Heute ist Nelson-Mandela-Tag

18. Juli: Nelson-Mandela-Tag und Black History Month – oder, was Wir ändern müssen

Symbolbild

Den Nelson-Mandela-Tag habe ich mir zum Anlass genommen mal ein bisschen genauer hinzuschauen, wenn es um Diskriminierung und Rassismus innerhalb unserer Gesellschaft geht. Im Februar war außerdem der Black History Month, um auf die Geschichte der BIPoC (Black Indigenous and People of Color) einzugehen, sie zu lehren und auch in den Köpfen der Gesellschaft zu verankern. Auch in unserem Kreis gibt es BIPoCs und die sollen ihre Geschichte erzählen dürfen. Es ist wichtig, dass man gerade an einem solchen Tag zuhört. Schwarze Geschichte ist wichtig und darf nicht in den Hintergrund rücken. BIPoCs sind nämlich schon viel länger Teil unserer deutschen Geschichte als manche ahnen.

Vorwort: Als weiße, cis-gender Frau bin ich mir meiner Privilegien, die ich in unserer Gesellschaft habe, durchaus bewusst. Ich möchte mit diesem Artikel keine Personengruppe diskriminieren oder stigmatisieren. Vielmehr geht es mir darum die Menschen, die etwas verändern wollen, zu unterstützen. Meine gewählten Worte verwende ich nach besten Gewissen und ohne die Intention Personen damit anzugreifen. Im Folgenden benutze ich für Black Indigenous and People of Color die Abkürzung BIPoC, um möglichst viele verschiedene Personengruppen einzuschließen. Auch erhebe ich mich in keiner Weise über die genannten Personengruppen. Ich möchte nicht für euch kämpfen. Vielmehr möchte ich an eurer Seite kämpfen und unsere Gesellschaft langsam, aber stetig verändern.

Der Black History Month hat seinen Ursprung in 1915, damals noch als „Black History Week“. Dies war ein halbes Jahrhundert nach der Abschaffung der Versklavung von BIPoC in den Staaten. Die erste Idee zu der „Black History Week“ kam von dem afroamerikanischen Historiker Carter G. Woodson. Er setzte sich schon früh dafür ein, dass das Schicksal von BIPoC mehr in das Zentrum der Öffentlichkeit gestellt wird. Durch seine diversen Organisationen, die bis heute noch bestehen, hat Carter G. Woodson auch in der aktuellen Zeit noch Einfluss auf die Wahrnehmung der BIPoC in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Offiziell rief der Präsident Gerald Ford den Gedenk-Monat ins Leben und ab 1976 war es dann so weit. Der Februar wurde zum Black History Month. Warum Februar? Er fällt zusammen mit den Geburtstagen von Abraham Lincoln, dem ehemaligen Präsidenten der USA und dem Geburtstag von Frederick Douglass, ein Schwarzer Bürgerrechtler und Schriftsteller.

Das Ziel des Black History Month ist es die Aufmerksamkeit der Gesellschaft auf die Leistungen der BIPoC zu lenken. Die weiße Mehrheitsgesellschaft soll auf strukturelle Probleme hingewiesen werden und es sollen Vorurteile abgebaut werden. Gleichzeitig ist es eine Chance zum Empowerment der BIPoC und durch die immer wechselnden Themen gibt es Künstler*innen die Chance sich auch gestalterisch zu entfalten und mitzuwirken. Das erste Mal in Deutschland kam der Black History Month als Konzept in den 1990er-Jahren auf. Seitdem gewinnt der Monat Februar zwar auch immer mehr an Bedeutung und Aufmerksamkeit, aber so zelebriert wie in den USA oder Kanada, wird er hier nicht.

Ich persönlich habe erst bei genauer Recherche herausgefunden, dass der Februar als Black History Month gefeiert wird und auch viele meiner Mitmenschen haben noch nie etwas von dem Begriff gehört.

Aber warum? Wenn das Ziel des Feier-Monats doch die Reduzierung von Vorurteilen sein sollte und die BIPoC viel mehr in den Fokus unseres gesellschaftlichen Denkens gerückt werden sollen, warum ist genau dieser Monat so unbekannt?

Innerhalb unserer Gesellschaft gibt es auch noch heute viele Vorurteile gegenüber BIPoC, aber auch die politische Arbeit ist nicht frei davon.

