Hitzige Diskussionen bestimmten die Beratung über den Haushaltsplan für das Jahr 2022 im St. Wendeler Stadtrat. Mit einem Gesamtvolumen von 79 Mio. € und Investitionen in Höhe von 8,7 Mio. € will die Stadt St. Wendel trotz krisenbedingter Sparzwänge ihre Handlungsfähigkeit erhalten. Hohe Unsicherheiten durch den russischen Angriffskrieg sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden laut Bürgermeister Peter Klär auch in Zukunft zu spüren sein.
Mit weiter steigenden Energiepreisen, Fehlbeträgen und Sonderzuwendungen müsse gerechnet werden. Der Haushaltsplan konzentriert sich demnach auf die aus der globalen Lage resultierenden Unterfinanzierungen und Baustopps, welche zu vermeiden versucht würden, man möchte betont vorsichtig agieren. Zuschüsse aus Bund und Land seien wichtig und man müsse weiter gezielt in die Jugendarbeit, Sanierung der entsprechenden Gebäude und den Ausbau der digitalen Infrastruktur investieren, um Lernumgebungen zu verbessern. Für diese Punkte sollen insgesamt 3,85 Mio. € aufgewendet werden.
Außerdem wird im Haushalt die Dorfentwicklung berücksichtigt. Die Dörfer sollen attraktiver, die Infrastruktur verbessert werden und die Dorfgemeinschaftshäuser erhalten bleiben. Hierzu führt Klär den Mehrgenerationenplatz der Gemeinde Hoof als positives Beispiel an. Auf die Parkstraße soll die Umgestaltung der Bahnhofstraße folgen. 400.000 € stehen für das Winterbacher Neubaugebiet bereit. 8 Mio. € fließen in Tiefbau- und Kanalarbeiten. Brücken und Zuwege, beispielsweise zum Hütherhof, sollen geschaffen und die Radwegestruktur vorangetrieben werden. Vereine sollen mit 300.000 € gefördert werden, für Spielgeräte auf städtischen Spielplätzen sind 50.000€ vorgesehen. 3,4 Mio. € werden in Grünflächen, Forst- und Landwirtschaft sowie in eine nachhaltige Waldwirtschaft und den Artenschutz fließen.
Soziale Leistungen sollen weitestgehend aufrechterhalten bleiben, Jugendliche und Familien unterstützt werden und für beispielsweise Kindergarten, FGTS, Schulbuchausleihe, Freizeit oder Busse aufgewendet werden, was mit 2 Mio. € zu Buche schlagen würde und unter den aktuellen finanziellen Bedingungen nicht einfach zu stemmen sei. Diese Herausforderungen müsse man annehmen, so Klär, um mit Vorsicht und vereinten Kräften in die Zukunft gehen und der Krise die Stirn bieten zu können.
Sebastian Schorr (CDU) unterstreicht die vom Bürgermeister angesprochenen Punkte und betont, dass wegen steigender Baukosten und sinkender Einnahmen Rahmenbedingungen entstünden, die man unter der Corona-Krise und dem Ukraine-Krieg nur schwer steuern könne, was den Stopp von Projekten wie der 3-Feld-Sporthalle zur Konsequenz hätte. Als Fundament für St. Wendel hebt Schorr die freiwilligen Ausgaben zur sozialen Unterstützung hervor, spricht aber auch gleichzeitig die Überlegung einer Erhöhung der Grundsteuer B an, die aktuell 25% unter dem Landesdurchschnitt läge. Bezahlbares Wohnen, Bildung, Vereine und die Sicherheit im Straßenverkehr seien besonders wichtige Punkte, die an der ein oder anderen Stelle intensiver geprüft werden müssten. Schorr schlägt hierzu im Bereich von Spielplätzen und Schulen den Einsatz von Blitzern, Geschwindigkeitstafeln und so genannten “StreetBuddys” vor.
Einen großen Dank spricht Schorr an alle Blaulicht-Organisationen im Landkreis aus, für die eine gute Ausstattung wichtig sei. Der CDU-Sprecher lobt die vorgesehenen bedarfs- und zielgerechten Unterstützungen. Im Rahmen der Möglichkeiten und auch wenn die Zeiten nicht rosig seien, würde man in St. Wendel investieren und aus diesem Grund stimme die CDU-Fraktion dem Haushaltsplan zu.
