinlich wurde er wegen seiner regimekritischen Einstellung von einem Mitbürger denunziert.“


Schmitt wird nach Berlin verfrachtet und wegen „Wehrkraftzersetzung“ angeklagt – zu einer Verurteilung kommt es nie. Der Pfarrer wird am 1. August 1940 in das Konzentrationslager Sachsenhausen, danach in das KZ Dachau deportiert. Dort wird er im April 1945 mit 7000 Häftlingen auf einen „Todesmarsch“ geschickt, kurz darauf von den Amerikanern befreit. Schmitt kehrt nach Niederaldorf zurück, wo er am 23. Oktober 1967 stirbt. „Pfarrer Schmitt war früher oft bei meinem Vater zu Gast. Wir Kinder wussten, dass er während des Krieges im KZ saß und gequält wurde. Im Zuge meiner Recherchen für das Buch haben mir seine Enkel persönliche Dokumente zur Verfügung gestellt“, sagt Rauber. Schmitt selbst spricht nach dem Krieg nicht über seine Leidenszeit, nicht über seinen Widerstand. Auch verzichtet er darauf, seine Denunzianten anzuzeigen. Rauber: „In seinem Glauben war kein Platz für Hass und Rache. Wie überzeugt muss ein Mensch von seinem Glauben sein, um das christliche Gebot der Feindesliebe so rigoros anzuwenden, wie es Johann
Schmitt getan hat?“

„Eine beklemmende und beeindruckende Episode menschlicher Leidensfähigkeit und Größe“, kommentiert Landrat Udo Recktenwald, dem Rauber ein Exemplar seines Buches überreicht. „Wir dürfen niemals vergessen, was während der NS-Zeit vorgefallen ist, die Barbarei, die Unmenschlichkeit, das Morden. Wir müssen aber auch an jene erinnern, die sich dem mörderischen System entgegenstemmten. Denn auch hier gab es Täter, gab es Opfer. Pfarrer Johann Schmitt ist dabei, als Sohn unserer Heimat, ein beeindruckendes Beispiel, der in einer bedrückenden Zeit das Richtige machte. Ein weiterer Mosaikstein einer verantwortungsvollen Erinnerungskultur in unserer Region, die auch der Landkreis, gemeinsam mit vielen Partner, stetig pflegt und ausbaut“, so Recktenwald weiter.

Das Buch „Die Kirche auf dem Dorf im Wandel der Zeit. 100 Jahre Pfarrkirche St. Mauritius Sotzweiler-Bergweiler“ (210 Seiten) ist über das Büro der Pfarrgemeinschaft in Theley und Hasborn, die Tourismuszentrale der Gemeinde Tholey, die Bücherei des Missionshauses in St. Wendel und nach den Heiligen Messen in Sotzweiler zum Preis von 14,50 Euro zu kaufen. Die Vorstellung des Buches erfolgt am Freitag, 1 Juli, 19.30 Uhr nach der Abendmesse in der Kirche in Sotzweiler.

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