Afrodeutsche Gesichte wird in der Schule und im privaten Raum gar nicht oder nur teilweise erzählt, während Vorurteile oft schon früh in die Erziehung eingebettet und so weitergegeben werden. Häufig kommt es  zu einer Marginalisierung der BIPoC und damit zu einer Ausgrenzung innerhalb des gesellschaftlichen Raums. Dies liegt auch an den vielen Stigmata und rassistischen Redewendungen, die bis heute noch kursieren. Natürlich hat es in der Vergangenheit abgenommen und wir haben uns als Bevölkerung ein großes Stück hin zu mehr Offenheit und zu mehr Toleranz entwickelt, aber dennoch ist noch ein weiter Weg zu gehen. Wörter, wie „Mohrenkopf“, „schwarzfahren“ oder Ausdrücke wie der „Schwarzmarkt“ haben sich in unserem Sprachgebrauch eingebürgert, doch diese negativ konnotierten Wörter des Adjektivs „schwarz“ in direktem Zusammenhang zu den BIPoC wird uns nicht zu mehr Toleranz führen.

Es ist wichtig, dass sich etwas ändert. In den letzten Jahren hat sich das gerade im Hinblick auf unsere Sprache getan, aber wir sind immer noch nicht am Ziel. In meinem eigenen Umfeld gab es viele, die genau diese Umstellung nicht guthießen. Aussagen, wie „Das haben wir doch immer schon so gesagt!“ oder „Damit diskriminiert man unsere Sprache!“, aber auch Ausdrücke, wie „Was ist denn an dem N-Wort[1] so schlimm?“ habe ich nicht nur einmal hören müssen. Dagegen zu argumentieren ist schwer und gerade innerhalb des eigenen Bekanntenkreises oft mit großem Angst- oder Schamgefühl verbunden. Ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn sich jemand nicht offen und lautstark darüber äußert, jedoch sollte man es ansprechen und sich auch deutlich von solchen Äußerungen distanzieren. Und wenn es mir als privilegierte weiße cis Frau so geht, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie es ist, als BIPoC, insbesondere als weibliche BIPoC, gegen solche Parolen zu kämpfen.

Die Politik hat in den letzten Jahren sehr viele Debatten geführt, was die Eingliederung von BIPoCs und vor allem den Abbau der Stigmata angeht, aber auch hier ist es noch ein langer Weg bis ans Ziel. Steven Commey-Bortsie ist stellvertretender Vorsitzender in einer politischen Organisation und hat genau diese Probleme teilweise eigens erfahren dürfen. Ich bin sehr froh, dass ich mit ihm darüber sprechen durfte und seine Sichtweise auf die Dinge darlegen kann.

Foto: Kevin Höhn

Er hat mir erzählt, wie sich die Probleme und Stigmata der BIPoCs auf das soziale Leben auswirken. Wenn man beispielsweise als BIPoC einen Raum betrete, werde man nicht als neutral angesehen. Die Hautfarbe sei immer ein Merkmal, welches sehr negative Einstellungen der Menschen mit sich bringe. Man müsse sich immer zuerst beweisen, damit man diese negativen Eigenschaften, die man zugeordnet bekommt, wieder abschütteln könne. Zu den Vorurteilen gehören zum Beispiel, dass man dumm sei, keine guten Sprachkenntnisse besäße und einen großen Hang zur Kriminalität habe. Gegen diese Vorurteile müsse man dann als BIPoC zunächst einmal ankämpfen.

Daraus resultieren auch viele gesellschaftliche Probleme, die den BIPoCs beispielsweise die Wohnungssuche erschweren, weil der eigene Name zu „ausländisch“, vermeintlich fremd, klingt. Man nimmt lieber einen Julian als Mieter als einem Mohid. Aber auch in der Medizin gibt es bis heute noch viele Nachteile als BIPoC. Viele Hautärzt*innen wissen nicht, wie bestimmte Krankheiten auf Schwarzer Haut aussehen, was zu einer enormen Gefahr führen kann und ein Gesundheitsrisiko darstellt. Erst vor kurzem kam es zu einer Veröffentlichung eines Medizinbuches, in dem dann die Krankheiten auch auf schwarzer Haut abgebildet wurden.

Da Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund oft nicht die gleichen Möglichkeiten haben, wie weiße Menschen, ist auch der Zugang zu Bildung heute noch problematisch. „Man muss halt täglich mit dem Gedanken leben, dass es Menschen gibt, die uns nicht im Land haben wollen.“

Auch in der politischen Arbeit ist es als BIPoC nicht immer einfach, so Steven. In den Parlamenten sitzen im Vergleich zum Anteil an der Bevölkerung wenige Menschen mit Migrationshintergrund oder Migrationsgeschichte. Zieht man diejenigen, die zwar Migrationsgeschichte haben, aber weiß gelesen werden ab, zeichnet sich ein noch schlechteres Bild ab. Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und macht daher auch vor Parteien nicht halt. „Man hat oft das Gefühl, dass man doppelt so viel arbeiten muss, weil man immer zuerst dieses negative Bild, was die Leute von einem haben, aus der Welt schaffen muss.“ Natürlich sei es kein einfaches Thema und es sei auch keine leichte Thematik sich darüber zu unterhalten. Gerade wenn es zu Rassismus innerhalb der eigenen Partei komme, fühle man sich als BIPoC oft allein gelassen.