Ganz anders sehen das die übrigen Parteien im Stadtrat, allen voran SPD-Sprecher Marc André Müller, der die scharfe Kritik in seiner ersten Haushaltsrede kaum zurückhalten kann. Als chaotisch bezeichnet er den Plan, unklar, unkonkret und ohne Prioritäten. Nach dem Stopp der Sporthalle wäre dieser Kostenpunkt noch im Haushalt aufgeführt und allein aus diesem Grund bestünde keine Haushaltsklarheit mehr und so könne man dem Plan nicht zustimmen. Enttäuscht stellt Müller fest, dass der geplante Bau der Nikolaus-Obertreis-Schule in den nächsten drei Jahren mit nur 300.000 € aufgeführt sei und dann nicht weiter berücksichtigt werden würde und hinterfragt an dieser Stelle die Ernsthaftigkeit dieser Aufführung. Die SPD sei bereit mit in die Verantwortung zu gehen, gemeinsam Beschlüsse zu fassen, aber dies nur mit Ehrlichkeit, Transparenz und dem nötigen Respekt gegenüber dem Stadtrat. Die SPD könne und werde dem Haushalt nicht zustimmen und lehne diesen ab.
Auch Sören Bund-Becker (Grüne) spricht die vermeintlich fehlende Transparenz an, für ihn scheint es so, als solle der Rat den Haushalt nur “Abnicken” und nicht kritisch hinterfragen oder gar Ideen einbringen. Bund-Becker stellt genau wie Müller wenig begeistert fest, dass ein wichtiges Projekt wie die Nikolaus-Obertreis-Schule nicht zur Sprache kam und befürchtet, dass auch dieses, ähnlich wie die Sporthalle, nicht leistbar sein wird. Nach dem Stopp der Halle müsse das Haushaltsvolumen angepasst werden, Verzögerungen in der Haushaltsbesprechung, Investitionsverschiebungen, fehlende Planung und Rückkopplung verleiten auch Bund-Becker dazu, den Zustand des Haushaltes als chaotisch zu bezeichnen.
Stephan Rieth (FDP) fehlt zudem der Blick auf das Licht am Ende des Tunnels. Die Stadt brauche Erfolgskonzepte, wie beispielsweise erneuerbare Energien und auch den Anspruch sich nicht auf Bund und Land zu verlassen. Rieth fordert Facharbeiter und Facharbeiterinnen durch (Weiter-) Bildung aktiv zu begleiten, auch Geflüchteten die Chance auf Kultur, Bildung und Arbeit zu ermöglichen. Das Konzept zur Bahnhofstraße reiche Rieth nicht aus, als Tor zur Stadt müsse die Attraktivität der Straße noch weiter gesteigert werden. Abschließend behauptet Rieth, St. Wendel sei von einer Krise noch nicht betroffen gewesen, man müsse investieren und ist sicher, dass sich solche Schulden in Zukunft relativieren würden. Ein einfaches “weiter so” reiche ihm nicht.
Gegen die Vorwürfe der Parteien wehren sich Schorr und Klär vehement. In der Kürze der Zeit wäre es nicht möglich gewesen die Sporthalle aus dem Haushaltsplan zu streichen. Anschuldigungen wie “Chaos” und “Abnicken” lasse sich Klär nicht unterstellen und würde er auch nie dulden. Tief getroffen, aber in bestimmendem Ton drückt Klär seinen Stolz auf die Führung durch die Krise aus. Er betont wie stolz er darauf sei, dass zu Beginn der CoronaPandemie über Nacht Hilfsaktionen gestartet wurden, Bürgerinnen und Bürger mit Masken versorgt werden konnten und der Zusammenhalt der Stadt deutlich geworden ist. Die Krise wurde als Herausforderung angenommen und es gäbe sicherlich einen Plan. Klär riet dem Stadtrat nach diesen Vorwürfen an, lieber stolz auf das schöne St. Wendel zu sein, als es schlecht zu sprechen.
Trotz der Gegenstimmen von SPD, Grünen, FDP und AfD sowie zwei Enthaltungen seitens der Linken konnte der Haushalt im Rahmen der Sitzung mit den Zustimmungen der CDU verabschiedet werden.