„Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, dass wir junge engagierte Menschen im Landkreis haben und denen hier keine Zukunft nach dem Abitur bieten können“, erzählt der Geschäftsführer des Ausbildungs- und Fortbildungsförderverein (AFFV), Stefan Kunz. „Für die meisten jungen Leute hier aus der Gegend ist ganz klar, dass sie zum Studieren und Arbeiten aus dem Landkreis wegziehen müssen“, ergänzt der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Julian Schneider.
Damit das nicht passiert und die so wichtigen zukünftigen Fachkräfte im Landkreis Chancen sehen, entwickelte der AFFV gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung ein Konzept mit dem Studierende im Landkreis die Möglichkeit eines dualen Studiums erhalten.
Bereits im vergangenen Jahr wurde dieses System mit zwei jungen Frauen gestartet. Anna-Maria Gref und Louisa Nimsgern hatten so die Möglichkeit neben ihrem Studium praktische Erfahrungen im Betrieb zu sammeln und eine Vergütung zu erhalten. Für die beiden eine tolle Chance. Gerade bei Anna-Marias Studium an der Hochschule Koblenz in Bildung und Erziehung ist sie enorm froh auch praktisch zu erfahren, wie das Gelernte bei den Kindern und Kolleg*innen ankommt. Aber auch Louisa Nimsgern ist begeistert von der Möglichkeit im Verein Region Vital administrative Aufgaben und im Reha Fit Schaumberg praktische Anwendungen ihres Studiums in Gesundheitsmanagement an der DHfPG zu haben. „Die Kombination macht es sehr vielfältig und abwechslungsreich. Ich kenne es zwar auch nicht anders, aber für mich ist es wirklich super.“
Anders, als man das duale System vielleicht vor Augen hat, sind die beiden Studentinnen nicht in ihren Semesterferien in den Betrieben und sonst an den Hochschulen, sondern übernehmen jeden Tag oder an bestimmten Tagen in der Woche Aufgaben in ihren Unternehmen. „Das ist für die kleinen Unternehmen hier vor Ort einfach besser zu handhaben“, erklärt Stefan Kunz das System dahinter. So können sie das ganze Jahr über mit den Studentinnen rechnen und sie somit einplanen, wie sonst einen Auszubildenden. So entsteht über längere Zeit hinweg auch schon eine Zusammenarbeit, bei der man sich dann am Ende des Studiums überlegen kann, ob man weiter dort arbeiten möchte. Für Stefan Kunz ist das „Fachkräfteentwicklung und Fachkräftesicherung in einem“. Und demnach vor allem im St. Wendeler Land von sehr hoher Bedeutung. Fachkräftemangel ist ein großes wirtschaftliches Thema im Landkreis und häufig beklagen Unternehmen, dass die Fachmitarbeiter die sie bräuchten weiter weg gezogen sind. Durch das duale System haben sie jedoch die Möglichkeit Mitarbeiter auszubilden und direkt auch an das Unternehmen zu binden.
Insbesondere auch kleineren Unternehmen soll diese Möglichkeit des dualen Studiums durch die Wirtschaftsförderung und den AFFV ermöglicht werden. So ist es zum Beispiel auch möglich, dass ein Student oder eine Studentin nur für ein Jahr in einem Unternehmen beschäftigt sein wird und dann in das nächste wechselt. So müssen die Firmen sich nicht für einen sehr langen Zeitraum binden und für den dualen Student*in bietet es die Möglichkeit in unterschiedlichen Bereichen reinschnuppern zu können. So sind die Hürden für kleine Unternehmen möglichst gering gehalten und trotzdem entsteht eine Bindung zum Unternehmen, die dann in einer zukünftige Zusammenarbeit resultieren kann. Anna-Maria nutzt diese Art des dualen Verbundstudiums bereits und verbringt momentan als duale Studentin bei der Wiaf ihre Arbeitszeit in der Nachmittagsbetreuung der Grundschule in Gonnesweiler. Später in ihrem Studium würde sie jedoch gerne auch noch in der Kita oder Kinderkrippe arbeiten. Selbstverständlich hätte sie auch in einem Praktikum in die Betriebe blicken können, doch wie Stefan Kunz erläutert, ist der Benefit dadurch, dass das Unternehmen die Student*innen wissenschaftlich begleitet, ein ganz anderer. Und auch wirtschaftlich ist es eine Chance für das Unternehmen, weil die Vergütung an eine Ausbildung angelegt ist.
Stefan Kunz würde sich freuen, wenn sich möglichst viele Abiturienten nun auch überlegen würden, dass eine solche Möglichkeit interessant für sie wäre. Vor allem durch die vielfältigen Angebote von Fernstudiengängen ist es somit nämlich möglich, auch in der Heimat bestens ausgebildet zu werden und sogar praktische Erfahrungen und einen potentiellen späteren Arbeitgeber zu gewinnen. Gedeckelt ist das Angebot der dualen Studien im Landkreis eigentlich nur durch die Möglichkeit Unternehmen zu finden, die bereit sind, einen solchen Studenten*in aufzunehmen. Da Stefan Kunz jedoch wirklich mit viel Herzblut und kreativen Lösungen daran arbeitet, dass St. Wendel für junge Absolventen interessant bleibt, sollte sich jeder, der Interesse an einem solchen dualen Studium hat unbedingt bei dem AFFV melden. Und auch interessierte Unternehmen sind aufgerufen ihre Möglichkeiten aufzuzeigen, damit die Vermittlung bestmöglich stattfinden kann.
Anna-Maria erzählt zum Schluss unseres Gesprächs „Während ich sonstwo oft gehört habe, dass man etwas neues Unbekanntes nicht macht, hat der AFFV gleich gesagt, dass wir es versuchen werden gemeinsam umzusetzen. So bietet es jungen Menschen eine Chance, hier vor Ort ihr gewünschtes Studium machen zu können“