Man wird gerade als BIPoC oder Person mit Migrationshintergrund öfter gefragt, ob man sich zum Thema Rassismus äußern möchte. Dies sei auf der einen Seite wichtig und auch gut, wenn man mit Personen spreche, die das ganze erlebt haben, aber man muss auch akzeptieren, dass man sich oft diesen Themen nicht widmen und sie eigentlich lieber hinter sich lassen möchte.

Ich glaube, dass wir als Gesellschaft etwas gegen den Rassismus in unserem Alltag tun müssen und können. Es geht nicht nur darum BIPoC zu unterstützen, sondern auch darum, dass wir als Gesellschaft zusammenwachsen und eine Gemeinschaft sind! Auch könne man durchaus Rassismus verlernen. Beispielsweise durch Bildungsangebote oder Weiterbildungen. Wichtig sei es, dass Aufklärungsarbeit geleistet wird, um BIPoCs und deren Geschichten mehr in den Fokus der Gesellschaft zu stellen, so Steven. Das Geld, was dafür benötigt werde, müsse von Bund und Land investiert werden.

Wir als Gesellschaft müssen ein Gespür dafür bekommen, was es bedeutet, rassistisch zu sein. Viele Personen denken nicht über ihre Aussagen nach und es kann vorkommen, dass man sich nicht im Klaren ist, dass eine getätigte Aussage jetzt gerade vielleicht rassistisch gewesen war. Wir sind aktuell auf einem guten Weg hin zu einer „rassismussensibleren“ Welt, aber dieser Weg ist noch lange nicht zu Ende und es muss auch noch einiges getan werden. Es hat sich in der Vergangenheit schon enorm viel entwickelt und wir sind aktuell in einer Zeit des Umbruchs, wo auch unangenehme Themen mehr und mehr in den Vordergrund rücken und mehr Aufmerksamkeit erhalten. Dennoch gibt es hier Handlungsfelder, sowohl in politischer Hinsicht als auch in unserem gesellschaftlichen Denken. Es muss sich etwas ändern, da bin ich mir sicher. Aber ich glaube fest daran, dass wir mit harter Arbeit und mit Menschen, die den Finger auf genau diese unangenehmen Themen legen und aufstehen, um etwas zu sagen, den Anfang tun können. Wir als Gesellschaft müssen jeden Tag aufs Neue dafür kämpfen, dass Rassismus nicht weitergetragen wird. Es ist unsere Aufgabe aufzustehen und der Diskriminierung entgegenzutreten.

Die engstirnigen Menschen innerhalb unserer Bevölkerung werden sich nicht von heute auf morgen ändern, das braucht Zeit, aber vor allem braucht es dort Menschen, die auf die Missstände hinweisen und nicht wegsehen. Meinungen werden geformt durch die Ansichten vieler, genau deshalb müssen wir viele sein, die gegen die alltägliche Diskriminierung kämpfen und aufstehen für die Werte, die wir eigentlich hier in Deutschland schon so lange vertreten wollen.

Wir können etwas verändern. Aber diese Veränderung muss gemeinsam, Hand in Hand, entstehen und nicht in Lagern aufgeteilt, die sich nur die Schuld hin und her schieben. Es sind wir alle, die etwas gegen den Rassismus tun müssen. Es hat sich viel getan in den letzten Jahren und wir sind auf einem guten Weg, aber dieser ist noch lange nicht zu Ende. Die Menschen müssen anfangen hinzusehen statt wegzusehen. Wir müssen den diskriminierenden und rassistischen Anfeindungen fest entgegentreten. Nur so können wir das Meinungsbild der gesamten Bevölkerung ändern. Das es Zeit ist für eine Veränderung ist unumstritten, wir müssen nur anfangen.

Es ist an der Zeit, dass wir für eine gemeinsame Gesellschaft ohne Rassismus kämpfen und uns dafür einsetzen!

Aber wie sollen wir anfangen? Unterstützung und Empowerment sind dabei die Schlüsselbegriffe. Gerade als Unbeteiligte und Außenstehende sollten wir eine Stütze sein und die Menschen, die sich täglich gegen Rassismus einsetzen, nicht alleine lassen.

Wir können etwas verändern! Wir müssen nur damit anfangen!

[1] Ich benutze absichtlich den Ausdruck „N-Wort“, da ich das Wort an sich als sehr diskriminierend empfinde und in einem Artikel nicht verwenden möchte. In der verwendeten Aussage wurde jedoch das diskriminierende Wort benutzt. Ich grenze mich davon hiermit deutlich ab.

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